Ein schwerer Verlust für die Telekom

12.04.2005
Konrad Reiss, CEO der T-Systems International GmbH, ist für das Unternehmen kaum zu ersetzen. Während eines Familienurlaubs starb der Manager im Alter von 47 Jahren an Herzversagen.

Die Deutsche Telekom trauert um Konrad Reiss. Im Alter von nur 47 Jahren starb der Manager während eines Familienurlaubs in Südafrika an plötzlichem Herzversagen. In nur zwei Jahren an der Spitze des IT-Dienstleisters und im Vorstand des Gesamtkonzerns hatte er sich große Verdienste um die Telekom und T-Systems erworben.

Unmittelbar nach seinem Amtsantritt verordnete er dem IT-Dienstleister eine neue, an Branchen- und Servicekompetenz ausgerichtete Unternehmensstruktur und damit ein klares Profil im Outsourcing- und IT-Dienstleistungsmarkt. Sein Reformeifer machte auch nicht vor den obersten Management-Etagen Halt. Im Oktober vergangenen Jahres baute er den kompletten T-Systems-Vorstand um. Seitdem verantworten in der Führungsebene unter ihm nur noch zwei Manager jeweils das Groß- und Geschäftskundensegment.

Sein Meisterstück gelang Reiss, als ihm die Verantwortung für das stark gefährdete Toll-Collect-Projekt übertragen wurde. Er stutzte das Mautvorhaben auf ein Maß, das sich innerhalb der geforderten Zeit umsetzen ließ, holte die richtigen Projekt-Manager und schaffte es, termingerecht ein lauffähiges System zu übergeben. Von diesem Erfolg in seiner Position gestärkt, kündigte er im Februar den Ausstieg aus dem mit IBM und Siemens Business Services (SBS) gegründeten Konsortium an, mit dem die deutsche Bundeswehr über das Outsourcing-Projekt Herkules verhandelt. Marktbeobachter begrüßten diesen Schritt. Das Prestigevorhaben des Verteidigungsministeriums gilt als schwierig und riskant.

Aus der von Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke Ende letzten Jahres betriebenen Reorganisation des Deutsche-Telekom-Konzerns ging Reiss gestärkt hervor: Sein Verantwortungsbereich wurde enorm erweitert, weil die T-Systems den gesamten Geschäftskundenbereich von der Festnetztochter T-Com übernahm. Im Zuge dieser Reorganisation wechselten 13 000 Mitarbeiter unter das T-Systems-Dach. Diese Integrationsaufgabe konnte Reiss nicht mehr abschließen.

Der Konzernchef Kai-Uwe Ricke würdigte den Verstorbenen als einen Mann mit großer professioneller Erfahrung: "Er hat mit viel Engagement den Umbau der Deutschen Telekom AG an herausragender Stelle aktiv mitgestaltet. Dabei hat es Konrad Reiss verstanden, ein hochmotiviertes Team mit Kompetenz zu führen." Ricke übernimmt nun vorerst den Bereich Geschäftskunden, für den Reiss im Vorstand der Telekom zuständig war. Die Leitung von T-Systems obliegt vorübergehend Wilfried Peters, bislang verantwortlich für den Bereich Finance und Controlling.

Reiss galt neben Ricke als Hoffnungsträger des Konzerns, weil er Reformen entschlossen vorantrieb und dabei auf seine Erfahrungen bei Capgemini, dem Debis Systemhaus und aus seiner Tätigkeit als freier Unternehmensberater bauen konnte. Marktbeobachter mahnen bereits seit längerem einen weiteren Umbau der Deutschen Telekom an. Mit Reiss fehlt Ricke nun ein wichtiger Fürsprecher und Motor für eine Neuorganisation des Konzerns. (jha)