Die Command AG gibt sich für die Zeit nach 2000 optimistisch

"E-Commerce, Java und Data-Warehouse haben wir natürlich drauf"

29.05.1998

CW: Ihr Unternehmen feiert heuer sein 20-jähriges Bestehen. Wie wollen Sie, angesichts der Investitionskraft von SAP und Co., in technologischer Hinsicht mit den Großen der Branche mithalten?

Wiskot: Ein mittelständisches Softwarehaus wie wir bringt natürlich nicht annähernd das Entwicklungspotential auf wie die Großen. Das brauchen wir auch nicht. Denn wir konzentrieren uns auf bestimmte Branchen, und unsere Software ist demzufolge wesentlich schlanker als etwa R/3, was weniger Entwicklungsaufwand zur Folge hat. So reichen auch die Kapazitäten, um unser AS/400-Standardprodukt Frida auf dem neuesten Stand der Technik zu halten. Ein Beweis dafür ist die gute Akzeptanz des Systems. Wir sind im Frida-Bereich im vergangenen Jahr um rund 20 Prozent gewachsen.

Darüber hinaus wollen wir das Rad nicht bei allen technischen Herausforderungen selbst erfinden. Bei Trendthemen wie Data-Warehousing kooperieren wir mit Partnern und setzten auf Produkte von Spezialisten wie Cognos. Wir bieten unseren Kunden also mehr als die Euro- und Jahr-2000-Fähigkeit.

CW: Was denn konkret?

Wiskot: In erster Linie entwickeln wir Frida technologisch weiter. Dazu gehören Client-Server-Funktionalität, Data-Warehousing, E-Commerce und elektronische Archivierung.

CW: Mit der Entwicklung diese Module beginnen Sie erst jetzt?

Wiskot: Nein, die meisten sind in der Realisierungsphase oder laufen schon. Beispielsweise sind zusätzlich zu der grafischen GUI-Oberfläche auf Basis von GUI/400 die ersten 500 Frida-Programme mit neuer grafischer Oberfläche, die mit "Visual Age for RPG" entwickelt wurde, verfügbar. Dabei handelt es sich um Client-Server-Programme, die auf dem PC laufen und die AS/400 nur noch als Datenbankserver nutzen. Außerdem erlaubt die neue Oberfläche die Einbindung beliebiger Grafiken und sonstiger OLE-fähiger Objekte.

CW: Der AS/400-Markt ist laut Analysten kein Wachstumsmarkt. Soll Frida durch die Client-Server-Umsetzung auch für andere Plattformen verfügbar werden?

Wiskot: Die Visual-Age-Programme sind natürlich plattformunabhängig, die gesamte Asynchronverarbeitung jedoch, alle Batch-Prozesse also, bleiben auch in Zukunft auf der AS/400.

CW: Trotz der Argumente wie Zuverlässigkeit und einfache Handhabung, hat die AS/400 wirklich eine Chance im boomenden Windows-NT-Markt?

Wiskot: Der Wettstreit zwischen AS/400 und NT ist längst zugunsten von NT entschieden worden. Aber das heißt nicht, daß es im AS/400-Umfeld kein Wachstum mehr geben wird. IBM verzeichnete im Dezember 1997 den besten AS/400-Absatz seit bestehen dieses Rechnertyps.

Betrachtet man die heutige Betriebssystem-Landschaft bei mittelständischen Anwenderunternehmen, stößt man im wesentlichen auf drei Architekturen: AS/400, Unix und NT. Ein Wachstum kann daher kommen, daß die Unix-Systeme zwischen einem steigenden Anteil an AS/400-Rechnern und dem enormen Wachstum von NT aufgerieben werden. Die AS/400 wird dabei die mittleren und größeren Unix-Systeme ablösen, während NT in den Server-Markt von unten eindringt.

CW: Zurück zu den Anwendungen: Sie sprachen eingangs von

E-Commerce. Welche Lösungen können Sie da bieten?

Wiskot: Vor kurzem haben wir ein selbstentwickeltes Java-Programm für die Auftragserfassung via Internet auf der AS/400 gezeigt. Mit Java ist es überhaupt kein Problem, auf die AS/400 aus dem Internet zuzugreifen. Über Java-Applets läßt sich ein Auftrag erfassen, der dann in die AS/400 eingespielt wird. In Frida erfolgt dann die Preisfindung und Verfügbarkeitskontrolle. In einem Bestätigungsformular sind alle Preise, Termine und Lieferdaten etc. enthalten. Sobald dem System der Auftrag bestätigt wird, bucht es diesen ein und meldet zurück. Das ist aus unserer Sicht E-Commerce.

CW: Gründe für den derzeitigen Auftragsboom sind laut Analysten die Datumsumstellung im Jahr 2000 und die Einführung des Euro. Spätestens nach Abschluß dieser Projekte sollen bei vielen kleinere Softwarehäusern die Lichter ausgehen.

Wiskot: Sicher bringt das Jahr 2000 kurzfristig einen Auftragsboom, aber auch in den Jahren danach sehe ich für uns keine Probleme: Anwender, die sich für die Umstellung ihrer Software entscheiden, werden vorerst nur die notwendigsten Dinge tun, um sicher in das nächste Jahrtausend zu kommen. In den Jahren danach werden dann die strategischen Bereiche nachgezogen, und dann gibt es für uns auch genügend zu tun.

CW: Wie wollen Sie bei den strategischen Themen gegenüber den Großen bestehen?

Wiskot: Auf jeder Checkliste, die zu einem Pflichtenheft gehört, werden Funktionen wie Data-Warehouse, Java und E-Commerce gefordert - das ist halt modern. Doch die Realität bei den Anwendern sieht derzeit anders aus: Alle reden vom elektronischen Handel, doch nur die wenigsten machen etwas. Die Entwickler und Projektleiter werden dringender in Datum-2000- und Euro-Projekten benötigt. Wenn Anwender aber wieder Luft haben und konkret über solche Trendthemen nachdenken, sind wir gerüstet.

Glossar

RPG - Report Program Generator: eine Programmiersprache zur Erstellung von Geschäftsanwendungen und Berichten, die Mitte der 60iger Jahre von der IBM entwickelt wurde. Die neue Version RPG 400 wird meistens auf der AS/400 verwendet.

OLE - Object Linking and Embedding: eine Technik von Microsoft, die es ermöglicht, einmal entwickelte Objekte (Programme, Module) in unterschiedlichen Anwendungen wiederzuverwenden.

GUI/400 - Grafische Benutzeroberfläche der AS/400, ähnlich einer Standard-Windows-Oberfläche.

Visual Age - Entwicklungsumgebung von IBM.

Das Unternehmen

Das Ettlinger Softwarehaus Command Computer Anwendungsberatung AG beschäftigt derzeit über 120 Mitarbeiter. Es bietet das betriebswirtschaftliche Standardpaket "Frida 5.0" auf Basis von AS/400 Rechnern an. Das Unternehmen wurde 1978 gegründet und ist seit 1995 SAP-R/3-Systemhaus. Command hat R/3-Erweiterungen etwa für die Nahrungsmittelindustrie, Pharmabetriebe, Energieversorgungsunternehmen und Speditionen im Programm. Der Gesamtumsatz betrug im Geschäftsjahr 1997/98 rund 21,8 Millionen Mark und stieg im Vergleich zum Vorjahr um rund 30 Prozent. Ein Drittel davon fällt auf das R/3-Geschäft zurück, zwei Drittel werden im Frida-Bereich erwirtschaftet. In diesem Jahr peilen die Softwerker die 27-Millionen-Mark-Marke an.