EAI und Web-Services - Konkurrenz oder Ergänzung

07.07.2003
Von Harald Meyer und Patrick Simon . Harald Meyer ist Software Architect bei Cambridge Technology Partners , Patrick Simon ist Manager Enterprise Solutions bei Novell . MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Mit dem Aufkommen von Web-Services stellt sich für IT-Abteilungen die Frage, ob und wie sich diese vielversprechenden XML-Standards in einer EAI-Infrastruktur einsetzen lassen. Lohnen sich Investitionen in proprietäre EAI-Lösungen oder können Web-Services Integrationsprobleme besser lösen?

Grundlage für die Positionierung von Web-Services im EAI-Umfeld sind die logischen Ebenen, die für die unternehmensweite Integration von Anwendungen erforderlich sind. Auf der niedrigsten EAI-Ebene wird zunächst eine rein technische Verbin-dung benötigt, die üblicherweise durch klassische Middleware (Message Oriented Middleware, Corba, DCOM beziehungsweise COM+, ODBC/JDBC, etc.) geschaffen wird.

Bild: Photo Alto
Bild: Photo Alto

Neben dieser Verbindung sind fast immer syntaktische Umformungen erforderlich, wie zum Beispiel die Konvertierung zwischen unterschiedlichen Zeichensätzen (Ascii/EBCDIC) und Formaten (Little Endian/Big Endian, Dezimalseparatoren etc.). Diese Umformungen allein bieten jedoch noch keine fachlichen Inhalte der ausgetauschten Nachrichten. Dieses Verständnis ist erst in der nächsthöheren Transformationsschicht angesiedelt. Hier erfolgen die Abbildungen von der „Fachsprache“ der Quellapplikation in die „Fachsprache“ der Zielapplikation. Wenn beispielsweise zwischen inkompatiblen Datenmodellen transformiert werden muss, sind diese Abbildungen sehr komplex. In der Prozess-Management-Schicht werden die applikationsübergreifenden Schritte der unterstützten Geschäftsprozesse definiert, abgearbeitet und über Monitoring-Tools überwacht und analysiert. Das umfasst sowohl automatisierte Schritte als auch manuelle Teilschritte.

Auf den ersten Blick decken Web-Services in diesem Szenario heute allein die technische Verbindungsebene ab und stellen somit aus Sicht der EAI-Werkzeuge nur eine zusätzliche Technologie. Trotzdem lohnt es sich, in Web-Services zu investieren, auch wenn bereits eine EAI-Infrastruktur mit einer Vielzahl von Kommunikationsprotokollen in Betrieb ist. Denn mit der neuen XML-Technik steht ein Protokoll zur Verfügung, das nicht nur von EAI-Werkzeugen mit proprietären Adaptern, sondern auch von Anwendungen direkt genutzt werden kann.

Für Web-Services spricht auch die breite Unterstützung durch Entwicklungsumgebungen, besonders die Java 2 Enterprise Edition (J2EE) und Microsoft .NET, da sich so Web-Services-Schnittstellen einfacher erstellen lassen. Dies verringert die Vielfalt an Integrationstechnologien, was wiederum den Implementierungs- und Betriebsaufwand sowie vor allem die Anforderungen an das IT-Know-how reduziert. Ferner lassen sich über die neuen Standards sowohl externe als auch interne Services über die gleiche Technologie ansprechen. Zu den externen Anwendungen zählen hierbei auch „Guerilla-Applikationen“ auf Abteilungsebene, die außerhalb der Kontrolle der zentralen IT betreut und betrieben werden und die es trotz der fortdauernden Konsolidierungsbemühungen immer gibt und geben wird.