E-Learning/Cisco Systems setzt auf Video on Demand

E-Learning steigert den Unternehmenswert

31.01.2003
Ein Unternehmen ist nur so leistungsfähig wie seine Beschäftigten. Qualifizierte Mitarbeiter und der Zugang zu kundenrelevanten Informationen sind ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil. E-Learning hilft bei der Umsetzung und Einführung solcher effizienzsteigernden Maßnahmen und erhöht den Wert eines Unternehmens, wie das Beispiel von Cisco Systems zeigt. Von Walter Hildebrandt und Axel Foery*

Es ist ein Teufelskreis: In guten Zeiten stellen Unternehmen eine große Zahl neuer Mitarbeiter ein und haben Mühe, ihnen schnell das nötige Wissen über die Firma und die Produkte zu vermitteln, um den wirtschaftlichen Aufschwung nutzen zu können und sich Marktanteile zu sichern. In Krisenzeiten werden Mitarbeiter entlassen, und mit ihnen verlässt ihr Wissen das Unternehmen. Beim nächsten Aufschwung beginnt der Kreislauf von vorn.

E-Learning kann diesen Kreislauf nicht verändern, seine Auswirkungen auf das Unternehmen aber sehr wohl. Neue Mitarbeiter werden schneller eingearbeitet und tragen schneller zum Erfolg des Unternehmens bei. Außerdem können sie mit E-Learning in kürzester Zeit für andere Einsatzbereiche qualifiziert werden. Das verfügbare Personal lässt sich flexibler einsetzen, Entlassungen können vermieden werden. Ist ein Abbau von Arbeitsplätzen unumgänglich, bleibt das Wissen der Mitarbeiter dem Unternehmen erhalten, da es nicht mehr an einzelne Personen gebunden ist, sondern zentral zur Verfügung steht.

Cisco Systems hatte in einem Unternehmensbereich Überkapazitäten an Mitarbeitern, in einem anderen Bereich dagegen Personalbedarf. Über ein Learning-Management-System war der Wissensstand der vorhandenen Mitarbeiter mit den Anforderungen der zu besetzenden Stellen leicht vergleichbar. Da Ausbildungspläne für die freien Stellen existierten, konnten die Mitarbeiter schon vor dem Start in der neuen Abteilung mit der Einarbeitung beginnen. Der Wechsel wurde über Web-Tools verwaltet, so dass der administrative Teil der Versetzung innerhalb von 48 Stunden erledigt war.

Aufbau einer Lernhistorie

Eine E-Learning-Lösung besteht im Wesentlichen aus drei Teilen: dem Learning-Management-Prozess, den Lerninhalten (Content) und der Netzwerkinfrastruktur. Zum Management des Lernprozesses gehören die Ermittlung des Bildungsbedarfs der Mitarbeiter, die Administration der Seminare, die Auswertung des Lernerfolgs und der Aufbau einer Lernhistorie, mit der weitere Maßnahmen gezielt geplant werden können. Beim Content wird zwischen Standard-Content wie einer Windows-2000-Schulung oder SAP-Training und Individual-Content unterschieden. Letzterer wird zumeist als Web-based Training (WBT) für ein Unternehmen individuell erstellt. Die Produktion ist aufwändig und entsprechend teuer. Viele Firmen verzichteten daher bislang auf den Einsatz von Individual-Content. Die Erfahrung zeigt aber, dass sich nur multimedialer Content einer hohen Akzeptanz bei den Anwendern erfreut.

Video on Demand ist eine Alternative zu WBT. Didaktisch fast gleichwertig, lässt sich ein Video on Demand innerhalb weniger Stunden produzieren und kostet nur ein Fünftel. Video on Demand kombiniert eine Präsentation mit dem Powerpoint-Vortrag eines Sprechers. Den Abschluss bildet ein Multiple-Choice-Test. So lässt sich Unternehmens- und Mitarbeiterwissen zu großen Teilen auf Videos speichern und zentral verfügbar machen. Da das multimediale Format alle Sinne anspricht, werden die Informationen effizienter transportiert und die Akzeptanz bei den Lernenden erhöht. Video und Folien bleiben stets synchron, so dass der Benutzer entsprechend seinem Wissensstand Kapitel überspringen oder wiederholen kann. Mit dieser Technik kann das Wissen zeitnah verteilt werden, da die Videos innerhalb von 24 Stunden verfügbar sind und in einem Web-fähigen Streaming-Format vorliegen, das über Inter- oder Intranet abgerufen werden kann.

Interaktive Zusammenarbeit

Mit Video on Demand lässt sich aber nicht nur Wissen dokumentieren, sondern auch Informationen schnell verteilen. Cisco produzierte beispielsweise für 2000 Dollar ein Video on Demand von einem unternehmensweiten Meeting, das später im Intranet für alle abrufbar war, die an dem Treffen nicht teilnehmen konnten. Produktion und Versand eines Audiomitschnitts dieser Veranstaltung für 5000 Mitarbeiter hätten dagegen 82500 Dollar gekostet, bei Videomitschnitten hätten die Kosten sogar bei 99000 Dollar gelegen.

Das virtuelle Klassenzimmer ist die erweiterte Stufe der Inhaltsvermittlung. Es eignet sich für Teilnehmerzahlen von zwei bis 200 Mitarbeitern. Dank der interaktiven Komponente kann auf individuelle Fragen der Teilnehmer eingegangen werden. Zudem können sich die Teilnehmer einen Bildschirm teilen und sich gegenseitig durch Präsentationen führen. In einem virtuellen Klassenzimmer können Menschen schneller zusammengebracht werden als in Präsenzseminaren, da sie nur für die tatsächliche Veranstaltungszeit zusammen sind. Reisezeit und -kosten werden gespart.

Mit der Technologie, die hinter dem virtuellen Klassenzimmer steht, kann im Sinne des Customer-Relationship-Managements das Web kundenfreundlicher gestaltet werden. Ein Verkäufer führt den Kunden online durch einen Katalog und stellt ihm verschiedene Variationen eines Produktes vor. Außerdem lassen sich Daten sammeln, die nicht zu erhalten wären, wenn der Kunde sich allein auf der Web-Seite bewegen würde.

Die Netzwerkinfrastruktur spielt als Basis jeder E-Learning-Lösung eine entscheidende Rolle. Anwender akzeptieren multimedialen Content wie Video on Demand und virtuelle Klassenzimmer nur in hoher Qualität. Diese ist nur bei ausreichender Bandbreite zu gewährleisten. In LAN (Local Area Network) und WAN (Wide Area Network) wird also die Akzeptanz des E-Learning insgesamt gesichert. Das LAN stellt dabei in den meisten Unternehmen kein Problem dar, sofern es auf IP beruht und geswitcht ist. Im WAN dagegen treten häufiger Engpässe auf, wenn die Inhalte zentral abgespeichert sind und viele Anwender gleichzeitig zugreifen.

Geschäftskritische Applikationen und die in der Regel schon knappe Bandbreite lassen in vielen Unternehmen kaum Kapazitäten frei für multimediale E-Learning-Anwendungen. Es gibt zwei Arten, dies zu lösen: Mehr Bandbreite einkaufen oder die Inhalte intelligent verteilen. Da zusätzliche Bandbreite in der Regel sehr teuer ist, bietet sich eine CDN-Lösung (CND = Content Delivery Networking) an. Auf einem zentralen Content-Delivery-Manager wird der Inhalt verwaltet, gepflegt und abgelegt. Je nach verfügbarer Bandbreite wird er zum Beispiel nachts auf Content Engines verteilt.

Solide Infrastruktur nötig

Anstatt bei jeder Anforderung Informationen von der zentralen Web-Seite abzurufen, leitet der Content-Delivery-Manager die Nutzer automatisch zu der Content Engine um, die ihnen im Netzwerk am nächsten liegt. So können Videos auch bei relativ geringen Bandbreiten schnell abgerufen und ohne Unterbrechung angezeigt werden. Das entlastet den Netzwerkverkehr, erhöht die Verfügbarkeit der Lerninhalte und stört nicht den Betrieb geschäftskritischer Anwendungen. Veränderungen der Inhalte werden umgehend weitergeleitet, so dass jeder Anwender immer aktuelle Informationen zur Verfügung hat. Die Technologie lässt sich nicht nur für E-Learning einsetzen, sondern auch für den IT-Support, um Software-Updates genauso zu verteilen.

Die beschriebenen Beispiele zeigen, dass Investitionen in E-Learning immer auch für andere Unternehmensbereiche genutzt werden können. Eine Firma, die in eine leistungsfähige Infrastruktur und eine E-Learning-Lösung investiert, öffnet sich damit die Tür zum E-Business. Auf einer soliden Infrastruktur können weitere Netzwerktechnologien eingesetzt werden, die Effizienz und Produktivität erhöhen. IP-Telefonie bietet den Mitarbeitern neue Funktionen in der Kommunikation und senkt die Kosten dafür. Über Wireless LAN und Virtual Private Network greifen Mitarbeiter von unterwegs oder von zu Hause aus sicher auf das Unternehmensnetz zu. Ein Vertriebsmitarbeiter hat so bei einem Kundentermin aktuelle Informationen zum Produkt, zu Preisen, Verfügbarkeiten und Lieferzeiten zur Hand.

Neben der verlässlichen, skalierbaren und sicheren Netzinfrastruktur gibt es eine weitere Voraussetzung für erfolgreiches E-Learning. Das Unternehmen muss über eine Weiterbildungskultur verfügen, die die Führungskräfte tragen. E-Learning ist nur in einem Ansatz von oben nach unten erfolgreich. Zeit zum Lernen ist heute Voraussetzung für Erfolg im Beruf. Wer an einem E-Seminar teilnimmt, faulenzt nicht, sondern bildet sich weiter, zum eigenen und zum Vorteil des Unternehmens. Außerdem muss akzeptiert werden, dass die Menschen unterschiedliche Lernkulturen haben. E-Learning ist am wirkungsvollsten, wenn es nicht mehr als Lernen empfunden wird, sondern in den Arbeitsalltag integriert ist.

Mehr Produktivität durch Online-Lernen

Was können Unternehmen mit E-Learning konkret erreichen? Hier sei noch einmal Cisco zitiert. Im Geschäftsjahr 2002 erzielte der Netzwerkhersteller durch den Einsatz von WBT, virtuellen Klassenzimmern, IP/TV und Video on Demand Produktivitätszuwächse von 42 Millionen Dollar bei reinen Weiterbildungsmaßnahmen. Die Einsparungen, die durch den Einsatz der Medien in der internen Kommunikation erzielt werden, sind in den weiteren 500 Millionen Dollar an Produktivitätszuwächsen im Bereich Workforce Optimization enthalten. Die Produktivitätszuwächse entstehen durch Kosten- und Zeiteinsparungen. Um diese zu berechnen, wurde bestimmt, wie lange ein Präsenzseminar dauert und wie lange ein Mitarbeiter dafür abwesend ist. Die Kosten wurden mit 1200 Dollar für den ersten und je 300 Dollar für jeden weiteren Tag angenommen. Die Zeiteinsparungen ergeben sich daraus, dass ein WBT nur 55 Prozent der Zeit eines Präsenzseminars beansprucht, ein virtuelles Klassenzimmer 67 Prozent. Die Zeitaufwand sinkt also um 45 beziehungsweise 33 Prozent. Diese Beispielrechnung zeigt, wie E-Learning den Wert eines Unternehmens steigern kann. (am)

*Walter Hildebrandt ist Manager Business Solutions, Axel Foery ist Director Business Development. Beide arbeiten für die Cisco Systems GmbH.

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Zeit und Geld sparen mit E-Learning und damit noch den Wissensschatz der Mitarbeiter vermehren. Diesen Ansatz verfolgt auch der IT-Hersteller Cisco Systems, der unter anderem Video on Demand einsetzt. Diese Alternative zum WBT lässt sich innerhalb weniger Stunden produzieren und kostet nur ein Fünftel. Wichtig für den Erfolg der Lernmaßnahmen ist die Netzinfrastruktur, da Anwender multimedialen Content nur in hoher Qualität akzeptieren und diese nur bei ausreichender Bandbreite zu gewährleisten ist.

Abb: Die Erstellung eines Video on Demand (VoD)

Video on Demand (VoD) kombiniert eine Präsentation mit dem Powerpoint-Vortrag eines Sprechers. Die Videos liegen in einem Web-fähigen Streaming-Format vor, das über Internet oder Intranet abrufbar ist. Quelle: n-able communication