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Ebay muss Auktion für Geldof-Konzert nach massiven Protesten abbrechen

15.06.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Wir sind das Volk und wir zeigen euch jetzt mal, was eine Harke ist. So oder ähnlich dürften sich viele Internet-Surfer und Ebay-Nutzer gefühlt haben, als sie das Online-Auktionshaus Anfang der Woche mit absoluten Phantasiegeboten überschwemmten, um eine Auktion zu unterlaufen. Bob Geldof hatte mehr oder weniger direkt dazu aufgefordert, die Ebay-Site gezielt zu sabotieren. Das ist ihm auf eindrückliche Weise gelungen.

Bob Geldof ist durch das von ihm vor 20 Jahren organisierte "Live-Aid"-Konzert bekannt geworden, mit dem er Spenden für die notleidende Bevölkerung in Äthiopien in Höhe von rund 200 Millionen Dollar sammelte. Jetzt hat der frühere Boomtown-Rats-Frontmann und "The-Wall"-Hauptdarsteller "Live 8" aus der Taufe gehoben. Am selben Tag, den 2. Juli 2005, werden fünf Konzerte in London, Paris, Berlin, Rom und Philadelphia unter Mitwirkung von Stars aus der Musikszene wie beispielsweise Madonna, U2, Snoop Dog, Paul McCartney, Coldplay, REM und Pink Floyd (in Originalbesetzung) abgehalten. Ein sechstes Konzert findet am 6. Juli in Edinburgh statt. Das ist der Tag, an dem sich die G8-Mitglieder im nahe gelegenen Gleneagles treffen werden.

Organisator Geldof will dieses Mal keine Spenden aufbringen. Er möchte vielmehr die Führer der in der G8 versammelten größten Wirtschaftsnationen auf die Armut in der Welt hinweisen und sie auffordern, dieser menschlichen Katastrophe mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen.

Die Karten für die mit Megastars gespickten Konzerte wurden über ein SMS-Lotterie-Verfahren vergeben. Wer eine SMS, die 1,5 englische Pfund (= 2,25 Euro) kostete, an die veranstaltende Organisation schickte, konnte hoffen, eine der 133.000 Karten zugelost zu bekommen. Innerhalb kurzer Zeit beteiligten sich mehr als zwei Millionen Interessenten an der Auslosung.

Nach einem Bericht der britischen Tageszeitung "Daily Mail" soll das Interesse an der SMS-Lotterie allerdings weit hinter den Erwartungen der Veranstalter zurück geblieben sein. Diese hatten mit rund fünf Millionen SMS-Zusendungen gerechnet, die ihnen abgesehen von den entstehenden Kommunikationskosten jeweils 1,5 Pfund in die Kassen gespült hätten. Mit den zwei Millionen SMS-Sendungen habe man die Kosten für die Veranstaltungen nicht decken können.

Unmittelbar nachdem die Organisatoren die glücklichen Kartenbesitzer benachrichtigt hatten, tauchten jedoch schon erste Offerten für die Eintrittskarten bei Ebay auf. Einige der gerade für 2,25 Euro via SMS-Lotterie gewonnenen Tickets fanden für rund 2000 britische Pfund (= 3000 Euro) einen neuen Besitzer.

An diesem Punkt trat Bob Geldof wieder auf den Plan. In äußerst empörten Worten brandmarkte er die "Geschäftemacher", die mit der Armut der Unterprivilegiertesten dieser Welt auch noch Gewinne machen würden. Ebay beschimpfte er als "Zuhälter des Internet". Den eigentlichen Schlag landete Geldof allerdings, als er dazu aufforderte, Internet-Surfer sollten die Ebay-Auktion mit Phantasiegeboten ad absurdum führen und zum Erliegen bringen.

Innerhalb kürzester Zeit bombardierten daraufhin erboste Ebay-Kunden die Site. Teilweise unter ihren auf der Auktionsseite oft genutzten und bekannten Accounts, zum Teil aber auch mit Undercover- Adressen gaben sie Gebote ab, die bis zu zehn Millionen Pfund betrugen.

Ebay, das ursprünglich die Meinung vertrat, an der Auktion sei nichts zu beanstanden, schloss nach den massiven Reaktionen von Ebay-Kunden die Versteigerung am gestrigen Dienstag. In einer offiziellen Stellungnahme teilte Doug McCallum, der Managing Director von Ebay Großbritannien mit: "Wir haben der Gemeinschaft der Ebay-Benutzer zugehört und deren Botschaft war eindeutig - sie wollen nicht, dass die Tickets auf unserer Site wieder verkauft werden." Wenn es weitere Versuche geben sollte, Live-8-Karten bei Ebay zu veräußern, werde man solche Aktionen sofort stoppen. (jm)