BT, NTT und Telekom planen Joint-venture

EG-Kommission will Monopole der PTTs stärker beschränken

19.04.1991

BRÜSSEL / BONN (CW) - Auf dem Weg zum europäischen Binnenmarkt 1993 muß in Sachen TK-Liberalisierung noch viel geschehen. Während die EG-Kommission fest entschlossen ist, für mehr Wettbewerb zu sorgen, versuchen die PTTs, ihre Monopolstellungen weiterhin zu behaupten, sehen sich aber auch nach neuen Standbeinen um.

Die Brüsseler Eurokraten haben den Kampf für mehr Wettbewerb im TK-Sektor noch nicht aufgegeben. Sie arbeiten weiter daran, die Bestimmungen für die PTTs zu verschärfen, um deren verbliebene Monopole aufzubrechen. "Der Binnenmarkt kann ohne Wettbewerb in den grundlegenden Infrastrukturen wie Telekommunikation und Energie nicht vollendet werden", betonte EG-Vizepräsident Sir Leon Brittan. Wo Regierungen einigen wenigen Unternehmen Monopolstellungen einräumten, könne es, so der Politiker, keine effektive Konkurrenz und keinen freien Handel geben.

Die Kommission will künftig verlangen, daß privilegierte Stellungen von Unternehmen, die sie vor Wettbewerbern schützen, zu rechtfertigen sind. Nach Aussage von Brittan sollen Monopole nur noch dann genehmigt werden, wenn sie für öffentliche Dienstleistungen, die der Markt nicht leisten könne, unabdingbar seien. Der für Wettbewerbsfragen zuständige Kommissar verwies in diesem Zusammenhang auf die kürzlich von der EG-Behörde geforderte Aufhebung der Im- und Exportmonopole im Versorgungsbereich Strom und Erdgas.

Um die seit 1988 eingeleitete Liberalisierung im Telecom-Bereich voranzutreiben, sei bei der Realisierung der Konzepte eine stärkere Harmonisierung in der Technik notwendig, räumte der Top Beamte ein. Knackpunkte aus Sicht der Anwender sind in dieser Hinsicht vor allem die in Teilbereichen schlecht abgestimmten Schnittstellen der nationalen PTTs sowohl innerhalb Europas als auch zu Netzen in Übersee. Darüber hinaus kritisieren die Verbraucher zwei weitere Punkte: einmal das Verbot, private Netze mit öffentlichen, mit Ausnahme von Großbritannien, koppeln zu dürfen, zum anderen die weiterhin bestehende strikte Trennung zwischen Daten und Sprache.

"Wir machen Fortschritte, sind von der endgültigen Realisierung aber noch weit entfernt", beschreibt George McKendrick, Direktor der International Telecommunications User Group, die gegenwärtige Situation der Liberalisierung in Europa. Für den Anwender seien die Zustände in den USA sowie im UK wegen des Wettbewerbs und der Kombination privater und öffentlicher Netze geradezu paradiesisch.

Aus technischem Blickwinkel gesehen, ist die Trennung von Sprache und Daten ebenfalls nicht mehr gerechtfertig. Da alle europäischen Länder mittlerweile auf digitaler Basis arbeiten, besteht längst kein Grund mehr, Dienste für Daten, Sprache, Video und Fax voneinander zu trennen. Für Unternehmen ist es deshalb besonders ärgerlich und wenig effektiv, für mehrere Leitungen zahlen zu müssen, um unterschiedliche Formen des Netzwerk-Verkehrs realisieren zu können.

Kampf um Wettbewerbsvorteile

Obwohl, von der British Telecom abgesehen, alle PTTs der EG-Staaten in ihrem Sprachmonopol zunächst noch unberührt sind, ist doch die Tendenz erkennbar, sich rechtzeitig Wettbewerbsvorteile zu sichern. Jüngstes Beispiel: British Telecom, Nippon Telegraph and Telephone und die Telekom wollen ein Gemeinschaftsunternehmen gründen, das die internen Telefonnetze großer Konzerne in deren Auftrag betreiben und unterhalten soll.

Nach bisher von der Telekom weder bestätigten noch dementierten Meldungen wird BT mit 48 Prozent, NTT und die Telekom jeweils mit 26 Prozent an dem Joint-venture beteiligt sein. Die drei Partner hegen dabei das ehrgeizige Ziel, den gesamten Weltmarkt abzudecken. Die Briten sollen den Gerüchten zufolge den amerikanischen und zusammen mit der Telekom den europäischen Markt abdecken, während sich NTT auf den asiatischen konzentrieren will. Leitungen außerhalb von Japan, dem UK und Deutschland sollen von den jeweiligen Landesgesellschaften angemietet werden.

Allerdings stehen hinter dem Projekt noch Fragezeichen. Zum einen ist es NTT bisher gesetzlich verboten, außerhalb des Reichs der aufgehenden Sonne Dienste zu vermarkten.

Außerdem wird in Europa eine kartellrechtliche Beschwerde der France Telecom gegen das Vorhaben erwartet. Schließlich ist damit zu rechnen, daß andere Unternehmen wie AT&T ähnliche Pläne in der Schublade haben.