Arzneimittelvertrieb Reichelt in den Miesen:

EDV-Konzept ruiniert Pharmahändler

13.05.1977

HAMBURG/NÜRNBERG - Nur 300 Realtime-Millisekunden dauerte es, bis mit PAS 1 im Honeywell-Univac-Kombinat der Hamburger Arzneimittelgroßhandlung F. Reichelt AG 300 Aspirin in die Artikel-Datei geschrieben waren: 24 Monate ab Implementierung dauerte es, bis der Vorstand mit diesem Computer-Verbund der Nobelaktie Reichelt mit 12,05 Millionen Mark Betriebsverlust (1976) sogar die Börsenaussetzung bescherte.

11 für (angeblich) 2,5 Millionen Mark gekaufte Systeme Honeywell 716 (32 K Worte) (siehe Netzplan) hingen via 11 4800 Baud Standleitungen an einer gemieteten Univac 90/60 (327 K), die "mit monatlich 80 000 Mark für Reichelt einfach zu teuer war", so ein Univac-Sprecher. Während der alte Reichelt-Vorstand vorzeitig Abschied nahm, blieb Univac im Geschäft mit dem Pharmagroßhändler: Vier Sperry Univac 90/30 mit je 3 Plattenspeichern 8418, je einem Schnelldrucker 0773, einem Lochkartenleser 0717 und 16 Uniscope 100 Datensichtstationen (Mietwert dieser Konfiguration inklusive Wartung 30 500 Mark) sollen mit dem Univac Softwarepaket Unipharm bei Reichelt erreichen, was mit dem Pharma Auftragserfassung System 1 von Honeywell (Honeywell-Werbung: "Dieses System sucht seinesgleichen, ohne es zu finden") nicht zu realisieren war: Einen kostengünstigen EDV-Verbund zwischen den Reichelt-Filialen und der Zentrale herstellen.

Aufmerksam verfolgt die Branche, daß der neue Großaktionär des einstigen Hamburger Renommier-Unternehmens, die Nürnberger Pharmagroßhandlung Stumpf AG, das hauseigene Konzept, das auf System /3 eingeschworen ist, nicht für das Reichelt-Netz adaptieren konnte. Nach Univac-Meinung liegt dies daran, daß das System /3 nicht leistungsfähig genug für : den Datenanfall in den Reichelt-Filialen ist.