Noch wenig attraktive Angebote für private Anwender:

Eidgenossen beschäftigen sich mit Videotex

21.09.1984

BASEL (sg) - Vom 6. bis 7. September 1984 ging im Europäischen Welthandels und Kongreßzentrum der Schweizer Mustermesse der Zweite Schweizerische Videotex-Kongreß über die Bühne. Er befaßte sich hauptsächlich mit den internationalen Perspektiven von Videotex. Auf dem Kongreß referierten nahezu zwei Dutzend Experten aus den USA, Frankreich, Österreich und der Bundesrepublik.

Auf dem Kongreß unter dem Motto "Videotex kommt" waren in- und ausländische Anbieter für Geräte, Programme und Dienstleistungen mit einer Ausstellung vertreten. Daneben standen zwei große Panel-Gespräche auf dem Programm: "Videotex - wer profitiert" und "Braucht die Schweiz Videotex?". Hierzu hatten sich rund 400 Teilnehmer gemeldet, die sich teilweise auch kritisch äußerten.

Zielgruppe waren vor allem professionelle Benutzer, die sich in absehbarer Zeit mit Videotex beschäftigen müssen, das heißt, Vertreter der Wirtschaft sowie DV- und Kommunikationsfachleute. Private Anwender gingen bei diesem Videotex-Kongreß wieder einmal leer aus. Für sie gibt es - von Ausnahmen abgesehen - noch wenig attraktive Angebote.

Die Videotex-Technik scheint sich denn auch mehr und mehr auf die eigentlichen Märkte, wie zum Beispiel auf die professionellen Informationslieferanten, als auf die der Benutzer zu konzentrieren. In der Ausstellung mit rund 50 Geräteherstellern, Betreibern von Datenbanken, dem Datentransporteur PTT, Videotex-Agenturen und dergleichen Dienstleistungsbetriebe, konnten sich Lieferanten und Benutzer über den neuesten Stand der Technik informieren. Hier zeigte sich, daß die Kenner der Videotex-Szene den Basler Kongreß offensichtlich zunehmend wichtiger nehmen. Welche Bedeutung Videotex inzwischen auch für die Region erhalten hat, zeigte unter anderem der von der Basler Handelskammer ausgeschriebene "Goldene Monitor", der als offizieller Video-Preis dieses Jahres zum ersten Mal vergeben wurde.

Die Erwartungen sind bescheidener

Während man in der Bundesrepublik bis zum Jahre 1987 bereits von einer Million Btx-Teilnehmern auszugehen hofft, gibt man sich dagegen in der Schweiz in seinen Erwartungen, was die absoluten Zahlen betrifft, etwas bescheidener. Hier wäre man nach den Worten des PTT-Generaldirektors R. Trachsel schon zufrieden, wenn man bis zum Jahre 1990 um die 100 000 Btx- beziehungsweise Videotex-Kunden zählen könnte.

Derzeit fühlt man sich trotz kleiner Pannen beim Start zum zweiten Videotex-Kongreß wenigstens gut gerüstet. Eine wichtige Rolle spielt hier, die im vollen Betrieb stehende Videotex-Zentrale in Bern, die nach dem jetzt beginnenden Ausbau vorerst 3000 Teilnehmer bedienen wird. Die Zentrale ist aus der ganzen Schweiz über eine einheitliche Telefonnummer mit einheitlicher Taxierung für den Nahverkehr erreichbar. Eine zweite Zentrale ist in Zürich installiert und befindet sich in der Testphase. Sie soll im Frühjahr 1985 den Betrieb aufnehmen, womit auch der Rechnerverbund realisiert wäre.

Rund 500 Benutzer sind heute mit ihren Modems und Endgeräten angeschlossen. Die Taxen- und Gebührenstrukturen sind so festgelegt, daß der Bezieher neben den Nahverkehrsgebühren monatlich je nach Modem-Modell 12 bis 20 Franken bezahlen muß. Dieser Preis liegt unter den Selbstkosten der PTT. Für die Informationsanbieter, deren Zahl bis zum Ende dieses Jahres 150 betragen soll, wird vorläufig auf die Verrechnung der Telepac-Gebühren verzichtet.

Gegenwärtig sind zwölf Datenbanken angeschlossen und über die Videotex-Zentrale erreichbar. Die 2000 Teilnehmer am Betriebsversuch in Zürich und Lausanne werden in enger Zusammenarbeit mit den Informationsanbietern bestimmt. Mindestens 1000 weitere Anschlüsse sind in der restlichen Schweiz möglich.