Brüssel stimmt nach einem Jahr zu

EG-Kommission billigt staatliche Subventionen für die Groupe Bull

10.07.1992

BRÜSSEL (CW) - Der französische Computermulti Bull darf sich auf eine saftige staatliche Finanzspritze freuen. Die Brüsseler EG-Kommission, die das Ansinnen der französischen Regierung mehr als ein Jahr lang unter dem Aspekt der Wettbewerbsverzerrung prüfte, gab jetzt grünes Licht.

Insgesamt kommt der angeschlagene Computerhersteller aus Paris damit in den Genuß von 6,68 Milliarden Franc (umgerechnet zirka zwei Milliarden Mark) Subventionen Davon fließen rund vier Milliarden Franc als frisches Kapital in das Unternehmen, die restlichen 2,68 Milliarden Franc sind Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen. Aus Brüssel verlautete dazu, aufgrund des umfangreichen Restrukturierungsprozesses kollidierten die staatlichen Beihilfen für Bull nicht mit den Wettbewerbsbestimmungen der EG. Darüber hinaus, so erklärte ein Sprecher, habe Bulls Entscheidung, die IBM mit 5,68 Prozent einsteigen zu lassen, wesentlich zu der jetzt erfolgten Billigung der Gelder durch die Kommission beigetragen.

In den Reihen der Groupe Bull wurde der Brüsseler Beschluß positiv aufgenommen. In Großbritannien hingegen stieß die Entscheidung der Kommission auf Unverständnis. Michael Heseltine vom britischen Handels und Industrieministerium zeigte sich nicht nur enttäuscht, sondern verkündete in einer schriftlichen Stellungnahme: "Beihilfen solcher Größenordnungen haben zwangsläufig einen ernstlichen wettbewerbsverzerrenden Effekt in diesem Sektor." Eine Vielzahl von Bulls Mitbewerbern wie beispielsweise ICL - die Fujitsu-Tochter hatte sich im vergangenen Jahr in einem Schreiben an EG-Vizepräsidenten Leon Brittan gegen die Staatsbeihilfe für Bull ausgesprochen - , müßte ähnliche Restrukturierungen durchführen, diese aber aus eigenen Ressourcen finanzieren. Die Entscheidung der EG-Kommission werde nun andere Unternehmen ermutigen, ihre jeweilige Regierung um Subventionen zu ersuchen.