EDV-Budgetierung nach strategischen Anforderungen

22.06.1979

Von Professor Dr. Norbert Szyperski und Frank Kolf Universität zu Köln*

"Prediction is very difficult - especially where the future is involved." (Nach Frank Heath, Director of Corporate management systems, Course-Hinds Company, Syracuse, N. Y.)

Planung ist zukunftsgerichtet, aber nicht mit Prognosen zu verwechseln. Planerisches Bemühen um operative Prozesse hilft, diese wirksamer und wirtschaftlicher zu machen, schützt aber nicht vor an sich zwar effizienten Aktivitäten, die auf strategisch falschen "Kriegsschauplätzen" vorangetrieben werden. Nur strategische Analysen und Konzeptionen können helfen, trächtige Entwicklungspotentiale abzustecken. Nicht was kommen dürfte, sondern was die Unternehmung zweckmäßigerweise wollen sollte, steht im Vordergrund. Strategische Eckwerte für die eigene Entwicklung sind zu setzen. Dies gilt im zunehmenden Maße auch für die Entwicklung der Informationssysteme. Strategische Informations-System-Planung (SISP) ist Teil eines umfassenden strategischen Managements und verlangt unter anderem nach einer Integration in die umfassende Entwicklungsplanung für die Gesamtunternehmung. Auf diesen besonderen für das strategische Management wichtigen Teilaspekt sind die Ausführungen dieses Beitrages gerichtet.

Häufig werden die Begriffe "strategische" und "langfristige" Planung synonym verwendet, das heißt es wird (meist unkritisch) unterstellt, daß jede langfristige Planung gleichzeitig strategische Planung ist. Es ist nicht Aufgabe dieses Beitrages, diese Diskussion in ihrer ganzen Breite wiederzugeben, wichtig erscheint uns dennoch, unser Verständnis dieser Begriffe und die daraus für die Planung von Informationssystemen resultierenden Konsequenzen klarzustellen.

Grundsätzlich müssen mindestens die Dimensionen "Problemstufen" und "Fristigkeit" der Planung unterschieden werden (weitere sind mögliche, wie zum Beispiel "Hierarchische Stufung" etc.). Bezüglich der Dimension "Problemstufen" sind als Endpunkte eines unter Umständen weiter zu differenzierenden Bereiches strategische und operative Planung zu unterscheiden. Strategische Planung legt die Aktions- und Zielräume fest, auf der die Unternehmung tätig werden will, spezifiziert grundsätzliche Ziele, denen sich diese Aktivitäten zu unterwerfen haben und entscheidet über die prinzipiellen Ressourcen, organisatorischen und juristischen Strukturen etc., die zur Schaffung und Sicherung der Leistungs- und Erfolgspotentiale aktiviert werden sollen. Operative Planung hat die Planung von Aktionen und Aktionsfolgen zur Nutzung der strategischen Aktionsräume unter Einsatz von Potentialfaktoren zum Gegenstand. Dabei wird sowohl operative Maßnahmenplanung als auch Ressourcen- und Budgetplanung betrieben. Demgegenüber werden mit der Dimension "Fristigkeit" bestimmte lang-, mittel- und kurzfristige (Planungshorizonte) unterschieden, für die Pläne aufgestellt werden. Dabei kann im Prinzip jede Problemstufe mit jeder Fristigkeit kombiniert werden. Operative Maßnahmenplanung kann zum Beispiel kurz- und langfristig angelegt sein, strategische Entscheidungen können ausgesprochen kurzfristiger oder langfristiger Natur sein.

Ähnlich hat sich die strategische Planung von Informationssystemen um Fragen zu kümmern, wie zum Beispiel "Welche Trends bestimmen die Entwicklungsmöglichkeiten von DV-Anwendungen?", "Welche Aktionsräume werden durch technologische Entwicklungen für die Unternehmung eröffnet?", "Welchen Beitrag soll der DV-Bereich zum Unternehmungserfolg leisten?". Die operative langfristige Planung von Informationssystemen hat Fragen zum Gegenstand wie zum Beispiel "Wie kann die Integration mit bereits existierenden Informationssystemen gesichert werden?" oder "Wie kann die Koordination vieler Projekte bezüglich der Inanspruchnahme von knappen Ressourcen gewährleistet werden?" und "Welches Projekt wird als nächstes gestartet?". In diesem Zusammenhang sei an die Studie von Booz, Allen und Hamilton erinnert, deren prinzipielle Aussage - obwohl von 1966 datierend - nach unseren Erfahrungen auch heute noch gültig ist und die darauf hinausläuft, daß der Spielraum im DV-Budget, der für Neuentwicklungen zur Verfügung steht, sehr gering ist, weil der überwiegende Budgetanteil durch andere Aufgaben (Hardware-Miete, Wartung existierender Systeme etc.) beansprucht wird.

Hier sei der Hinweis gestattet, daß es, entgegen diesem weitverbreiteten "Budgetdenken", mit eine Aufgabe strategischer und längerfristiger Überlegungen bei der Informationssystemplanung wäre, das EDV-Budget beziehungsweise das erforderliche Budget für Neuentwicklungen aus den strategischen Anforderungen heraus zu determinieren und nicht sozusagen als "Residualgröße" das zu akzeptieren, was übrig bleibt. Vielleicht könnte das Zero-Base-Budgeting auch hier größeren Spielraum verschaffen, der die Realisierung strategischer Ziele des DV-Bereiches ermöglicht. Solche strategischen Ziele der Informationssystemplanung können zum Beispiel sein:

- Die DV-Organisation beziehungsweise Informationssysteme sollen zur Erreichung der allgemeinen Unternehmungsziele beitragen.

- Es sind Informationssysteme zu entwickeln, die

- erforderlich sind für die Geschäftsabwicklung als Resultat externer Anforderungen an die Unternehmung,

- finanziell (in der Form "tangible benefits") ertragreich sind,

- bewährte und aktuelle Technologie benutzen,

- anpassungsfähig an organisatorische Änderungen sind,

- in Projekten von nicht mehr als 18 Monaten und 30 Mann-Jahren Entwicklungsaufwand beanspruchen.

- Die DV-Organisation hat dafür zu sorgen, daß die Kosten pro Transaktion um X Prozent jährlich reduziert werden.

- Das DV-Personal ist durch Ausbildung und Gehaltsanreize auf einem qualitativ hohen Niveau zu halten.

- Die Servicequalität des DV-Bereiches ist auf einem hohen Niveau zu halten.

Für die weiteren Ausführungen werden dementsprechend folgende Definitionen zugrundegelegt:

- Strategische Informations-System-Planung (SISP) ist der Entscheidungsprozeß über die Aktionsräume der MIS-Organisation, ihre Ziele und die Ressourcen, die für sie verfügbar sein sollten zur Leistung ihres Beitrages für die Realisierung der Erfolgspotentiale der Unternehmung.

- Langfristige Informations-System-Planung (LISP) hat als operative Maßnahmenplanung demgegenüber zum Ziel-, die zukünftigen Bedürfnisse der Unternehmung zu befriedigen und die dafür erforderlichen Aktivitäten auf einer konzeptionell abgesicherten Basis zu planen. LISP handelt nicht von spezifischen Projekten, sondern mitorganisatorischen Strukturen und der personellen mit erkennbaren Typen von Benutzerbedürfnissen und Dienstleistungen, die diese Bedürfnisse befriedigen können (Projekt-Portefolios). Darüber hinaus sind Gegenstand der LISP die Planung der erforderlichen organisatorischen Strukturen und der personellen Qualifikationen.

- Kurzfristige Informations-System-Planung (KISP) beinhaltet die Planung des Jahres-Budgets des DV-Bereiches einschließlich detaillierter Personalplanung, Leistungsplanung etc.

- Projektplanung bezieht sich auf konkrete Projekte, in denen die einzelnen Informationssysteme, die in der LISP identifiziert und abgegrenzt wurden und den in der SISP spezifizierten Zielen und Rahmenbedingungen zu genügen haben, entwickelt werden.

* In dem Beitrag "Integration der strategischen Informations-System-Planung (SISP) in die Unternehmens-Entwicklungsplanung entnommen aus: Entwicklungstendenzen der Systemanalyse. Hrsg. von Hans Robert Hansen, Oldenbourg-Verlag, München - Wien 1978.