Schlechte Handbücher dokumentieren Geringschätzung des Kunden

Eine nachlässige Dokumentation kann das Firmenimage schädigen

07.09.1990

Rund 700 Mark kostet eine Seite technische Dokumentation, gerechnet auf ihre gesamte Lebensdauer. Gestaltung und Formulierung beanspruchen weniger als 30 Prozent der Gesamtkosten. Sie jedoch prägen den Eindruck, den die Dokumentation bei ihren Benutzern hinterläßt.

Die Reaktionen reichen von Begeisterung bis zu tiefster Frustration. Eine gute Dokumentation kann die Verbindung zwischen Lieferant und Abnehmer dauerhaft festigen. Sie muß nur als Kommunikationsmaßnahme angesehen werden und nicht als lästiges Übel. Das bedeutet häufig etwas mehr Aufwand, doch der wird allein durch die verringerten Rückfragen mehr als ausgeglichen.

Jede technische Dokumentation soll den Anwender eines Produkts oder Systems in die Lage versetzen, den größtmöglichen Nutzen daraus zu ziehen. Sie muß deshalb nicht nur aktuell und vollständig sein. Auch an die Qualität werden hohe Ansprüche gestellt:

- äußere Form,

- ansprechendes Layout,

- klare Strukturierung,

- gute Typografie,

- verständlicher Text und

- umfangreiche Illustration.

Die große Bedeutung technischer Dokumentationen ergibt sich vor allem aus ihrer langen Nutzungsdauer. Ein Prospekt wird gelesen und anschließend abgelegt. Eine Bedienungsanleitung, eine Funktionsbeschreibung oder ein Wartungshandbuch nimmt der Leser immer wieder zur Hand - es sei denn, sie sind so schlecht, daß ihr Gebrauch keinen Nutzen verspricht.

Dieses Merkmal wird dann leicht auf den Lieferanten und seine Produkte übertragen.

Natürlich muß eine technische Dokumentation richtig, vollständig und aktuell sein. Moderne Werkzeuge zur elektronischen Dokumentationsbearbeitung können hier maßgeblich unterstützen.

Bevor jedoch das erste Wort geschrieben und das erste Bild gemalt wird, sollten sich Techniker und Kommunikationsverantwortliche zusammensetzen und festlegen, wer das Dokument in welcher Weise verwenden soll. Daraus entsteht die Beschreibung des Inhaltes: Nicht das technische Wissen des Entwicklers, sondern der Bedarf des Benutzers bestimmt, welche Themen und Daten aufgenommen werden.

Struktur und Gliederung sollten nicht ausschließlich dem Verfasser überlassen werden. Zweckmäßig ist zumindest die Überprüfung durch jemanden, der (noch) nicht sachkundig ist. Auch die Einschaltung eines pädagogisch oder didaktisch vorbelasteten Mitarbeiters kann helfen, das Dokument stärker am zukünftigen Benutzer auszurichten.

Stehen Inhalt und Gliederung fest, folgt die gestalterische Aufbereitung. Es gibt keinen Grund, weshalb eine technische Dokumentation weniger sorgfältig gestaltet und ausgeführt wird als das Werbematerial des Unternehmens. Alle Erkenntnisse hinsichtlich der Wirkung von Layout, Typografie und Materialauswahl beziehen sich auf den aufnehmenden Leser und Benutzer und gelten für jedes Schriftgut - vom Geschäftsbericht bis zur Bedienungsanleitung. Verringerter Aufwand an dieser Stelle vermittelt Geringschätzung gegenüber dem Personenkreis, der als Meinungsbildner entscheidenden Einfluß auf die langfristige Geschäftsentwicklung ausübt.

Die Produktion des Inhaltes ist eigentlich eine Aufgabe für Spezialisten. Doch nicht jeder Ingenieur und Entwickler ist zugleich ein guter Schriftsteller. Große Unternehmen beschäftigen deshalb spezielle technische Redakteure, die das Techniker-Kauderwelsch in verständliche Worte und Texte übertragen.

Sparsamkeit ist nicht angebracht

Für mittlere Unternehmen kann dieser Aufwand zu hoch sein. Aber auch sie sollten den erstellten Text von einem Mitarbeiter prüfen lassen, dessen Qualifikation der des zukünftigen Verwenders der Dokumentation möglichst nahe kommt. Für gutes Deutsch kann im einfachsten Fall ein Germanistik-Student sorgen, der die Prüfung für eine Aufbesserung seines Taschengeldes gerne durchführt.

Ähnliche Maßstäbe sollten für die verwendeten Abbildungen gelten. Nicht jede Grafik oder Darstellung, die von Technikern entworfen wird, erfüllt ihre Aufgabe, den unerfahrenen Anwender zu unterstützen. Wenn schon kein professioneller Grafiker zur Verfügung steht, sollte jede bildliche Darstellung von einem Außenstehenden auf Verständlichkeit und Übersichtlichkeit überprüft werden. Das mindert nicht die Kompetenz des Erstellers, sondern verbessert die Akzeptanz.

Ist die Dokumentation formal und inhaltlich fertiggestellt, kann sie produziert werden. Hier ist Sparsamkeit nicht angebracht. Moderne Dokumentationssysteme erlauben ohne zusätzliche Arbeitsschritte die direkte Übernahme von Text und Abbildungen in ein Satzsystem. Eine hohe Qualität erleichtert nicht nur die Handhabung. Sie v ermittelt auch einen entsprechenden Eindruck vom Unternehmen.

Papierqualität und Einband sollten unter Berücksichtigung von Dauer und Intensität der Nutzung ausgewählt werden. Fliegende Blätter haben höchstens dann eine Daseinsberechtigung, wenn permanente Korrekturen und Nachträge das wichtigste Merkmal der Dokumentation sind.

Technische Dokumentationen gelangen in der Regel nach erfolgtem Kauf zum Einsatz. Nachlässig ausgeführt zeigen sie, daß das Interesse an den Abnehmern nur bis zum Zahlungseingang besteht und danach schlagartig erlischt.

In diesem Fall wird der Käufer vermutlich darüber nachdenken, wie lange der Lieferant wohl noch existiert. Hochwertige Dokumentationen hingegen können die Verbindung zwischen Lieferant und Abnehmer festigen.

Sie sind damit eine der besten Voraussetzungen für langfristige vertrauensvolle Beziehungen zwischen Unternehmen und Markt.

Zwölf Fragen zur Dokumentation

Legen wir die Anforderungen vor Produktionsbeginn der Dokumentation fest?

Orientieren wir uns beim Inhalt am Wissensstand und Bedarf des zukünftigen Verwenders?

Gestalten wir Inhalt und Gliederung unter pädagogischen und didaktischen Aspekten?

Verwenden wir für das Layout die Gestaltungsvorschriften zur Firmenvisualisierung?

Achten wir beim Text auf verständliche Formulierungen in gutem Deutsch?

Lassen wir Abbildungen und Darstellungen von Fachleuten entwerfen oder prüfen?

Passen wir die äußere Form der Dokumentation der erwarteten Nutzungsdauer an?

Ist der Aufwand angemessen bei der Qualität von Material und Druck?

Stellen wir die permanente Übereinstimmung von Produkt und Dokumentation sicher?

Unterstützen wir unsere Benutzer, wenn ihnen Beschreibungen unverständlich sind?

Berücksichtigen wir Meldungen der Benutzer über Fehler und Unklarheiten?

Pflegen wir unsere Dokumentationen bis zum Lebensende des Produktes?