Analyse

Ein Messe-Quiz besonderer Art

09.04.1993

Im Gegensatz zu seinem IBM-Kollegen haelt SNI-Pressesprecher Jochen Doering nicht viel von einer CeBIT-Reform (CW Nr. 12 vom 19. Maerz 1993, Thema der Woche: "Bedenken gegen das Disneyland der Branche"). Das kann sich aendern, und das mag Doering nicht ausschliessen. Unbedingt gehoert aber zu einer neuen Messepolitik, dass man die Mittel mit Bedacht waehlt, was sicherlich auf eine besser strukturierte und zeitlich gestraffte CeBIT hinausliefe - von einem Zweijahresturnus wollen wir noch gar nicht reden. Doch vor dieses CeBIT-Ziel hat Hermes den Schweiss von Verbandsaktivisten gesetzt. VDMA, ZVEI, BDU und BVB bestimmen, wo es langgeht in Hannover. Darin liegt das Problem - ein typisch deutsches uebrigens, um das uns der Rest der Messewelt auch noch beneidet.

Am Markt muss jeder DV-Hersteller schon alleine bestehen. Auf Naivitaet kann denn auch nicht plaedieren, wer sich bei CeBIT- Entscheidungen hinter Verbandsmehrheiten versteckt. Doch so laufen die Dinge ja nicht. Dem Messekatalog ist zu entnehmen, wer als Verbandsvertreter im Messeausschuss oder im Ausstellerbeirat sitzt. Aus den Hinweisen ueber die Firmenzugehoerigkeit geht hervor, welche DV-Anbieter offenbar nichts dem Zufall ueberlassen wollen. Dann muessen sie aber auch fuer die Messepolitik geradestehen. Steckt womoeglich in so manchem Kritikerkostuem ein CeBIT-Hardliner - und umgekehrt? Ein Messe-Quiz besonderer Art harrt seiner Aufloesung.

Soviel darf verraten werden: Wir haetten die Manager von Novell und Borland natuerlich fragen koennen, ob sie sich bemueht haben, die hoeheren Verbandsweihen zu bekommen. Wir haben es nicht getan. Und so wissen wir auch nicht, was sie von der CeBIT-Verbandspolitik im besonderen halten. Novell und Borland waren heuer zur CeBIT-Zeit anderweitig beschaeftigt.

So, die weitere Aufloesung duerfte nicht mehr allzu schwer sein. Stehen wir aber damit schon vor einer Wende in der deutschen Messepolitik? Wer darauf eine klare Antwort erwartet, unterschaetzt die Bedeutung der Verbaende. Ermutigend in einem freilich boesen Sinne ist, dass einigen grossen DV-Herstellern das Geld ausgeht. Unverschaemt viel Geld duerfen Messespektakel jedenfalls nicht mehr kosten. Dieser Massstab wird mittlerweile von allen Ausstellern akzeptiert. Auch bei Jochen Doering klang das an. Auf keinen Fall wollen SNI, IBM & Co. als Verschwender erscheinen. Ihre Vorliebe fuer Verbaende und Lobbyisten koennen sie nicht leugnen. Fuer diejenigen, die jetzt zuruecklesen: Ja, hier haben wir eine Hilfe - aber das Quiz waere wohl auch so geloest worden.