E-Learning: Abschied von Standardprodukten

25.04.2005
Von Edgar Wang
Der weltgrößte E-Learning-Anbieter Skillsoft schließt sein Büro in Deutschland. Lernen und Arbeiten wachsen zusammen, und dazu benötigen die Unternehmen keine Online-Lernprogramme mehr von der Stange.

Hier lesen Sie ...

  • warum der größte Anbieter von E-Learning-Produkten in Deutschland schließen musste;

  • welche Trends sich im E-Learning-Markt abzeichnen;

  • welche Konsequenzen das Zusammenwachsen von Lernen und Arbeiten für die Online-Trainingsanbieter hat.

Im Vergleich zu anderen Betriebsstilllegungen erscheint die Büroschließung von Skillsoft als wenig dramatisch, zumal der in Köln ansässige Anbieter von E-Learning-Produkten zuletzt nur noch über neun Mitarbeiter verfügte - was vor ein paar Jahren noch ganz anders aussah. In den USA und in Irland traf das Unternehmen wesentlich härtere Sparmaßnahmen - dort verloren jeweils 130 Mitarbeiter ihre Arbeitsplätze.

Jürgen Theisen, Skillsoft: "Die Schließung des Kölner Büros beruht auf Überlegungen, die sich an der Steigerung des Shareholder Value orientieren."
Jürgen Theisen, Skillsoft: "Die Schließung des Kölner Büros beruht auf Überlegungen, die sich an der Steigerung des Shareholder Value orientieren."

Das Ende der deutschen Tochterfirma, das nicht auf einen plötzlichen Einnahmenrückgang oder eine drohende Insolvenz zurückzuführen ist, kam dennoch überraschend - und setzt die unendliche Geschichte der ehemaligen Prokoda AG um ein weiteres Kapitel fort. Der Gewinn der deutschen Niederlassung im vergangenen Jahr reichte der amerikanischen Muttergesellschaft nicht aus: "Die Schließung des Kölner Büros beruht auf Überlegungen, die sich an der Steigerung des Shareholder Value auf kurze Sicht orientieren und nicht an einer nachhaltigen Marktpositionierung. Unsere Erfolge, die wir trotz zahlreicher Restrukturierungsprogramme erzielen konnten, fielen dabei nicht ins Gewicht", erklärt Geschäftsführer Jürgen Theisen.

"Europäische Kunden bevorzugen europäische Produkte, die in der Regel deutlich weiter entwickelt sind", meint Volker Zimmermann, Vorstand des Saarbrücker E-Learning-Unternehmens Imc. Offensichtlich herrschen in Deutschland andere Qualitätsansprüche als im englischsprachigen Raum, und tatsächlich ist mit Thomson Netg nur ein US-amerikanischer E-Learning-Anbieter im deutschen Geschäft mit Online-Lerninhalten eine feste Größe.

Die mangelnde Attraktivität von US-amerikanischen Angeboten in Europa spielte aber wohl für die Auflösung der deutschen Skillsoft-Vertretung eine untergeordnete Rolle. Auch in den USA verfehlte die Firma ihre Geschäftsziele - und versucht sich nun in einer umfassenden Neuausrichtung des Unternehmens. Sie erscheint wie ein Reflex auf Umbrüche im E-Learning-Markt, so wie die Entwicklung des Unternehmens die Geschichte der E-Learning-Branche widerspiegelt.