EDV im Personalbereich macht neue Planungsphilosophie erforderlich

20.09.1978

Mag. Dr. Manfred Pils ifbi Instititut für Fertigungswirtschaft und

Bertiebsinformatik der Universität Linz.

Die zunehmende Computerisierung betrieblicher Aufgaben greift sichtbar mehr und mehr auf den Personalbereich über. In den Unternehmensleitungen wird man zunehmend auf faszinierende Wörter wie "Personalinformationssystern" oder "EDV-gestützte Personalplanung" aufmerksam. Dies führte schon vor einigen Jahren dazu, daß Computerhersteller, Softwarehäuser und Beratungsunternehmen hier ein lohnenswertes Marktpotential erkannten und mit entsprechenden Produkten auf den Markt kamen. Wie sieht es aber mit der Realisierung derartiger Personalinformationssysteme aus?

Die meisten der in der Praxis verwirklichten Personalinformationssysteme sind derzeit über Personalabrechnungssysteme nicht wesentlich hinausgekommen. Sie verdanken ihr Entstehen den einschlägigen Rechtsvorschriften zur Führung von Personal- und Arbeitsplatzdaten. In den Betrieben liegen diese Daten ohnedies in formularisierter Form bereits vor. Beispiele dafür sind Lohnkonto, Personalkartei oder Beurteilungsbogen. Die hauptsächlich auf diesen Daten beruhende Computerunterstützung (vor allem die Lohn- und Gehaltsabrechnung, diverse Statistiken und Berichte über meldepflichtige Vorgänge) wird vielfach übertriebenerweise als Personalinformationssystem bezeichnet. Die realisierten Systeme haben jedoch nur einen sehr kleinen Teil der Personalarbeit in die Computerunterstützung einbezogen. Ein großer Teil dessen, wovon in den "modernen" Konzepten des Computereinsatzes im Personalbereich die Rede ist, zum Beispiel das Führen von detaillierten Persönlichkeits- und Arbeitsplatzprofilen oder der Einsatz ausgefeilter Methodenbanken, ist dagegen nicht verwirklicht worden.

Einzelne Unternehmen, die in Richtung auf die EDV-gestützte Personalplanung schon weiter fortgeschritten sind, wissen ihr Leid über die Schwierigkeiten zu klagen, mit denen die Planer und Benutzer derartiger Systeme konfrontiert werden. Diese Schwierigkeiten verhindern ein zügiges Fortschreiten der Computerisierung der Personalarbeit.

Die Ursache dafür liegt darin, da Aufgaben, wie das Ermitteln

des Bedarfs, das Beschaffen, das Einsetzen, das Entwickeln, das Erhalten und das Freistellen von Mitarbeitern, nur dann erfolgreich computerunterstützt werden können, wenn man von einer völlig neuen Planungsphilosophie ausgeht, die für einen Großteil der Systemplaner noch nicht geläufig genug ist. Nur allzu oft geht man zu sehr davon aus, welche Daten EDV-technisch erfaßbar und durch Algorithmen verarbeitbar sind. Im Personalbereich ist man jedoch mit einer derartigen Planungsphilosophie sehr bald am Ende.

Personalinformationssysteme, die mehr sind als Abrechnungssysteme, müssen zuallererst dem im Betrieb tätigen Menschen und dessen Aufgaben angepaßt sein, in dem sie unter anderem das Verhalten der "verplanten" Mitarbeiter stärker einbeziehen und auf soziale Gruppen sowie informelle Informationskanäle Rücksicht nehmen.

Der Grundsatz, nämlich daß ein Informationssystem dem Planungsgegenstand angepaßt werden muß, ist durchaus nicht so selbstverständlich, wie man meinen könnte. Bei einer Analyse sogenannter moderner Konzepte von Personalinformationssystemen zeigen sich gerade in diesem Punkt bedeutende Schwachstellen.

Man muß sich damit abfinden, daß die Entwicklung des EDV-Einsatzes im Personalbereich langsamer und behutsamer erfolgen muß, als man dies bei anderen betrieblichen Bereichen gewohnt ist. Zu viele Fragen sind zu klären, zu viele bleiben derzeit noch offen, obwohl deren Lösung für einen "menschlichen" Einsatz des Werkzeuges Computer bei der Personalarbeit erforderlich wäre.

Als einige Beispiele seien kurz die folgenden Schlagwörter genannt: mangelnde, Abbildbarkeit von Menschen in Dateien, fehlende Datenfindungsmethoden, Arbeitsstrukturierung der Arbeitsplätze in den Personalabteilungen, rechtliche Probleme, wie Datenschutz und sozialpolitische Probleme, wie tatsächliche oder befürchtete Machtverschiebungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern durch den Einsatz von EDV-Systemen im Personalbereich.

Als wesentlich für die Anpassung der EDV-Unterstützung an die Eigenheiten des Menschen, der einerseits Planer und andererseits Verplanter ist, sollte der Grundsatz der offenen Systeme gelten. Dieser besagt, daß Personalinformationssysteme nie von dem Anspruch ausgehen dürfen, vollständig zu sein, im Sinne der Erfassung, Speicherung und Verarbeitung aller die Mitarbeiter betreffenden Daten. Bewußt soll auch nur ein Teil der personalwirtschaftlichen Aufgaben in die EDV-Unterstützung einbezogen werden.

Diese Gedanken zu einer neuen Planungsphilosophie werden noch deutlicher, wenn man sich andere EDV-Anwendungsgebiete vorstellt, für die ebenfalls Menschen im Vordergrund stehen. Denken wir beispielsweise an ein medizinisches Krankenhaus-Inforrnationssystem. Unumstritten ist, daß die Heilung von Patienten hier als Grunderfordernis gilt, an dem nicht gerüttelt werden darf. Niemals würden wir einem Menschen aus Wirtschaftlichkeitsgründen die erforderliche Behandlung verweigern, oder der ärztlichen Diagnose nur jene Daten zugrundelegen, die mittels einer bestimmten, Technologie erfaßt werden können.

Analog zum Arzt, in unserem Beispiel, muß auch dem sachverständigen Personalplaner oder dem mit Personalangelegenheiten befaßten Vorgesetzten weiterhin die dominierende Rolle in dem sensiblen Bereich der Personalarbeit verbleiben. Die Hilfsfunktion des Computers wird nirgends so deutlich wie hier.

Bei der hier angedeuteten Gest(...)tungsphilosophie nehmen als(...) Wirtschaftlichkeit und insbesondere die EDV-Technologie einen veränderten Stellenwert ein: Die wichtige Frage nach der Wirtschaftlichkeit der über Abrechnungsaufgaben hinausgehenden EDV-Unterstützung im Personalbereich darf nicht auf Kosten der Humanisierungserfordernisse in diesem Bereich gelöst werden. Das Ausmaß der Wirtschaftlichkeit und der Humanisierung, der EDV-Unterstützung der Personalarbeit soll schließlich davon in erster Linie abhängig sein, was EDV-technologisch möglich ist. Richtig ist vielmehr deru mgekehrte Weg: Bei der Lösung der EDV-technologischen Probleme ist der durch Humanisierungs- und Wirtschaftlichkeitserfordernisse

gegebene Rahmen einzuhalten.

Nähere Informationen enthält das in Kürze erscheinende Buch von L. 3. Heinrich und M. Pils: Betriebsinformatik im Personalbereich - Die Planung co(...)tergestützter Personaliformationssysteme, Physica Verlag Würzburg/Wien 1978.