Hoch vom Gelben Wagen:

Ein bißchen menschlicher Verstand

28.03.1978

"Nun ist der Sinn der Arbeit eine Größe, die nur schwer zu quantifizieren ist. Ein Computer, der den besten Arbeitsablauf errechnet, kann mit ihm nur wenig anfangen. Das Ergebnis seiner Berechnung mag unter allen möglichen Gesichtpunkten effektiv und wissenschaftlich sein, wenn der Mensch eben eine Größe wäre, die sich in sein Programm bruchlos einfügte. Ich glaube aber, daß sich der Mensch auf die Dauer nicht als eine Computergröße behandeln läßt. Wir sollten bei der Organisation unserer Arbeit nicht gar zu vertrauensseelig den Computern glauben. Ein bißchen menschlicher Verstand ist ihnen manchmal doch noch überlegen - vor allem, wenn es um Menschen geht."

"Ich will nicht zurück zur Axt und zur Laubsäge. Das Ziel der Zukunft ist, alle Arbeit so zu organisieren, daß sie der Würde des Menschen entspricht. Das verlangt das Grundgesetz. Ich glaube, wir können dieses Ziel erreichen, wenn wir ihm die höchstentwickelte Technik dienstbar machen. Die moderne Datenverarbeitungstechnik und Mikroelektronik eröffnen uns hier neue Möglichkeiten, von denen vor 20 Jahren noch niemand zu träumen wagte. Ich glaube nicht, daß diese großartigen Möglichkeiten schon überall erkannt und genutzt werden. Wir sollten deshalb unsere Forschungsanstrengungen und Innovationskräfte auf das Ziel würdiger menschlicher Arbeit richten. Ich bin davon überzeugt, daß genau hier große Wachtstumschancen für die Industrieländer liegen."

(Bundespräsident Walter Scheel am 11.3.78 bei der Eröffnung der Münchner Handwerksmesse.)