IT-XPO: Gartner korrigiert B-to-B-Prognosen

E-Commerce wächst langsamer als erwartet

13.04.2001
MÜNCHEN (CW) - Auch wenn Europa weniger stark betroffen ist, kann es doch den Auswirkungen der US-Konjunkturflaute nicht ganz entkommen. Die Europäer haben laut Gartner-President Bill McDermott jedoch die Chance, aus den Fehlern der Amerikaner zu lernen und die IT-Ausgaben auf die wichtigsten Geschäftsprozesse zu konzentrieren.

"Wir leben in einer global verbundenen Welt - es ist nur eine Frage der Zeit, wann die US-Wellen nach Europa schwappen", so McDermott in seiner Keynote-Ansprache zur Eröffnung des Europe Spring Symposium/ ITxpo in Florenz. Dennoch warnte McDermott vor übertriebener Schwarzmalerei in Sachen E-Business. "Wir machen gerade eine mächtige Desillusionierung durch - mit der Folge, dass viele Anwender ihre IT-Investitionen teilweise oder völlig einfrieren." Das sei jedoch sicher der falsche Weg. "Im nächsten Jahrzehnt werden die Unternehmen erfolgreich sein, denen es gelingt, Internet-Technik und -Geschäftsmodelle mit ihrem Kerngeschäft zu integrieren. Sinnvolle IT-Investments sind für die kommenden zehn Jahre die beste Waffe einer Firma, um ihre Leistung zu steigern."

Probleme auch in EuropaAngesichts ökonomischer Zwänge rät McDermott, die Ausgaben auf die wichtigsten Geschäftsprozesse zu fokussieren. Dabei sollten möglichst nicht nur Umsätze erzeugt, sondern auch Kosten gesenkt werden. Hier müssten insbesondere neue Wege der Zusammenarbeit mit IT-Lieferanten und Dienstleistern in den Mittelpunkt gestellt werden.

Die vom Chefanalysten angesprochene Desillusionierung im E-Commerce schlägt sich auch in den jüngsten Gartner-Prognosen für den europäischen B-to-B-Markt nieder. So mussten die Analysten ihre Vorhersagen vom letzten Jahr leicht nach unten korrigieren. Die via Internet erzielten Umsätze stiegen zwar im vergangenen Jahr um 294 Prozent auf 81 Milliarden Euro, der Markt lege aber nicht so schnell zu wie früher angenommen. In den kommenden Jahren werde die Wachstumsrate kontinuierlich abnehmen und im Jahr 2005 bei 46 Prozent gegenüber dem Vorjahr liegen. Dann soll das Volumen der elektronischen B-to-B-Transaktionen 1,94 Billionen Euro betragen. Zuvor waren die Auguren von 2,04 Billionen Euro ausgegangen.

Während im Jahr 2000 der Anteil des E-Commerce am gesamten Handelsvolumen in Europa bei nur 0,3 Prozent lag, rechnet Gartner mit einem Anstieg auf immerhin sechs Prozent im Jahr 2005. "Im vergangenen Jahr haben viele Großunternehmen B-to-B-E-Commerce-Projekte angekündigt. Das waren aber Absichtserklärungen. Die tatsächliche Umsetzung kann bis zu einem Jahr dauern", erläutert Research Director Patricia Gartzen. "In den kommenden zwei Jahren wird es Pilotprojekte geben, von denen einige auch echtes Transaktionsvolumen erzeugen." Die großen Marktplätze habe man wohl überbewertet, so die Analystin. Mit deren Durchbruch rechnet Gartner nicht vor 2003.

Ein weiterer Hemmschuh sei Europas uneinheitliche Struktur. "Europa ist kein homogener Markt wie die Vereinigten Staaten; die einzelnen Internet-Ökonomien sind unterschiedlich entwickelt", so Gartzen weiter. "Deutschland, Schweden, die Niederlande und Großbritannien sind am weitesten entwickelt, während Frankreich und Italien hinterherhinken. Vor allem in Italien tut sich praktisch gar nichts." Ein anderer Schwerpunkt der Gartner-Konferenz war das Modethema Peer-to-Peer-(P-to-P-) Computing. Die Analysten schätzen, dass in diesem Bereich der Gipfel des Hypes bereits erreicht ist. Nach einer Phase der Ernüchterung rechnen die Auguren jedoch mit einer Reihe von ernst zu nehmenden Anwendungsszenarien.