Klare Antwort auf viele Missverständnisse

Ein Jahr nach dem Dashcam-Urteil

11.05.2019
Von   
Tillmann Braun ist freier Journalist und Kommunikationsberater für non-profit Organisationen und Unternehmen. Sein Fachgebiet sind innovative IT-Lösungen für die Vernetzung von Menschen und Maschinen. Zu seinen Spezialthemen gehören intelligente (Heim-)Netzwerke, Machine-to-Machine-Kommunikation, Mobile Payment, IT-Strategien und vielfältig einsetzbare Kommunikationssysteme.
Kommt es zu einem Unfall, können Dashcams viel Ärger ersparen: Mit einer Kamera im Auto lässt sich der Unfallhergang zumeist leicht rekonstruieren und die Schuldfrage klären. Dass die Zahl in Deutschland trotzdem relativ niedrig ist, liegt nicht zuletzt an der irrtümlichen Annahme, dass Dashcams hierzulande verboten seien.

Europaweit erfreuen sich Dashcams größter Beliebtheit. Immer mehr Autofahrer nutzen eine spezielle Kamera, um im Fall der Fälle den Unfallhergang ganz einfach per Video rekonstruieren zu können. Prognosen zufolge soll die Zahl der eingesetzten Dashcams innerhalb des nächsten Jahres weiterhin rasant steigen. Ein Grund dafür ist, dass der Einsatz von Dashcams in vielen Ländern nicht nur eindeutig erlaubt ist, sondern sogar unterstützt wird. Viele Kfz-Versicherungen sponsern den Einsatz von Dashcams in Form von niedrigeren Versicherungsprämien.

Gegen die Informationsflut im Straßenverkehr und die "Beweismittelnot" helfen Dashcams.
Gegen die Informationsflut im Straßenverkehr und die "Beweismittelnot" helfen Dashcams.
Foto: Nextbase

Auch in Deutschland werden Dashcams immer populärer. Laut dem Branchenverband Bitkom wurden in den vergangenen drei Jahren rund 150.000 Dashcams verkauft. An die Nutzerzahlen wie beispielsweise von Großbritannien, wo bereits Millionen Dashcams genutzt werden, reichen diese Summen allerdings noch nicht heran. Das liegt unter anderem daran, dass viele deutsche Autofahrer der Ansicht sind, Dashcams seien verboten. Doch das ist schlichtweg falsch. Der Erwerb und die Nutzung sind legal, wenn man sich an die Spielregeln hält und moderne Hardware nutzt.

Bereits im Mai letzten Jahres hat der Bundesgerichtshof ein Grundsatzurteil erlassen, das klarstellt, dass Dashcam-Aufnahmen sogar vor Gericht als Beweismittel zugelassen werden können. Die Richter in Karlsruhe betonten, dass eine Dashcam ohnehin nur das aufzeichne, was jedermann selbst im öffentlichen Straßenverkehr sehen könne. Für Dashcam-Aufnahmen spreche zudem, dass Unfälle sich häufig nachträglich nicht vernünftig aufklären ließen bzw. im Straßenverkehr eine sogenannte Beweisnot vorliege.

Urteil sorgt für Verwirrung

Allerdings sorgte das Urteil auch für Verwirrung. Zum einen bestätigten die Richter in Karlsruhe, dass Dashcams sehr wohl als Beweismittel zugelassen sind. Zum anderen hoben sie im Rahmen der Urteilsbegründung hervor, dass die "permanente anlasslose Aufzeichnung des gesamten Geschehens auf und entlang der Fahrstrecke" ein Verstoß gegen das Datenschutzrecht darstelle. Somit sei im konkreten Fall die vorgelegte Videoaufzeichnung nach den geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen unzulässig gewesen - obwohl sie gleichzeitig als zulässiges Beweismittel eingestuft wurde. Im konkreten Fall stuften die Richter den Datenschutz also als nachrangig gegenüber den Interessen des Klägers ein.

Doch auch diese datenschutzrechtlichen Bedenken sind unberechtigt, wenn man sich für eine hochwertige Dashcam entscheidet. Die Premium-Modelle liefern nicht nur deutlich bessere und damit verwertbarere Bilder, insbesondere bei schlechten Lichtverhältnissen. Sie verfügen auch über sogenanntes "Loop-Recording", d.h. die Aufnahmen werden permanent überschrieben und erst bei einem konkreten Anlass wie einem Unfall oder einer aggressiven Bremsung vor dem Löschen geschützt. Diese kurzen Aufnahmen stehen dem Nutzer für seine Beweissicherungsinteressen zur Verfügung.

Fazit: Mit modernen Dashcams ist man auf der sicheren Seite

Das Dashcam-Video, das 2018 vom Bundesgerichtshof als zulässiges Beweismittel bestätigt wurde, stammte aus einer Dashcam der ersten Generation, die permanent und anlasslos alles aufzeichnete. Moderne Dashcams funktionieren allerdings nicht so, dass sie alles durchgängig speichern, sondern vielmehr so, wie die Richter am Bundesverfassungsgericht (BVerfG) es gerne hätten.

Hochwertige Dashcams genügen dem Datenschutz, aber wer seine Dashcam ins Sichtfeld des Fahrers positioniert oder sich ablenken lässt, riskiert ein Knöllchen.
Hochwertige Dashcams genügen dem Datenschutz, aber wer seine Dashcam ins Sichtfeld des Fahrers positioniert oder sich ablenken lässt, riskiert ein Knöllchen.
Foto: Rollei

Wer also eine Dashcam einsetzt, die lediglich kurze Sequenzen zwischenspeichert und diese zeitnah wieder automatisch löscht (Loop-Funktion), wenn es zu keinem Vorfall kommt, verstößt damit auch nicht gegen das Datenschutzrecht. Mit Kameras, die eine Loop-Funktion haben oder erst dann speichern, wenn die eingebauten Sensoren einen Unfall bzw. starkes Abbremsen registrieren, ist man somit auf der sicheren Seite.

Aber:

Wer Dashcam-Aufzeichnung allerdings öffentlich zugänglich macht, indem er sie etwa ins Internet stellt, ohne Personen unkenntlich zu machen, könnte gegen das Recht der gefilmten Personen auf informationelle Selbstbestimmung verstoßen. Dashcams sollten also nur dafür genutzt werden, wofür sie gedacht sind: als Hilfsmittel im Schadensfall. Gegen den korrekten Einsatz einer hochwertigen Dashcam spricht also nichts. Sobald das allen Autofahrern in Deutschland klargeworden ist, dürfte eine Dashcam auch hierzulande schon bald zur Grundausstattung gehören.