Messe-Rundgang: Von Software über Hardware und Services

Ein Spaziergang im Linux-Park

08.10.1999
Linux-Skeptiker, die mit dem mangelnden Lösungsangebot für das Open-Source-Betriebssystem argumentieren, werden auf der Systems ''99 eines Besseren belehrt. Mehr als 40 Unternehmen präsentieren im Linux-Park der Halle A3 ein Spektrum, das von Software über Hardware bis hin zu Dienstleistungen reicht. Eva-Katharina Kunst* beschreibt die Ausstellung.

Zahlreich sind unter anderem die Aussteller betriebswirtschaftlicher Standardsoftware unter Linux vertreten. Die Karlsruher Abas Software AG stellt auf dem Stand 203-03 "Abas-EKS" vor, eine Software für das Enterprise Resource Planning (ERP), die ihren Schwerpunkt in den Bereichen PPS und Warenwirtschaft hat. Laut Hersteller wurde sie bereits 300mal unter Linux installiert.

Speziell für den Einsatz in mittelständischen Produktionsbetrieben hat die schwäbische Planat GmbH (Stand 203-2) mit "Fepa" eine ERP/PPS-Software entwickelt. Das Drei-Komponenten-Konzept sieht neben dem Standard aus den Bereichen Logistik, Produktion und Betriebswirtschaft branchenspezifische Erweiterungen und modulübergreifende Add-ons vor. Die Software ist Herstellerangaben zufolge objektorientiert, plattformunabhängig und läuft auf allen marktgängigen relationalen Datenbanken.

An die Zielgruppe der Einzel-, Varianten- und Auftragsfertiger richtet sich das ERP/PPS-System "Unipps", das die Knoll Informationssysteme GmbH gemeinsam mit ihrem Consulting-Partner ABS Systemberatung auf dem Stand 203-42 vorstellt. Das auf Linux portierte Paket enthält die Module Verkauf, Konstruktion, Disposition, Produktion, Einkauf, Lager und Kalkulation.

Auf Stand 203-3 ist die Ibix Informationssysteme GmbH anzutreffen, die mit "Ibifix" ein Personalzeitwirtschaftssystem unter Linux präsentiert. Das Komplettpaket enthält die Verwaltung von Mitarbeiterdaten und Zeitkonten, Ausweiserstellung, Zutrittskontrolle, Kantinendatenerfassung und die Integration in das HR-Modul von SAP R/3.

SAP selbst ist ebenfalls im Linux-Park vertreten: Das Walldorfer Unternehmen, das zur CeBIT die Portierung von R/3 auf Linux bekanntgab und damit in der DV-Branche für Furore sorgte, ist auf dem Stand 302-3 zu finden. SAPs Thema der diesjährigen Systems: "Mysap.com" für Geschäfte im Internet.

Datensicherungslösungen etwa für R/3 kommen von Hicomp Software. Die Hamburger Firma präsentiert auf dem Stand 203-43 Datensicherungskonzepte für Client-Server-Architekturen, mit denen sich Linux-Systemumgebungen in eine heterogene Unternehmens-Backup-Strategie integrieren lassen.

Im Linux-basierten Office-Bereich ist die Envicon KG (Stand 302-6) aktiv. Ihr "Cyberscheduler for Linux" verwaltet Termine und Aufgaben für Linux-Web-Server. Vorgestellt werden zudem die Synchronisation von Palmpilot unter Linux und die boomende "Mandrake"-Linux-Distribution, die auf Red Hat basiert, darüber hinaus jedoch auch KDE einschließt.

Ein anderer Schwerpunkt des Linux-Parks liegt im Bereich der Netzwerksoftware, sei es für den Einsatz im Internet und Intranet oder als E-Commerce-Lösung. Das Magdeburger Unternehmen MD Link Online Service Center schickt mit "Skyrix" einen Intranet-Applikations-Server ins Rennen (Stand 302-5). Das Produkt verbindet die Funktionalität klassischer Groupware-Applikationen wie Termin- und Adreßverwaltung, Workflow-Management und Dokumentenverwaltung mit einem Web-basierten User-Interface.

Als Hersteller des Content-Management-Systems "NPS 4.0" stellt die Berliner Infopark Online Service GmbH auf dem Stand 404-11 eine Lösung zur Veröffentlichung von Inhalten im Internet und Intranet vor. NPS verwaltet große Dokumentenmengen und stellt Funktionen zur Content- und Hyperlink-Verwaltung zur Verfügung. Damit soll sich die Veröffentlichung auf Web-Servern automatisieren lassen, wobei keine HTML-Kenntnisse erforderlich sind. Über die "Billing Service Suite" können darüber hinaus kostenpflichtige Inhalte im Internet abgerechnet werden.

Auf dem Stand 203-32 präsentiert die Frankfurter Appsolut Software GmbH ihr gleichnamiges Enterprise-Portal. Um auf Unternehmensdaten zugreifen und Prozesse abbilden zu können, werden Datenquellen, Komponenten und Dienste darüber zusammengeführt, gekapselt und innerhalb einer einzigen Applikation abgebildet. Als Clients sind PCs, Browser, Palm-OS oder Windows CE denkbar.

Um Kombinationen von Informationen aus verschiedenen Quellen auf einem Bildschirm darstellen zu können, hat die Siemens AG das Internet-Gateway "DB 4 Web" entwickelt, das auf dem Stand 203-05 vorgeführt wird. Da die Treiber des Produkts Daten aus Oracle, Informix, Adabas, DB2, ODBC-fähigen Quellen und MS-Access einlesen, ist es möglich, die unterschiedlichen Datenbanktypen und Host-basierten Applikationen zusammenzuführen. Siemens zeigt noch ein weiteres Produkt für den Internet-Einsatz: Mit dem Web-Filtering-Tool "Smartfilter" haben Unternehmen die Möglichkeit, Internet-Adressen aus Kategorien wie Rassismus oder Glücksspiel zu sperren. Die Ausschlußliste, die sich aus 400000 Einträgen zusammensetzt, kann vom Administrator nach Benutzergruppen und Themen differenziert gestaltet werden.

An mittelständische Unternehmen, die daran denken, in die Welt des Electronic Commerce einzusteigen und ein virtuelles Warenhaus unter Linux zu realisieren, richtet sich das Online-Shop-System Omeco, das die gleichnamige Omeco GmbH gemeinsam mit ihrem Kooperationspartner Cyberport GmbH auf dem Stand 411 präsentieren wird. Die Software basiert auf Linux sowie einem Apache-Web-Server und ist kompatibel zu allen SQL-fähigen Datenbank-Servern. Der Funktionsumfang beinhaltet die Einstellung und Pflege von Produktdaten, die Konfiguration von Rabatten, das Erstellen von Sonderangeboten sowie die Abrechnung und Analyse des Kunden- und Kaufverhaltens. Die auf der Systems vorgestellte Version 1.2 enthält überdies die Integration von Video-Produktinformationen und den Export des Artikelkatalogs in HTML. Auf dem Stand ist auch Näheres zu Omecos nächstem Projekt unter Linux zu erfahren: ein System zur Erstellung elektronischer Handelsbörsen.

Auf Stand 404-12 stellen die Magic Software Enterprises mit dem "Magic E-Merchant for Linux" eine weitere E-Commerce-Lösung vor, die sich im Business-to-Business-Bereich positioniert. Das israelische Unternehmen mit sieben Tochtergesellschaften in Europa, den USA und Kanada bietet im Rahmen seiner Linux-Palette außerdem das Entwicklungs-Tool "Magic for Linux" an. Mit Hilfe des integrierten Werkzeugs soll sich die Anwendungsentwicklung von datenbank- und plattformunabhängigen Client-Server-, Internet/Intranet- und E-Commerce-Lösungen beschleunigen lassen.

Die Omnis Software GmbH zeigt im Linux-Park (Stand 203-4) erstmals die Linux-Version ihres 4GL-Entwicklungs-Tools "Omnis Studio". Das System arbeitet objektorientiert und beinhaltet Prototyping-Funktionen, die Web- und Komponentenintegration sowie Javabeans oder Active X. Hinzu kommt eine eigene relationale Datenbank.

Auf Stand 401 bietet die Ismaninger Wizard Software Engineering GmbH mit "Watchdog" eine Hochverfügbarkeitslösung unter Linux an. Die Software sichert Anwendungen vor Server-Ausfällen und steigert die Performance, indem sie redundante Systemressourcen nutzt.

Auch das Spektrum der Hardware-Aussteller im Linux-Park ist breit gefächert. Aculab, ein führender Anbieter von aktiven ISDN-Karten und Voice-Processing-Plattformen für Applikationen der Computer-Telefonie, führt auf dem Stand 203-1 Linux-Treiber für diese Technologie vor. Damit ist es möglich, Anwendungen für Voice-Mail, Telebanking oder Fax-Server in einer Linux-Umgebung zu entwickeln und zu betreiben.

Die Dortmunder Bee Baastrup EDV-Entwicklung, eines der ersten deutschen Linux-Systemhäuser, ist im Linux-Park auf Stand 401 anzutreffen. Präsentiert werden Thin Clients, Linux-Workstations und Raid-Server sowie ein High-Availability-Cluster.

Als Hersteller von Connectivity-Produkten präsentiert die Chase Research GmbH auf dem Stand 203-34 ihr "PCI-RAS"-Multimodem-Board. Es erlaubt Server-Betreibern, 56K-Modems in Rechnern unterschiedlicher Systemumgebungen für Faxlösungen und Remote-Access-Anwendungen zu integrieren.

Das Linux-Engagement von Hewlett-Packard hat sich in einem breiten Spektrum von Ausstellungen im Linux-Park niedergeschlagen. Ein Highlight ist Linux auf der IA-64-Architektur Merced. Das weitere Angebot reicht von Linux-Clustern oder Druckerlösungen bis hin zu E-Messaging unter Linux sowie R/3 mit Oracle auf Linux. Auch der Linux-Support gehört inzwischen zu den selbstverständlichen Dienstleistungen von HP (Stand 404-22).

Mit der steigenden Nachfrage nach Services im Linux-Umfeld ist auch die Zahl der Linux-Dienstleister gewachsen. Im Linux-Park wird diese Gruppe zum Beispiel von der Bonner ID-Pro GmbH (Stand 302-1) repräsentiert, die die Supportdienste oder kundenspezifische Software-Anpassungen von Open-Source-Produkten anbietet. Trainings zu Linux im professionellen Einsatz sowie als Server im Unternehmen offerieren die Ditec Bildungszentren. Ditec, auf dem Stand 203-40 zu finden, unterstützt darüber hinaus Linux-Zertifizierungsbestrebungen und offeriert hierfür ebenfalls Trainingsprogramme.

Linux-Foren

Die Stände der im Linux-Umfeld aktiven kommerziellen Aussteller sind nur ein Schwerpunkt des Linux-Parks. Neben dem reinen Business wird es eine Vielzahl von Veranstaltungen geben, die sowohl Open-Source-Fans als auch kommerzielle Linux-Protagonisten interessieren dürften. Erste Anlaufstelle für Firmenvorträge und Installationsshows ist das Linux-Forum. Die Open-Source-Gemeinde ist hierbei durch mehrere Entwickler vertreten, die ihre Projekte KDE, GNU, Samba und Gimp vorstellen werden oder über Themen allgemeiner Art (Linux auf verschiedenen Plattformen oder die ökonomischen Aspekte freier Software) referieren werden. An sogenannten Demopoints werden Projekte wie Gnome, Apache und Debian vorgeführt.

Diskussionen

Zum Thema Linux finden auf der Systems auch zwei Podiumsdiskussionen statt. Am Dienstag, 19. Oktober, steht die Entwicklung im Patentrecht auf dem Programm und damit die Frage nach Gefahren und Auswirkungen auf die Entwicklung von Open-Source-Produkten. Beginn der Veranstaltung ist 14.10 Uhr. Zur selben Zeit am Donnerstag, 21. Oktober, beschäftigt sich eine weitere Expertenrunde mit Chancen und Grenzen von Linux im kommerziellen Einsatz.

Der letzte Tag der Systems, Freitag, der 22. Oktober, steht vor allem im Zeichen der deutschlandweiten Linux-Usergroups, die an einem eigenen Stand ihre Projekte vorstellen können. Für das leibliche Wohl sorgt ein Linux-Cafe.

*Eva-Katharina Kunst ist freie Fachjournalistin in München.