Mit Normbausteinen und Programmketten.

Ein Konzept für technische Programmentwicklungen

08.07.1977

Der Bundesminister für Forschung und Technologie fördert im Rahmen des 3. DV-Programmes der Bundesregierung unter der Rubrik "Anwendungen" die Entwicklung von CAD-Programmen (CAD = Computer Aided Design). Im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung sind zur Zeit für das Förderprojekt CAD folgende Summen vorgesehen: 1977: 16 Mio. DM, 1978: 17 Mio. DM, 1979: 18 Mio. DM. Eine weitgehende Festlegung für eine Förderung in den 80er Jahren ist noch nicht getroffen. Man kann jedoch davon ausgehen, daß die Entwicklung mit Ablauf des Jahres 79 nicht schlagartig aufhören wird. Die Mittel, die unter Einbeziehung der Eigenbeteiligung der Industrie ca. 25 Mio. DM jährlich betragen, werden verwendet, um anwendungsspezifische Programmketten und allgemein einsetzbare Normbausteine zu schaffen.

Die Programmketten unterstützen die Tätigkeit des Ingenieurs in den verschiedenen Anwendungsbereichen der Technik lückenlos mit DV. Eine Programmkette besteht aus Programmen für die Phasen Entwurf, Konstruktion, Detaillierung bis hin zur Fertigung, d. h. einschließlich CAM (CAM = Computer Aided Manufacturing). So werden Programmketten z. B. für den Straßenbau oder den Stahlbetonhochbau erstellt.

Die Normbausteine sind dagegen als Werkzeuge gleichermaßen in den verschiedenen Programmketten einsetzbar. Typische Normbausteine sind Programme zur Finite-Element-Methode, Behandlung der Geometrie technischer - Objekte, Ein-/Ausgabeverarbeitung, Datenbankaufgaben, CAD-Arbeitsplatzkonfigurationen mit entsprechender Betriebssoftware u. ä. Die Normbausteine können quasi als Glieder in mehreren fachspezifischen Programmketten verwendet werden. Dies bedingt einen hohen Grad an Allgemeingültigkeit und Portabilität der Normbausteine, die nur zu erreichen sind, wenn schon vor Beginn der Programmierung folgendes festliegt: 1. Programmiersprache. Im Projekt CAD wird grundsätzlich in DIN-FORTRAN IV (mit einigen kleinen, Erweiterungen) kodiert. 2 Schnittstellen. Sie werden im Detail vereinbart, z. B. in Form von Benutzerhandbüchern oder detaillierten Datei- und Ausgabebeschreibungen. 3. Rechnergröße. Der Richtwert von 64 KB verfügbaren Arbeitsspeichern kann nach wie vor, vor allem wegen der begrenzten Adressierbarkeit bei 16 bit-Wort-Rechnern, angenommen werden. 4. Hardwarekonfiguration. Der Anschluß von Kleinrechnern als intelligente Terminals an größere Rechner ist dort anzustreben, wo besondere Aufgaben größere Rechner benötigen. Außerdem ist eine weitgehende Hardwareunabhängigkeit der Schnittstellen zu realisieren, so daß z. B. für ein Programm wahlweise verschiedene Ein- und Ausgabegeräte eingesetzt werden können.

Mit diesen Festlegungen muß der spätere Anwender einverstanden sein noch bevor die eigentliche Programmierung beginnt. Es hat sich deshalb als zweckmäßig erwiesen, bei der Spezifikation des Programms den Anwender von vornherein miteinzubeziehen und ihm z. B. die Formulierung des Benutzerhandbuches d. h. der Schnittstelle Anwender/DV selbst zu übertragen.

Bei der Schaffung von Programmketten taucht noch eine weitere Forderung auf: Die Einbeziehung bereits vorhandener und in der Praxis bewahrter Programme. Dies ist bei der in der Grafik dargestellten Konzeption möglich

Bei dieser Konzeption ist der zentrale Teil ein fachspezifischer Datenbestand, der in einer Datenbasis, bestehend aus einer oder mehreren Dateien untergebracht ist. Die Aufgabe der Programme besteht nur noch im Lesen der Eingabedaten von der Datenbasis und im Schreiben der Ergebnisse in diese Datenbasis. Der gesamte Datenfluß wird somit über die Datenbasis bewerkstelligt, an die sich die einzelnen Programmbausteine nach Bedarf anhängen. Neu zu schaffende Programme können dabei unter Verwendung der angebotenen Datenverwaltungsprogramme direkt zur Datenbasis zugreifen, während bei bereits bestehenden Programmen kleine Vor- und Nachlaufprogramme (schräg schraffiert) geschrieben werden müssen, die die Anpassung, das heißt das Umformatieren, übernehmen. Auch die Anwendung vors seiten des Benutzers gescheit zweckmäßigerweise über die Datenbasis, indem der Benutzer über die einheitlichen Ein-/ Ausgabeprogrammbausteine mit der Datenbasis korrespondiert und nur noch in Sonderfällen Daten direkt in die Programme eingibt oder Ergebnisse erhält (gestrichelte Linien). Die wichtigste Aufgabe bei der Schaffung einer Programmkette besteht somit im Definieren der Datenbasis. Und dies ist primär ein fachspezifisches und weniger ein DV-technisches Problem.

Die wesentlichen Vorteile der hier skizzierten - und an sich nicht neuen - Konzeption sind: Es existiert mit der Datenbasis eine klare Schnittstelle zwischen den Programmen und damit auch den Aufgaben der an der Programmentwicklung beteiligten Institutionen. Eine Programmkette kann in Angriff genommen werden, noch bevor der Entwurfs- und Konstruktionsprozeß im Detail vollständig analysiert ist. Durch gemeinsame Verwendung eines Ein-Ausgabe-Normbausteins erfolgt eine Standardisierung der Anwenderschnittstelle; dasselbe gilt durch Verwendung der normierten Datenverwaltungsprogramme intern. Die ständige, bisher meist nicht automatisierte Datenein- und -ausgabe entfällt, womit der Entwurfs- und Konstruktionsprozeß beschleunigt und verbessert wird.

Gert Lang-Lendorff ist stellvertretender CAD- Projektleiter bei der Gesellschaft für Kernforschung mbH, Karlsruhe.