Hewlett-Packard GmbH

Ein Unternehmen im Umbruch

24.09.2004
Von Hermann Gfaller
HP ist wieder wer. Als die Konzernchefin Carleton Fiorina mit der Compaq-Übernahme die Flucht nach vorne antrat, höhnten viele Branchenkenner: Bündnis zweier Verlierer.

Doch das Unternehmen hat den Merger organisatorisch und wirtschaftlich erstaunlich rasch bewältigt. Unklar ist jedoch, ob die mitarbeiterfreundliche Kultur des "HP-Way" zur neuen Positionierung als "Adaptive Enterprise" passt.

Wirtschaftlich gesehen, gehört New HP zu den wenigen Erfolgsgeschichten unter den vielen Megadeals der vergangenen fünf Jahre. Zwar gelang es dem Gespann HP/Compaq erwartungsgemäß nicht, die Spitzenstellung im PC-Geschäft gegen die weit günstigere Kostenstruktur des Direktversenders Dell zu halten. Dafür kann der Konzern heute in Deutschland und global die Marktführerschaft bei Druckern, Windows- und Unix-Servern sowie Speichernetzen für sich beanspruchen.

Solche Perspektiven kamen im Sommer 2001 selten in das Blickfeld der gerade aus ihren Dotcom- und New-Economy-Räuschen gerissenen Marktbeobachter. Ernüchtert und verkatert rangen sie mit der Erkenntnis, dass viele der hochgelobten Megamerger nicht funktionierten und zudem der PC-Markt, seit eh und je der zuverlässige Wachstumsmotor in der IT-Branche, zu stottern begann. Aus dieser eingeengten Sicht urteilten viele wie Charles Rutstein, Marktforscher von Forrester Research: "Zwei Firmen mit Schwächen im PC-Geschäft zu kombinieren ergibt noch lange keinen schlagkräftigen Wettbewerber."

In ihrer Fixierung auf den PC-Markt übersahen die Analysten das reiche Produktspektrum von New HP, das vom Billigdrucker bis zum Speichernetz reicht. Der Konzern ist wie kaum ein anderer sowohl im Consumer-Markt als auch bei den Firmenkunden zu Hause. Erst HP war in der Lage, die von Compaq mit Digital Equipment erworbene Rechenzentrumstechnik fruchtbar zu machen. Umgekehrt profitiert HP von Compaqs großem Marktanteil bei Desktop- und Server-Systemen mit Intel-Chips. Erst damit wurde die kritische Masse erreicht, um den von Fiorina-Vorgänger Lewis Platt Ende der 90er Jahre eingeschlagenen Wintel-Pfad erfolgreich weitergehen zu können.

Als Klammer für beide Produktbereiche kann das Dienstleistungsgeschäft angesehen werden, mit dem sich HP wider alle Erwartungen zu etablieren vermochte. Vor allem hier bewährt sich das 2003 verkündete Konzept des Adaptive Enterprise. Wie der On-Demand-Ansatz des Wettbewerbers IBM abstrahiert es IT-Techniken und -Produkte zu einer Dienstleistung. In diesem Sinn sieht es HP als seine Aufgabe, den Kunden eine Informationsinfrastruktur aufzubauen, die sich den häufig wechselnden Geschäftsanforderungen anpassen kann. HP Services zielt daher auf strategische Projektpartnerschaften, sprich auf langfristige und lukrative Outsourcing-Verträge.

Triaton stärkt das Outsourcing-Geschäft

Auch wenn das Hauptgeschäft nach wie vor mit Produktsupport gemacht wird, so kann der Servicebereich inzwischen auch große Outsourcing-Deals wie mit Procter & Gamble vorweisen. Schon vor der kürzlichen Übernahme der Thyssen-Krupp-Tochter Triaton hatte sich HP hinter T-Systems, IBM und Siemens Business Services (SBS) den sechsten Rang unter den hiesigen Dienstleistern erarbeitet. Bei SAP-Projekten ist das Unternehmen deutscher Marktführer. Mit der weltweiten Betreuung aller PCs von Daimler-Chrysler im Rahmen des Projekts "PC Global" war HP allerdings überfordert - woran aber auch die Vorstellungen des Automobilherstellers Schuld hatten.

Ein Vergleich der Produktsegmente von HP unterstreicht die große Bedeutung des Druckergeschäfts für das Unternehmen. Daher will HP diese Markenstärke einerseits im Consumer-Segment durch ergänzende Produkte wie digitale Fotoapparate und MP3-Player (Apples iPod) ausbauen. Andererseits wartet und erneuert HP als Dienstleister die Drucker seiner Firmenkunden. Hier entstehen Geschäftsmodelle, die an die beste Dotcom-Zeit erinnern. So liefert HP der US-Kaffeehauskette Starbucks nicht nur die Hard- und Softwareinfrastrukur für die drahtlosen Netze in ihren Geschäftsstellen, sondern stattet einige von ihnen im Rahmen eines gemeinsamen Pilotprojektes mit Tablet-PCs aus, mit denen sich die Gäste Cappuccino schlürfend Songs auswählen und auf CD-ROM brennen können.

Am anderen Ende des HP-Spektrums liegt die Rechenzentrums-Technik. Hier ringt das Unternehmen mit seinem Utility Data Center (UDC) in vorderster Linie mit Sun und der IBM um eine weitgehende Automatisierung des Rechenzentrums. Marktbeobachter sehen hier einen extrem lukrativen Zukunftsmarkt. Schon jetzt Geld verdienen lässt sich aber mit der Organisation und Verwaltung der Unternehmensdaten in Speichernetzen (Storage Area Networks = SANs). Hier ist HP inzwischen Marktführer. Zwischen den Polen Consumer-Geschäft und Rechenzentrum verkauft HP erfolgreich Unix- und Windows-Server.

Fiorina verabschiedete den viel beschriebenen, arbeitnehmerfreundlichen HP-Way, als sie im vergangenen Jahr den Wandel zum "Adaptive Enterprise" einleitete. HP habe durch die schmerzvolle Erfahrung im Merger mit Compaq die zentrale Lektion von Charles Darwin gelernt, erklärte die Firmenchefin. "Weder die stärkste noch die intelligenteste Spezies überlebt, sondern die anpassungsfähigste." Nun komme es darauf an, diese Lehre zu verinnerlichen und in Produkte zu gießen.

* Der Autor Hermann Gfaller ist freier IT-Fachjournalist in München. [hgfaller@t-online.de]