Renovierung und Modernisierung im Enterprise Networking

Ein flexibles Design und mehr Leistung sprechen für Switches

22.11.1996

Die Netze sollen immer neuen, anspruchsvolleren Aufgaben und Anwenderanforderungen gerecht werden. So arbeiten die User mit bandbreitenhungrigeren Anwendungen, die immer größere Files erzeugen, die das Netz zu übertragen hat. Hinzu kommt, daß bestimmte Informationen im ganzen Unternehmen und abteilungsübergreifend verfügbar sein müssen. Außerdem möchten die Nutzer unabhängig von ihrer physikalischen Lokation und Verkabelung miteinander kommunizieren können.

Leistungsstarke Rechner und schnelle Netzkarten bieten kaum einen Ausweg aus dem Dilemma, daß eine einst moderne Netzstruktur nun chronisch überfordert ist. Steigender Datenverkehr und die intensivere Kommunikation führen deshalb häufig zu einem deutlichen Performance-Verlust im Netz.

Schon aus Kostengründen wird man jedoch zur Leistungssteigerung selten auf einen kompletten Neuaufbau des Netzes setzen. Der erste Schritt, um Performance-Verlusten gegenzusteuern, liegt in einer gezielten und planmäßigen Renovierung: Es gilt, das existierende Netz möglichst weitgehend zu erhalten und durch entsprechende Maßnahmen zu modernisieren.

Einen idealen Einstieg bieten dazu Switching-Technologien: Mit ihrer Hilfe läßt sich das gesamte Netz kostengünstig neu strukturieren. Dem Anwender kommen im Ergebnis mehr Bandbreite und somit eine höhere Geschwindigkeit zugute.

Die Vorteile der Switching-Verfahren lassen sich am einfachsten anhand der wichtigsten Eigenschaften erörtern, die diese Geräte von anderen Komponenten unterscheiden. Prinzipiell ist ein LAN-Switch eine sehr schnelle Multiport-Brücke zum Segmentieren des Netzes. Sie erlaubt die Parallelkommunikation aller Verbindungspaare. Zudem bieten Switches eine dedizierte Bandbreite, das heißt, sie stellen die gesamte Bandbreite des entsprechenden Netzes für die Dauer der Übertragung zur Verfügung. Daher spricht man hier von "Switched LANs" im Gegensatz zu "Shared LANs", die auf der Hub-Technologie basieren. Auch beim Broadcasting arbeiten Switches "dediziert": Sie leiten Broadcasts nur zu definierten User-Gruppen, Bridges jedoch an alle Ports weiter.

Die meisten Switches ermöglichen auch den Aufbau von Virtual LANs (VLANs), also die logische Zusammenfassung von User-Gruppen unabhängig von ihrer jeweiligen physikalischen Struktur. Die Implementierung von VLANs bringt mehr Flexibilität, erleichtert das Netzwerk-Management und erhöht die Sicherheit. Mit der LAN Emulation (LANE) existiert ein offizieller Standard zur VLAN-Bildung, der allerdings nur für ATM-Umgebungen gilt. Andere Lösungen sind vorwiegend proprietär und herstellerspezifisch.

Frame- und Cell-Switching, letzteres bei ATM, erlauben einen verbindungsorientierten Datenverkehr zwischen verschiedenen Netzelementen. Dank dieser Funktion muß nicht auf die Kommunikation durch ein bestimmtes Zugriffsverfahren gewartet werden, sondern der Zugriff kann praktisch "on demand" erfolgen. Das Netz läßt sich problemlos um weitere User erweitern, und die Antwortzeiten werden kürzer.

Darüber hinaus reduzieren die Switches auch die Latenzzeit im Datenverkehr. Die Latenz in einem Switched LAN ist besonders bei höherer Last deutlich geringer als in einem Shared LAN, da sie im Shared LAN stark von der Gesamtlast des Netzes beeinflußt wird. Für ein Netz mit geringer Last bringt ein Switch jedoch keine Performance-Vorteile bei der Latenzzeit, da die ein- und ausgehenden Pakete zwischengespeichert und zumindest bis zum MAC-Adreßfeld eingelesen werden müssen.

Dagegen können Switches an einem anderen Punkt die Leistung im Netz erhöhen: Sie bauen Überlasten im Datenverkehr ab. Eine Überlast kann beispielsweise dann auftreten, wenn mehrere Eingangsports simultan auf einen Ausgangsport zugreifen, der die gleiche Bandbreite besitzt. Dies läßt sich vermeiden, wenn Server oder andere zentrale Ressourcen möglichst mit einem Fast-Uplink an einen Switch angeschlossen werden.

Für die vielfältigen Einsatzgebiete der Switches im Abteilungs-Networking, in Backbone- und ATM-Netzwerken gibt es verschiedene Modelle und Typen, um die Performance im Netz zu steigern.

In Workgroup-Umgebungen ermöglichen die Switches die Erhöhung der aggregierten Bandbreite an jedem Port. Durch ein High-speed-Uplink, eine sogenannte Fat Pipe (ATM, FDDI, Fast Ethernet), kann ein Server angebunden oder über einen zentralen Backbone-Switch der Zugang zu einem High-speed-Netz realisiert werden. Bei der Auswahl von Workgroup-Switches ist auf folgende Kriterien zu achten: Pro-Port-Kosten, Möglichkeit zum High-speed-Uplink, einfache Administration und Fähigkeit zum Remote Monitoring (RMON), einfache Konfiguration sowie die Kapazität der unterstützten Adressen (pro Port und für den gesamten Switch).

Abteilungs- oder Etagen-Netzknoten verbinden Workgroups und stellen eine zentrale Verbindung zum Backbone her. Dieser Link ist jedoch oft ein leistungsbremsender Flaschenhals. Um das Netz zu segmentieren und damit schneller zu machen, setzte man hier häufig Router ein. Switching bietet dazu eine anwenderfreundliche und kostengünstige Alternative: Switches bringen die gewünschte Leistungssteigerung ohne den administrativen Aufwand und die vergleichsweise hohen Kosten eines Routers. Wie für Workgroup-Switches, so gilt auch für Abteilungs-Switches, daß sie mit mehreren High-speed-Links ausgestattet sein sollten, um verschiedene Workgroups und Server anzubinden. Darüber hinaus sollten sie ein redundantes Netzteil haben. Wichtige Merkmale für Abteilungs-Switches sind: modulares Design, Medienflexibilität (also die Unterstützung verschiedener Kabel-Typen wie UTP, STP, Fiber, Koax), Portdichte, Unterstützung verschiedener LAN-Typen (zum Beispiel Ethernet, Token Ring, ATM) im gleichen Chassis, einfache Administration und RMON-Fähigkeit, Kapazität der unterstützten Adressen (pro Port und für gesamten Switch), Filter- und Routing-Funktionalität sowie Migrationsfähigkeit zu ATM.

Das Backbone ist das Herz des Netzwerks. In ihm laufen der Verkehr der verschiedenen Segmente und der Server, die über mehrere Segmente hinweg genutzt werden, zusammen. Da das Backbone die gesamte Leistung des Datennetzes entscheidend beeinflußt, ist es wichtig, daß hier ausreichende Bandbreiten verfügbar sind. Bei Switches im Backbone-Bereich ist auf folgende Funktionen zu achten: fehlertolerantes Design, Austauschmöglichkeit bei laufendem Betrieb, Kapazität der unterstützten Adressen pro Switch, hohe Portdichte, ATM-Fähigkeiten und Migrationsmöglichkeiten zu ATM, Medienflexibilität (UTP, STP, Fiber, Koax), Backplane-Architektur sowie Filter- und Routing-Funktionalität.

Hier ein Beispiel, wie mit dem Einsatz von Switches eine typische "traditionelle" LAN-Konfiguration modernisiert werden kann. In einem LAN hat jede einzelne Abteilung ihr eigenes Shared LAN als Kollisionsdomäne und ihren eigenen File-Server. Meistens greifen User innerhalb der Abteilung auf diesen File-Server zu. Wenn Zugang zu unternehmensweiten Ressourcen gewünscht wird, muß über den Enterprise-Backbone und den Router zum Beispiel auf Datenbanksysteme eines Unix-Rechners gegangen werden (siehe Abbildung 1).

Ersetzt man jetzt die geroutete Backbone- durch eine dedizierte geswitchte Struktur, müssen sich nicht mehr alle Ressourcen, die im Backbone lagen, die gleiche Kollisionsdomäne teilen, das Netz läßt sich den konkreten Anforderungen entsprechend flexibel umbauen: Bestimmte Power-User können dedizierte Bandbreite erhalten, andere können im bisherigen Shared LAN bleiben. Oder Abteilungs-Server können zur besseren, zentralen Verwaltung mit dedizierter Bandbreite in eine Server-Farm wandern (siehe Abbildung 2).

Eine weitere Möglichkeit, die Performance im Netz zu erhöhen, ist die Migration auf Asynchronous Transfer Mode (ATM) und der Einsatz von ATM-Switches. Mit ATM können skalierbare Bandbreiten in großem Ausmaß verwendet werden. Ein weiterer Pluspunkt von ATM liegt in der Performance. Das Verfahren unterstützt im Full-Duplex-Modus Geschwindigkeiten von 1,5 Mbit/s bis 622 Mbit/s und mehr, während bei konventionellen High-speed-Technologien - sieht man vom angekündigten Gigabit Ethernet ab - die Grenze derzeit bei 100 Mbit/s erreicht ist.

Zukunftssicherer Migrationspfad

Der Hauptnutzen von ATM besteht deshalb wohl in der Erhöhung der Transferraten im Backbone-Bereich und der direkten Anbindung von Power-Usern. Ein Collapsed-Backbone-Switch im ATM-Zentrum eignet sich beispielsweise aufgrund seiner Flexibilität auch für die Integration anderer LAN-Technologien. Da ATM-Verkehr nahtlos vom LAN ins WAN übergeleitet werden kann, gewährleistet diese Lösung auch für künftige Erweiterungen des Netzwerks einen Investitionsschutz. Für die Anschaffung eines ATM-Switches sind folgende Kriterien von Bedeutung: Speichermethode und -kapazität der Zellen, Varianz in der Auswahl der ATM-Module, maximale Anzahl der Ports, Übereinstimmung mit geltenden Standards, Verkehrs- und Überlastkontrolle, Redundanz, VLAN-Unterstützung sowie Design der Switch-Fabric.

Die Migration eines konventionellen Netzwerks auf ATM-Technologie könnte in etwa folgendermaßen aussehen. Ausgangslage ist ein Unternehmensnetz, in dem die einzelnen Etagen eigene Kollisionsdomänen besitzen und mit einem High-speed Backbone verbunden sind. Es werden nun neue Anwendungen eingeführt, die viel zusätzliche Bandbreite erfordern, wie neue File-Backup-Systeme, Multimedia, Bildverarbeitung oder verteilte Anwendungen, was dazu führt , daß die gesamte Netz-Performance stark sinkt.

Mit der Einführung von ATM erhält dieses Unternehmen einen skalierbaren, zukunftssicheren Migrationspfad. Desktop-Lösungen können bei geswitchten 25 Mbit/s beginnen und in einen High-speed-Backbone übergehen, dessen Bandbreite sich bei Bedarf einfach erhöhen läßt. Die Integration eines konventionellen Ethernet- oder Token-Ring-Netzes ist mit der LANE zu bewerkstelligen. Zu zentralen Netzressourcen können mit ATM über Full-Duplex 155 Mbit/s und in Kürze mit 622 Mbit/s schnellere Verbindungen als je zuvor aufgebaut werden. Dabei ist die verbindungsorientierte Übertragung von ATM ideal für Echtzeitanwendungen und besondere Sicherheitsfunktionen geeignet.

Switching-Technologien bieten vielfältige Möglichkeiten, bestehende Netze aufzurüsten, zu modernisieren und die Leistung den Anforderungen entsprechend gezielt zu steigern. Switches sind in der Regel nicht nur kostengünstiger, sondern auch flexibler und vielfältiger in ihrer Funktionalität und darüber hinaus einfacher in Bedienung und Management.

Kriterien

für Workgroup-Switches:- Pro-Port-Kosten- High-speed-Uplink- Management- und RMON-Fähigkeit- Einfache Konfiguration- Kapazität der unterstützten Adressen (pro Port und für gesamten Switch)

für Department-Switches:- Modulares Design- Medienflexibilität (UTP, STP, Fiber, Koax)- Portdichte- Unterstützung verschiedener LAN-Typen (Ethernet, Token Ring, ATM) im gleichen Chassis- Management- und RMON-Fähigkeit- Kapazität der unterstützten Adressen (pro Port und für gesamten Switch)- Filter- und Routing-Funktionalität- Migrationsfähigkeit zu ATM

für Backbone-Switches:- Fehlertolerantes Design- Austauschmöglichkeit bei laufendem Betrieb- Kapazität der unterstützten Adressen pro Switch- hohe Portdichte- ATM-Fähigkeiten- Medienflexibilität (UTP, STP, Multimode- und Singlemode-Fiber, Koax)- Backplane-Architektur- Filter- und Routing-Funktionalität

für ATM-Switches:- Speichermethode und -kapazität der Zellen- Varianz in der Auswahl der ATM-Module- Maximale Anzahl der Ports- Kompatibilität mit Standards- Verkehrs- und Überlastkontrolle- Redundanz- VLAN-Unterstützung- Design der Switch-Fabric

Angeklickt

Mit neuen Anwendungen im Netz, wie beispielsweise Multimedia, steigt auch die Notwendigkeit, mehr Bandbreite zur Verfügung zu haben. Eine interessante Alternative zum Neuaufbau des Unternehmensnetzes stellt der Einsatz von Switches dar. Diese Komponenten bieten dem Anwender hohe Performance und leichte Konfigurierbarkeit. Außerdem sind sie in der Regel kostengünstiger als Bridges oder Router. Möglichkeiten zur Verwendung von Switches gibt es im Workgroup-, Department-, Backbone- und ATM-Bereich. Bei der Wahl der richtigen Lösung gilt es aber, einige wichtige Kriterien zu beachten.

*Thomas Häckel ist Product Manager bei ACI Anixter Communication & Integration in Murr bei Stuttgart.