Mail-Archivierung birgt rechtliche Risiken

E-Mails richtig aufbewahren - Aufgaben und Lösungen

30.06.2014
Von 
Thorsten Brand ist Senior-Berater beim Beratungshaus Zöller & Partner aus Sulzbach/Taunus.

Original- oder Langzeitformat

Für E-Mails gibt es keinen generellen Format-Speicherstandard oder einen rechtlich begründeten Zwang zur Konvertierung, bevor sie archiviert werden. Jeder Mail-Client stellt den Inhalt einer E-Mail schließlich auch unterschiedlich formatiert dar.

E-Mail-Archivlösungen bieten oft eine Konvertierung in Zielformate wie PDF oder TIFF aus unterschiedlichen Quellformaten an. Diese Formate sind aber als "flache Druckformate" nur für druckbare Dokumente geeignet, die einen deterministischen Druckbereich kennen. Bereits Microsoft Excel führt hier häufig erst nach mehreren Anläufen zum Ziel. Eine automatische Excel-Rendition gelingt fast nie. Das gilt erst recht für solche Formate, die beim Ausdruck nur eine Untermenge der enthaltenen Informationen visualisieren.

Stolpersteine sind neben kennwortgeschützten Dateianhängen, die vom Konvertierungsprogramm nicht geöffnet und umgewandelt werden können, auch enthaltene Makroprogramme. Diese unterbrechen den Umwandlungsprozess und verlangen von einem Administrator Eingaben oder andere Aktionen. Falls das System hierauf nicht intelligent reagieren kann, besteht die Gefahr, dass ein Administrator ständig die Konvertierungsroutine überwachen und eingreifen muss. Sogenannte Ausschlusslisten helfen kritische Formate von der automatisch ablaufenden Konvertierung auszuschließen. Außerdem darf der Rendition-Service nicht das gesamte System zum Absturz oder Stillstand bringen, wenn ein Fehler auftritt. Solche E-Mails gehören in einen Überlauf/Fehler-Bereich, wo sie individuell nachbehandelt werden können.

So gehen unterschiedliche Systeme mit E-Mails um

E-Mail-Archiv-Produkt, Blackbox-Systeme

DMS mit E-Mail-Archiv-Modul

Exchange 2010

Archivierungsumfang

Einzelne/Alle Mails

Einzelne/Alle Mails, weitere Dokumente

Einzelne/Alle Mails

Konvertierung (PDF)

Selten

Typisch: Wahlweise

Nein

Speicher (typisch)

NAS, WORM(-Platte)

WORM(-Platte)

NAS, Platte

WORM-Speicher

Möglich

Möglich

Nicht möglich

Zusätzliche einheitliche Metadaten

Manchmal

Typisch

Nein (nur Tags)

Ablage in Aktenstrukturen

Nein

Bei Einzelablage möglich

Nein

Regelwerk für systemgetriebene Archivierung

Zeiträume, Postfachgröße, Mail-Größe und Mail-Inhalte etc.

Zeiträume, Postfachgröße, Mail-Größe und Mail-Inhalte etc.

Nur nach Ablauf definierter Zeitraum Mail-Eingang im Postfach

Einbindung Mail in Geschäftsprozess

Nein, persönliches Archiv

Bei Einzelablage typisch

Nein, persönliches Archiv

Einhaltung Compliance-Richtlinien

Möglich, beschränkt auf Mails

Möglich, für alle ContentObjekte (Dokumente)

Möglich, beschränkt auf Mails

Selektives Ausgrenzen einzelner Mails bei Zugriff

Untypisch

Möglich

Möglich

Quelle: Zöller & Partner GmbH

GDPdU@firma.de

Unternehmen stellen zunehmend E-Mail-Adressen speziell für steuerrelevante E-Mails zur Verfügung. Zwar können alle an diese Adresse gesendeten E-Mails im Mail-System zumindest im Original gespeichert werden, es gibt aber trotzdem folgende Herausforderungen:

  • Die Frage, welche E-Mails archiviert werden sollen, bleibt bestehen.

  • Die nachhaltige und dauerhafte Speicherung muss für das E-Mail-Postfach sichergestellt werden.

  • Erforderliche Ablagekriterien wie Kundennummer oder Dokumentenart fehlen.

  • Ein Löschen der E-Mails lässt sich gegebenenfalls nur über Rechte im Mail-System verhindern.

  • Es müsste sich nachvollziehen lassen, wer wann wie zugegriffen hat, was nicht immer möglich sein wird.

  • Eine spätere Suche einzelner E-Mails ist sehr schwierig.

Aus diesen Gründen ist diese Art der Umsetzung für steuerrelevante E-Mails auf Basis einer Ablage im E-Mail-System in der Regel nicht erfolgreich, sondern nur durch strukturierte elektronische Archivierung zu lösen.

Volltextsuche in Anhängen

Volltextindizierung bildet mittlerweile eine Standardfunktion in den meisten Dokumenten-Management-Lösungen. Was für Mail-Bodies (Text) einfach erscheint, gilt aber nicht immer für Anhänge. So können beispielsweise in Lotus-Notes-Mails enthaltene Anhänge bei einer Speicherung im DXL-Format aufgrund ihrer proprietären Codierung von vielen Volltextlösungen in Mail-Archiven nicht gelesen werden. Hier gilt es bei einer Produktauswahl zu prüfen, ob die relevanten Formate für E-Mail-Attachments unterstützt werden.

Fazit

Die Aufbewahrung von E-Mails ist und bleibt ein komplexes Thema mit vielen organisatorischen und technischen Aspekten:

  • Die weltweit am weitesten verbreitete Textverarbeitung zur Erstellung aufbewahrungspflichtiger Dokumente sind Mail-Clients.

  • Die Anwender erstellen oder empfangen in ihren Mail-Systemen um ein Vielfaches mehr rechtlich relevante Dokumente als in allen anderen Systemen. Die Aufbewahrung dagegen hinkt anderen Systemen weit hinterher.

  • Was die Anwender in der Tagesarbeit vor allem drückt, ist die Lückenhaftigkeit der Informationen: Ohne ein- und ausgehende E-Mails in den elektronischen Akten ist keine belastbare Auskunft möglich. Man weiß, dass es noch viel mehr zum Vorgang gibt, aber diese Informationen sind oft in den schwarzen Löchern der E-Mail-Ablagen verschwunden.

  • Der Versand von elektronischen Rechnungen per E-Mail wird zunehmen und nicht zuletzt auch aus wirtschaftlichen Gründen den Einsatz von elektronischer Archivierung treiben. (pg)