Outsourcing/Einzelfallregelungen und obligatorische Vereinbarungen

Ein Outsourcing-Vertrag ist kein Standardwerk

10.08.2001
Das Outsourcing des IT-Betriebs umfasst immer individuelle Anforderungen, Systeme und Prozesse. Daher ist es kaum vorstellbar, einen Standardvertrag für diese Dienstleistungsart zu entwerfen. Und doch gibt es neben Formulierungen, die den Einzelfällen gerecht werden, Regelungen, die ein Outsourcing-Vertrag auf jeden Fall enthalten sollte. Von Jürgen Schneider*

Dem eigentlichen Vertrag sollte stets eine Präambel oder auch Vorbemerkung vorangestellt werden. In dieser Passage stellen sich die Vertragspartner kurz vor und machen Angaben zur Branchenzugehörigkeit des Unternehmens sowie zum Tätigkeitsschwerpunkt des Providers. Außerdem sollten die Gründe des Unternehmens dargelegt werden, die zum Vertragsabschluss geführt haben und welche Erwartungen und Ziele mit dem Outsourcing verknüpft werden. Auf diese Weise wird zum einen die Geschäftsgrundlage zwischen den Parteien festgelegt. Zum anderen können diese Ausführungen im Streitfall herangezogen werden, um einzelne Vertragsbestimmungen auszulegen.

Während die Formulierungen der Präambel allgemein gehalten sind, sollte die Beschreibung der vom Provider zu erbringenden Leistungen möglichst umfassend und detailliert sein. Erlaubt und gängige Praxis ist es, in dieser Passage auf eine dem Vertrag beiliegende Anlage zu verweisen, in der die einzelnen Tätigkeiten des Providers aufgeführt sind. Eine genaue Leistungsbeschreibung zahlt sich vor allem für das Anwenderunternehmen aus, denn für Dienstleistungen, die nicht Vertragsinhalt sind, kann der Provider eine gesonderte Vergütung geltend machen. Allerdings hat auch der Anwender die Pflicht, die Zusammenarbeit möglichst reibungslos zu gestalten. Die Mitwirkungspflichten des Unternehmens gehören demnach ebenfalls in den Vertrag.

Hinsichtlich der Qualität der zu erbringenden Leistungen müssen sich die Vertragspartner zunächst auf die technischen Mindestanforderungen einigen. Dazu gehört etwa, auf welcher Hardware und Software die Infrastruktur basieren und wann und in welchem Zyklus ein Hardwareaustausch und Software-Update erfolgen soll.

Mindestanforderungen vereinbarenIn dieser Passage stehen auch die Angaben darüber, zu welchen Antwortzeiten und welcher Verfügbarkeit sich der Provider verpflichtet. Hier finden etwa Vereinbarungen Eingang, die sicherstellen, dass auch bei grenzüberschreitenden Outsourcing stets ein kompetenter Mitarbeiter des Providers während der üblichen Geschäftszeiten in Deutschland erreichbar ist. Dabei sollte das Anwenderunternehmen auf die Qualifikation der Mitarbeiter des Providers besonderen Wert legen und die diesbezüglichen Anforderungen wie etwa Ausbildung oder Berufserfahrung vertraglich festhalten.

Beim Übergang vom Eigen- zum Outsourcing-Betrieb werden häufig bislang vom Anwender genutzte Systeme dem Provider überlassen. Der Verkauf von Hardware an den Provider ist immer damit verbunden, dass der Vorbesitzer über einen Zeitraum von sechs Monaten für Mängel einzustehen hat. Allerdings lassen sich auch Gewährleistungsansprüche des Providers vertraglich ausschließen.

Der Eigentümerwechsel der IT-Systeme hat auch Auswirkungen auf bestehende Verträge. Laufende Wartungsabkommen müssen entweder beendet oder vom Provider übernommen werden. Ein wenig heikler ist die Situation im Softwarebereich. Werden beispielsweise dem neuen Besitzer Anwendungen übergeben, können unter Umständen urheber- oder patentrechtliche Frage auftreten. Besteht etwa für die Nutzung einer Software "lediglich" ein Lizenzvertrag, sollte bereits im Vorfeld eines Outsourcing-Abkommens geklärt sein, ob diese Rechte überhaupt auf den Provider übertragen werden dürfen. Ist dies nicht der Fall, drohen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche des Eigentümers sowohl gegen den Provider als auch gegen dessen Kunden.

Über die Vergütung sollten die Parteien eine möglichst einfache und klare Regelung treffen. Bewährt hat sich die Vereinbarung von monatlichen Pauschalbeträgen, mit deren Zahlung sämtliche vertraglichen Leistungen des Providers abgegolten sind. Sowohl der Unternehmer als auch der Provider haben in diesem Falle eine sichere Kalkulationsgrundlage. Da Outsourcing-Verträge meistens für einen längeren Zeitraum abgeschlossen werden, bietet es sich an, eine regelmäßige - zumeist jährliche - Erhöhung der Vergütung bereits zu Beginn der Partnerschaft zu vereinbaren.

Was kosten Extradienste?Eine gesonderte Behandlung erfordern Leistungen, die nicht Bestandteil des Outsourcing-Abkommens sind. Fordert das Unternehmen während der Laufzeit Extraservices ein, muss es natürlich zahlen - fraglich und häufig strittig ist jedoch die Höhe. Um Streitfälle im Vorfeld möglichst auszugrenzen, bietet es sich an,ein Verfahren zur Preisfindung zu etablieren. Die Partner könnten sich beispielsweise verpflichten, zunächst einvernehmlich eine Einigung herbeizuführen. Fruchtet dieser Versuch nicht, käme ein Dritter, etwa ein Sachverständiger, ins Spiel, der einen für beide Parteien akzeptablen Preis vorschlagen muss.

Outsourcing-Verträge zielen in der Regel auf eine langfristige Zusammenarbeit, so dass Laufzeiten von mehreren Jahren keine Seltenheit sind. Die Partner sollten sich jedoch darüber im Klaren sein, dass ein vorzeitiger Ausstieg aufgrund einer fristlosen Kündigung nur möglich ist, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, doch an eine derartige Argumentation stellt die Rechtsprechung hohe Anforderungen. Allerdings können die Parteien diesen Weg umgehen, indem sie selbst die Voraussetzungen für einen wichtigen Grund, der zu einer fristlosen Kündigung berechtigt, definieren. Beispiele sind gravierende Verstöße gegen den Datenschutz, eine über längere Zeit mangelhafte Verfügbarkeit oder der Einsatz von inkompetenten Mitarbeitern.

Die Sicherheit und Vertraulichkeit ihrer Daten ist für Firmen von überragender Bedeutung. Der Outsourcing-Kunde sollte daher dem Datenschutz des Providers besonderes Augenmerk schenken: Gibt es beim Provider einen betrieblichen Datenschutzbeauftragten? Welche Verschlüsselungstechnologien werden genutzt? Wie erfolgt der Zugriff auf Daten? Wie werden die gesicherten Daten verwahrt? Welche Maßnahmen sind für den Server-Ausfall vorbereitet? Die Antworten des Providers auf diese Fragen beginnen im Vertrag immer mit dem Einleitungssatz: "Der Provider erklärt: ...". Zum guten Ton gehört es mittlerweile auch, dass die Unternehmensdaten doppelt und vorzugsweise bei einem auf die Datensicherung spezialisierten Unternehmen vorgehalten werden. Das hat den zusätzlichen Vorteil, dass bei Vertragsbeendigung der Provider nicht dadurch Druck ausüben kann, dass er die Herausgabe der Daten verringert.

In der Frage der Haftung, der Verantwortungsbereiche sowie der Vertragsstrafe gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze, nach denen derjenige haftet, der vorsätzlich oder fahrlässig gegen vertragliche Vereinbarungen verstößt. Er muss Ersatz für den Schaden leisten, der durch die Pflichtverletzung entstanden ist. Die Praxis lehrt jedoch, dass wie im Beispiel der Datenübermittlung die Fehlerfrage nicht eindeutig zu klären ist. Hier hilft es, wenn die Vertragspartner die jeweiligen Verantwortungsbereiche möglichst genau definieren. Manchmal lässt sich ein Schaden auch nicht in Geld beziffern, etwa wenn aufgrund eines Versäumnisses des Providers Unternehmensdaten einem Konkurrenten zur Kenntnis gelangen. Für solche Pflichtverstöße empfiehlt es sich, eine Vertragsstrafe festzulegen.

Schiedsgericht arbeitet schnellerZur Vertragsgestaltung gehört auch immer eine Passage, welche die Beendigung des Abkommens betrifft. In diesem Teil sollte sich der Provider verpflichten, eine Abschlussdokumentation zu erstellen und sämtliche bei ihm vorhandenen Unterlagen, Daten oder Software dem Kunden zu überlassen. Diese Vereinbarung lässt sich derart gestalten, dass eine Vertragsstrafe droht, sollte die Übergabe nicht innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen. Der Outsourcing-Kunde steht hingegen in der Pflicht, alle noch offenen Vergütungsansprüche des Providers unverzüglich auszugleichen.

Wie alle Abkommen schließen auch IT-Outsourcing-Verträge mit Angaben anwendbaren Rechts (deutsches oder ausländisches), dem Gerichtsstand (etwa München oder San Francisco) sowie der salvatorischen Klausel (Fortgeltung des Vertrages im Übrigen, wenn eine oder mehrere Vertragsbedingungen unwirksam sind). Schließlich sollten die Parteien in Erwägung ziehen, bei Streitigkeiten anstelle der staatlichen Gerichte ein Schiedsgericht einzusetzen. Ein Schiedsgerichtsverfahren verläuft häufig rascher und kostengünstiger als ein staatliches Gerichtsverfahren.

*Jürgen Schneider ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Zwipf Rosenhagen Partnerschaft, München und Dresden (www.zrp.de).