Suites für den Internet-Handel im Vergleich

E-Commerce-Lösungen patzen bei der Datenbankanbindung

28.08.1998

Um eine kommerzielle Web- Site einzurichten, die mit Produktkatalogen, Kundeninformationen, Bezahlungssystemen und der Verarbeitung zurechtkommt, bedarf es mehr als nur der Programmierung in der Hypertext Markup Language (HTML). Wer seinen Internet-Shop nicht von Hand entwickeln will, kann auf E-Commerce-Suites zurückgreifen. Diese Softwarepakete stellen eine Reihe von Tools zur Verfügung, mit denen eine Firma ein Web-Geschäft aufbauen und betreiben kann.

"Icat Commerce Online" von Icat, "Intershop" von Intershop Communications, "Website Pro" von O'Reilly & Associates, "Domino Merchant" aus dem Hause Lotus, "Microsoft Site Server Commerce" sowie IBMs "Net Commerce" zählen zu dieser Kategorie. Alle Suites beinhalten Funktionen für einen elektronischen Warenkorb. Online-Einkäufer wählen Produkte aus dem Katalog und legen sie in den virtuellen Einkaufswagen. Anschließend bezahlt der Kunde direkt im Internet. Alternativ dazu kann er sich auch eine Rechnung per Post schicken lassen. Weniger verbreitet sind Web-Sites, bei denen Forderungen mit elektronischem Bargeld beglichen werden.

Die genannten Programme betreffen in erster Linie das Front-end, also die Funktionen, die der Kunde zu Gesicht bekommt. Im Gegensatz dazu vertreiben Anbieter wie Broadvision ("One-on-One") und Open Market ("Transact") unter anderem Produkte, die stärker auf die Anbindung eines Web-Shops an bestehende Back-end-Systeme ausgerichtet wurden. Solche Lösungen zielen eher auf große Installationen ab.

Zum Aufbau des Online-Shops gehört das Füllen des Produktkatalogs mit Informationen über die Waren, die das Unternehmen elektronisch feilbieten möchte. Außerdem muß die Ladenfassade eingerichtet werden. Bei diesen Aufgaben erhält der Anwender Unterstützung durch die genannten E-Commerce-Applikationen.

Als umfangreichste Aufgabe beim Aufbau des Web-Geschäfts gilt die Anbindung an bestehende Datenbanken im Unternehmen. Da ist es hilfreich, wenn Programmierer bekannte Skriptsprachen wie Perl oder Javascript verwenden können. Sowohl die Datenbank- als auch die Scripting-Unterstützung bei allen genannten Tools ist nicht gerade umfangreich. Zwar liefern die Hersteller ihre Suites gemeinsam mit einer Datenbank aus, doch bei der Einbindung fremder Produkte lassen die Anbieter den Anwender im Stich.

Domino Merchant wird mit "Lotus Notes/Domino" angeboten; Net Commerce basiert auf IBMs DB2-Software und Site Server Commerce auf Microsofts "SQL Server". Intershop liefert "Adaptive Server" von Sybase mit aus, Icat begnügt sich mit einer Single-User-Lizenz dieser Datenbank. Website Pro greift auf Microsofts "Access" zurück. Kaum zu glauben, daß kein Produkt auf Oracles Datenbanksoftware läuft, betrachtet man den Marktanteil dieses Herstellers. Unerfreulicherweise muß der Microsoft-Kunde für den Betrieb einer kommerziellen Web-Site zusätzlich eine Lizenz des SQL Server 6.5 ordern, denn im Paket befindet sich nur eine Evaluationskopie der Datenbanksoftware.

Andere Datenquellen lassen sich zumindest über Open Database Connectivity (ODBC) anzapfen, doch die "Computerworld" bezeichnet es als eine Heidenarbeit, bis die Verbindung zur fremden Datenbank steht. Darüber hinaus erhält der Entwickler wenig Unterstützung beim Dokumentieren seiner Data-Dic- tionaries und Tabellen. Lediglich O'Reillys Website Pro macht hier eine gute Figur. IBMs Net Commerce ließe sich sowohl an bestehende Electronic Data Exchange-Lösungen als auch an SAP-R/3-Systeme anbinden, allerdings muß ein Anwender Kunde der "IBM Global Services" sein, damit sich der Anbieter bequemt, die entsprechenden Instruktionen preiszugeben.

Herstellereigene Scriptsprachen

Jede Suite hat ihre eigene Scriptsprache, in die sich der Programmierer erst einarbeiten muß. Intershop verlangt dem Entwickler hier am meisten ab: Er muß sich neben der herstellereigenen "Template Language Extension", mit der das Design des Online-Ladens erstellt wird, mit Perl und Javascript auseinandersetzen.

Alle genannten Anbieter liefern ihre Produkte mit "Sample Storefronts" aus. Anhand dieser Schablone kann der Anwender einen einfachen Web-Shop aufbauen und an seine Bedürfnisse anpassen. Net Commerce von IBM erlaubt es dem User, eine Test-Site aufzubauen, ohne sie gleich mit Produkten füllen zu müssen. Auch mit Microsofts Site Server Commerce läßt sich auf die Schnelle eine simple Ladenzeile im Internet plazieren. Allerdings kann das Einrichten dieser Site auf die Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens kostspielig werden, schreibt die "Computerworld".

Die Unterstützung der User beim Füllen des Produktkatalogs weicht bei den unterschiedlichen E-Commerce-Suites stark voneinander ab. So muß der Anwender bei Domino Merchant die Artikel von Hand eintragen, und zwar selbst dann, wenn diese Daten bereits in einer Notes-Datenbank gespeichert wurden. Eine besonders gute Figur macht dabei Intershop mit seinen Import-Funktionen. Eine aussagekräftige Dokumentation sowie ein "Wizard" begleiten den Web-Entwickler beim Erstellen des Katalogs.

Offenbar gibt es jede Menge Raum für Verbesserungen im Bereich der E-Commerce-Lösungen. Eine erweiterte Datenbankunterstützung sowie eine einfachere Integration in bestehende Buchhaltungssysteme ständen den Produkten gut zu Gesicht. Internet-Service-Provider und Systemhäuser könnten diese Lücke schließen, wenn sie sich, wie in den USA bereits begonnen, als Integrationsdienstleister betätigen würden.