Ein Metro Ethernet der besonderen Art

16.07.2003
Von Martin Seiler

Von den vier Versorgungssparten Wasser, Gas, Fernwärme und Strom werden die ersten drei bereits gemeinsam überwacht, lediglich die Kontrolle der Stromversorgung erfolgt über eine eigene Leitstelle. Auf lange Sicht ist jedoch geplant, alle Bereiche unter einen Hut zu bringen und in einer Verbundleitwarte gemeinsam zu steuern.

Sämtliche anfallenden Steuerungs- und Kontrolldaten der Wasserversorgung fließen über ein etwa 200 Kilometer langes, weit verzweigtes Glasfasernetz von den Standorten Thalham, Deisenhofen und Forstenrieder Park aus in die Münchner Zentrale. Die Außenstellen sind auch untereinander verbunden, denn die Infrastruktur bildet einen redundanten Ring. Sie wurde Mitte der 90er Jahre von den Stadtwerken selbst aufgebaut: Die optischen Kabel verlegten die Experten innerhalb der vorhandenen Wasserleitungen. Für die Übertragung der Daten nutzten die SWM seit etwa 1995 das zum damaligen Zeitpunkt gebräuchliche Backbone-Verfahren FDDI, wobei „Netbuilder“-Komponenten des Anbieters 3Com zum Einsatz kamen.

Seit Ende 2002 setzen die Stadtwerke jedoch ganz auf Ethernet: Einer der Auslöser für den Abschied von FDDI und die Ausrichtung auf den LAN-Klassiker war die Entscheidung von 3Com, sich aus bestimmten Netzbereichen zurückzuziehen. „Von einem auf den anderen Tag wurde uns der Support für Netbuilder gekündigt,“ erzählt Helmut Schöpf, Projektleiter Prozessleittechnik bei der SWM-Versorgungs GmbH. Als schließlich die Ersatzteile für die Komponenten auszugehen drohten, fasste die Fachabteilung den Entschluss, sich von FDDI zu verabschieden.

EAPS Bei Ethernet Automatic Protection Switching (EAPS) wird auf dem Glasfaserring eine Domäne definiert, in der ein Switch die Rolle des “Master” übernimmt. Die übrigen Netzkomponenten agieren als “Transit”-Stationen. Ein Port des Masters wird zum “Primary Port” (P) im Ring, ein zweiter der “Secondary Port” (S). Im Normalbetrieb ist die Verbindung zwischen P und S durch den Master für alle Pakete auf dem Netz mit Ausnahme bestimmter EAPS-Kontrollpakete (Health-Check Packets) unterbrochen. Das verhindert, dass sich eine Ethernet-Schleife (Loop) bildet. Bei einer Unterbrechung im Ring stellt der Master die Verbindung zwischen P und S jedoch wieder her. Der Master erkennt einen Fehler auf zwei Arten: Er erhält entweder keine Antwort auf Kontrollpakete, oder ein Transit-Switch setzt eine “Trap”-Meldung ab. Die ringförmige Netzstruktur lässt

sich in beiden Richtungen nutzen. Im Fehlerfall sollen die Umschaltzeiten bei 100 Millisekunden liegen.

Die Entscheidung für Ethernet fiel aber auch aus Gründen der Administrationsfähigkeit. Der Einsatz einer homogenen Netztechnik im LAN und WAN vereinfacht eben auch den Betrieb und die Überwachung der Infrastruktur.

Da die Spezialisten bei einem früheren Austausch eines Corebuilder von 3Com durch einen „Summit“-Switch von Extreme Networks bereits gute Erfahrungen gesammelt hatten, fiel auch bei der anstehenden Umstellung des Glasfaserrings die Wahl auf den kalifornischen Anbieter. Cisco hatte man als Anbieter zwar ebenfalls in Betracht gezogen, der höheren Kosten für die notwendigen Komponenten wegen aber nicht den Zuschlag gegeben. Nachdem eine erste Testinstallation zwischen Thalham und Deisenhofen mit den Extreme-Geräten erfolgreich verlaufen war, gab es grünes Licht für die komplette Migration des Weitverkehrsnetzes auf Gigabit Ethernet.