Politiker fordern DV-Förderprogramm der zweiten Generation

EG-Kommission legt Entwurf zur europäischen IT-Strategie vor

29.03.1991

BRÜSSEL (IDG) - Der Vorschlag der EG-Kommission zur künftigen europäischen IT-Strategie steht kurz vor der Veröffentlichung. Der Entwurf zeichnet nicht nur ein düsteres Bild der DV-Industrie, sondern enthält auch einen Maßnahmenkatalog zur Veränderung der prekären Lage, in dem Programme zur Stimulation der Nachfrage, zur verbesserten Ausbildung und nicht zuletzt eine EG-weite Industriepolitik gefordert werden.

Die Autoren gehen von einer äußerst schwachen europäischen Position im IT-Sektor aus. So sank die Selbstversorgungsrate für diesen Bereich von 1984 bis 1989 von 70,6 auf 68,9 Prozent. Die einzigen Lichtblicke in diesem Szenario bieten die europäische Software-Industrie, die 30 Prozent des Weltmarktes beliefert, sowie die gute Position der Europäer bei elektronisch gesteuerten Werkzeugmaschinen, wo sie einen Weltmarktanteil von 53 Prozent halten.

Diese Zahlen werden durch die Betrachtung einzelner Konzerne ergänzt. Demnach ist der Bereich der Mikroelektronik eindeutig von japanischen und amerikanischen Halbleiterproduzenten beherrscht. Philips, SGS Thomson und Siemens die drei größten europäischen Chip-Hersteller - kämen zusammen lediglich auf einen Weltmarktanteil von 8,5 Prozent, ein Wert, den der größte Produzent, NEC, allein erreicht. Das gleiche gelte für die Computerhersteller: Auf dem europäischen Markt sei der Anteil von IBM höher als der von Siemens, Bull, Olivetti und Philips zusammen.

Aus dieser Situation erwächst, so der Entwurf, eine "sehr ernst zu nehmende Abhängigkeit und Schwäche" der europäischen IT-Industrie. Die EG-Kommission schlägt deshalb einen Fünf-Punkte-Plan vor, der Abhilfe schaffen soll:

- Um die Nachfrage zu erhöhen, sollen Pläne für transeuropäische Telekommunikations und Energieversorgungsnetze aufgelegt werden.

- Die Technologie will man durch ein "Förderprogramm der zweiten Generation" vorantreiben, das sowohl Forschung und Entwicklung als auch Technollgieprogramme sponsern soll.

- Die Ausbildung soll verbessert werden, weil ein Defizit Sowohl die Entwicklung als auch den Gebrauch neuer Techniken erheblich einschränke. Unter anderem müsse, So die Autoren, ein Netzwerk geschaffen werden, daß die Forschungsteams aus Wissenschaft und Industrie in der gesamten Gemeinschaft miteinander verbinde.

- Außerdem wird in dem Entwurf ein besserer Zugang zu den außereuropäischen Märkten USA, Japan und Südkorea gefordert. Darüber hinaus sollen die EFTA-Staaten und die osteuropäischen Länder in eine großräumige europäische Handelslandschaft einbezogen werden.

- Schließlich will man bessere finanzielle Rahmenbedingungen für die IT-Industrie schaffen, die etwa auf Steuererleichterungen für Firmen hinauslaufen, die verstärkt Forschung und Entwicklung betreiben.

Von Anti-Dumping-Zöllen halten die Autoren der Studie dagegen nicht allzu viel, weil es die Industrie bislang versäumt habe, aus diesen Maßnahmen die angestrebten Vorteile zu ziehen. Sie wollen vielmehr diese wirtschaftspolitischen Werkzeuge in eine global ausgerichtete Industriepolitik integrieren.