Eine Einigung ist noch nicht in Sicht IBM verhandelt mit Apple ueber Lizenz fuer das Mac-OS

30.06.1995

SAN MATEO (IDG) - IBM verhandelt mit Apple, um das Macintosh- Betriebssystem moeglichst schnell auf die Common Hardware Reference Platform (CHRP), den Standard fuer Rechner mit Power-PC-Prozessor, zu portieren. Einigen sich die beiden Unternehmen, koennte die aktuelle Version 7.5 des Mac-OS ab Anfang naechsten Jahres auf allen Power-PC-Rechnern laufen. Bei IBM streiten sich allerdings die einzelnen Abteilungen, ob damit nicht eine zu starke Konkurrenz fuer das hauseigene Betriebssystem OS/2 entstuende.

David Nagel, Senior-Chef von Apples Forschungsabteilung, bestaetigte gegenueber der CW-Schwesterpublikation "Infoworld", dass man sich ernsthaft ueberlege, System 7.5 an die CHRP anzupassen. Das sei allerdings noch eine Frage des Interesses von IBM und anderen Herstellern von Power-PC-Rechnern. "Wenn IBM das Mac-OS zusammen mit ihren Power-PC-PCs ausliefert, dann waere das der Grund fuer uns, mit der Arbeit zu beginnen. Wenn allerdings unser Betriebssystem nur optional oder per Katalog angeboten wird, dann rentiert sich die Portierung nicht."

IBM-intern ist man sich aber nicht einig: Nobuo Mii, Leiter der Power-PC-Chipfertigung, erklaerte, dass IBM auf Apple zugegangen sei, um das Mac-OS an CHRP-Rechner anzupassen. "Wir haben uns nicht entschieden, ob wir OS/2 oder System 7.5 mit den Standard- PCs mit Power-PC-Prozessor ausliefern. Unseren Geschaeftskunden muessen wir aber in jedem Fall auch das Mac-OS anbieten."

Wieviel Konkurrenz vertraegt Big Blues OS/2?

Dem widersprach ein nicht namentlich genannter IBM-Manager: "Wenn IBM System 7.5 auf seine Power-PC-PCs portiert, wird es intern einige Unruhe geben. OS/2 bekommt jetzt schon Konkurrenz von AIX und Windows NT, so dass ein weiteres Betriebssystem eigentlich untragbar ist."

Das Machtwort wird in diesem Fall wohl John Thompson, Senior-Chef von IBMs Software-Abteilung, sprechen. Zeitdruck lasse der Mann nicht gelten, war zu hoeren. "Thompson wird sich zuerst alle Aspekte der Mac-OS-Lizenzierung erklaeren lassen, bevor er sich zu Wort meldet", sagte ein Mitarbeiter aus Thompsons Arbeitsgruppe.