Ein bisschen Status quo, aber wie, aber wo? Dieter Eckbauer

18.11.1994

Mainframes sind out? Die vielen BS2000-Kunden weltweit wuerden Ihnen was erzaehlen." - So beginnt eine Anzeige der Siemens-Nixdorf Informationssysteme AG. Was will uns diese Werbung sagen? Eine moegliche Annahme: Die Zahl der Anwender, die Mainframes moegen, ist groesser, als Fachjournalisten moechten. Wir haben verstanden. Aber wird nun ein BS2000-Boom ausbrechen? Nicht ganz auszuschliessen. Die SNI-Zahlen (Seite 11) beweisen jedoch eher das Gegenteil. Mit Erklaerungen haelt sich der neue SNI-Chef Gerhard Schulmeyer nicht auf - er will die Unternehmenskultur aendern. Good luck! Freilich kann man SNI auch entgegenhalten: Die Zahl der Anwender, die Abhaengigkeit von den Herstellern moegen, ist kleiner, als deren Marketiers moechten.

Die Verwendung des Woertchens "man" deutet auf eine Schwierigkeit hin: Mit Anwender-Testimonials dieses Inhalts kann die CW leider noch nicht sehr haeufig aufwarten - klar, dass sich damit auch keine BS2000-Anzeigen gestalten lassen. Der Verhaltenskodex in der DV- Welt enthaelt zwar keinen Maulkorbparagraphen, doch wurden die Konzepte der "Haupt"-Lieferanten, der "Mainframer", von den Kunden bis vor kurzem mehr oder weniger kritiklos uebernommen. Es war ueblich, sich in eine technische Argumentation zu fluechten, unternehmens- und wettbewerbspolitische Fragen im Zusammenhang mit dem IT-Einsatz auszuklammern, zumindest nicht oeffentlich zu diskutieren.

Das hat sich geaendert. "Wir kommen heute mit zentralen Systemen nicht mehr weiter", beschreibt etwa Michael Rudolphi von Diebold den Status quo (Seite 1). Der amerikanische IT-Experte Paul Strassmann formuliert es in seinem neuen Buch "The Politics of Information Management" noch haerter: Als Folge der Wiederverwendbarkeit von Software und des enorm verbesserten Preis-Leistungs-Verhaeltnisses bei der Hardware muessten die IT- Kosten deutlich gesenkt werden koennen, "sonst stimmt etwas bei Ihnen nicht", so der Autor an die Adresse der IS-Manager.

An solche Toene werden sich die IS-Verantwortlichen gewoehnen muessen. Sie sind aufgerufen, politische Anworten auf technische Fragen zu geben, pointiert Stellung zu beziehen, was die neue Rolle der Informationstechnik fuer das jeweilige Anwenderunternehmen betrifft. Der grundlegende Wandel liegt darin, dass den IS-Managern eine Sonderrolle nur noch insofern zukommt, als sie das Tempo der erforderlichen informationstechnischen Veraenderungen bestimmen koennen. Das boese Wort von den Bremsern kehrt sich erstmals gegen sie.

Darin liegt aber auch eine grosse Chance. Darauf weist der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Kenneth Preiss hin (Seite 7): "In vielerlei Hinsicht halten sie (die IS-Manager) die Schluessel in Haenden, mit denen Firmen in der Lage sind, den Uebergang zu einem wandlungs- und damit konkurrenzfaehigen Unternehmen zu schaffen." Wenn die optimale infrastrukturelle Loesung in einer Mainframe-Implementierung liegt, ist dagegen nichts einzuwenden. Wir fuerchten nur, dass eine SNI-Werbung, die die Mainframe-Kritiker verhoehnt, etwas ganz anderes meint.