John McAfee

Ein Virenjäger unter Mordverdacht

14.11.2012
John McAfee, Pionier im Kampf gegen Computerviren, ist auf der Flucht. Er wird als Verdächtiger in einem Mordfall in Belize gesucht.

John McAfee hat seinen Platz in der Geschichte der Computer-Branche als einer der ersten Virenjäger sicher. Seine Abenteuerlust führte den Amerikaner später nach Mittelamerika - dort macht er nun ganz andere Schlagzeilen: Der 67-Jährige wird als Verdächtiger in einem Mordfall gesucht.

Er selbst inszeniert sich auf der Flucht als unschuldiges Opfer der Behörden von Belize: "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie mich kriegen", sagte er dem US-Magazin "Wired" am Telefon. Er sei den Mächtigen ein Dorn im Auge.

Belize, eine Flugstunde südlich von Miami, ist geografisch gesehen die Fortsetzung Floridas in der Karibik. 300.000 Menschen leben in dem Karibikland, das bis 1981 als British Honduras zu Großbritannien gehörte. Mit Englisch als Staatssprache kann das wirtschaftlich verarmte Land mit seinen vorgelagerten Inseln für US-Amerikaner zu einer idealen neuen Heimat werden. Das wurde Belize auch für John McAfee, Erfinder eines der allerersten Antivirenprogramme für Computer. McAfee ließ sich dort nieder, nachdem er den Börsengang seiner Firma 1999 für einen lukrativen Ausstieg nutzte. Die vielen Millionen waren eine gute Voraussetzung für ein sorgloses Dasein.

Auf einer Insel genoss er laut seinem jetzt veröffentlichten Tagebuch ein paradiesisches Leben, umgeben von jungen Frauen. In Orange Walk auf dem Festland baute er ein Labor auf, um nach eigenen Angaben Dschungelpflanzen für medizinische Zwecke heranzuziehen. In Medienberichten war eher von Experimenten mit "bewusstseinserweiternden Substanzen" die Rede. Es ist schwer zu trennen, was in den Geschichten von John McAfee um ein Leben voller Intrigen, Gefahren und Sex Wirklichkeit und was Fantasie ist. Tatsache ist, dass ein Nachbar am Wochenende tot in einer Blutlache gefunden wurde und dass die Behörden unter Hochdruck nach dem Ex-Virenjäger fahnden.

Der getötete Gregory Faull, ebenfalls ein in Belize lebender Amerikaner, war mit McAfee zerstritten, wie das Inselblatt "San Pedro Sun" am Dienstag berichtete. Er soll sich wegen McAfees Hunden und der bewaffneten Leibwächter beschwert haben. Vergangene Woche seien vier Hunde vergiftet worden, sagt McAfee. Zwei Tage später war Faull tot.

McAfee verteidigt sich in Tagebuch

Er habe mit dem Mord nichts zu tun, werde sich aber auf keinen Fall freiwillig stellen, ließ McAfee über "Wired" wissen. Alle wüssten doch, wie es in mittelamerikanischen Gefängnissen zugehe: "Wenn man jemandem genug Schmerzen zufügt, sagt oder unterschreibt man alles." McAfees Version: Belize, eine gewalttätige und verlogene Gesellschaft mit einer korrupten Polizei und Regierung, habe sich gegen ihn verschworen.

Er habe vor einigen Monaten den Premierminister Dean Barrow einen Lügner genannt, schrieb McAfee in seinem Tagebuch, das jetzt von dem US-Portal "Gizmodo" veröffentlicht wurde. Und er habe sich geweigert, der Regierungspartei im vergangenen Jahr eine Schenkung zukommen zu lassen. In dem dreiteiligen Tagebuch beschreibt der ehemalige Virenjäger eine andere Fährte und die führt über zwielichtige Frauen zur organisierten Kriminalität. Eine seiner Geliebten, "Amber Two", sei die Freundin eines inzwischen erschossenen Gangsters gewesen. Dessen Gang habe sie verfolgt, da sie ihren Boss an die Polizei verraten habe. "Rivalisierende Gangs jagen hierzulande andauernd die Freundinnen von Anführern", kommentiert McAfee.

Als die Polizei am Sonntag das Haus am Strand durchsuchte, fand sie niemanden vor. McAfee hatte sich, wie er "Wired" erzählte, im Sand eingebuddelt, mit einer Pappkiste über dem Kopf, um atmen zu können. Danach habe er sich auf Booten und den Rückbänken von Autos versteckt, die Nacht auf einer verlausten Matratze zugebracht und sein Haar schwarz gefärbt, um nicht erkannt zu werden.

Schon im vergangenen Frühjahr war McAfee nach jahrelangem Leben unter dem Radar in die Schlagzeilen zurückgekehrt, als die Behörden von Belize ihm unter anderem unerlaubten Waffenbesitz vorwarfen. Damals wirkten seine Geschichten vom abenteuerlichen Leben am Limit als überzeichnete Posse um einen wahnwitzigen Millionär. Mit dem Mordfall und der Flucht ist daraus ein Drama geworden. (dpa/tc)