DV-Verträge aus der Praxis für die Praxis

25.05.1979

Von Dr. Christoph Zahrnt Rechtsanwalt, Neckargemünd

-Es wird empfohlen, bei Vertragsabschluß nicht einfach alle vorliegenden Schriftstücke wie Pflichtenheft, Offerte, Korrespondenz etc. unbesehen zu Bestandteilen des Vertrages zu machen, sondern diejenigen Teile textlich in den Vertrag selber zu übernehmen, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nach wie vor Gültigkeit haben, allenfalls in überarbeiteter Form.

(Sonst ist die Gefahr von Widersprüchen sehr groß, da der Entscheidungsfindungsprozeß erfahrungsgemäß eine Reihe von Änderungen der Parameter mit sich bringt.)

Wesentliche Zusagen von Vertretern des Lieferanten im Laufe der Verhandlungen sind schriftlich festzuhalten und alsdann in den Vertrag zu integrieren.

(Vertrauen und Kulanz, auf die sich Lieferanten gerne berufen können bei Vertragsverhandlungen ausdrückliche Vereinbarungen nicht ersetzen.)

- Man sollte sich nicht scheuen, einen umfangreichen Vertrag zu vereinbaren. Dies läßt sich nämlich nicht vermeiden, wenn Ziffer 1.1 beachtet wird. Es ist aber darauf zu achten, daß der Vertrag sauber gegliedert wird (siehe dazu Ziffer 3).

- Es ist zu beachten, daß die Ziffer 1.1 ihre Gültigkeit auch nach Vertragsabschluß behält. Tatsächlich kommt sie erst dann zum Tragen, indem Änderungen und Ergänzungen zum Geschäft schriftlich als Vertragsänderung, vereinbart werden müssen.

Zu 1.2

- Es wird empfohlen, wo möglich mit wenigstens zwei potentiellen Lieferanten Verhandlungen zu führen, um schlußendlich die bessere Wahl treffen zu können.

2. Preis

Der vereinbarte Preis ist fest und versteht sich inklusive Nebenkosten, sofern im Einzelfall nichts Besonderes geregelt ist.

- Daß der Preis inklusive Nebenkosten zu vereinbaren ist, hat seinen Grund darin, daß einerseits nur so Angebote verschiedener Lieferanten verglichen werden können, andererseits nach Vertragsabschluß keine unliebsamen, finanziellen Überraschungen auftreten.

- Es ist darauf zu achten, daß der "Inklusive"-Preis nicht durchbrochen wird, indem der Lieferant bestimmte eingeschlossene Nebenkosten ausdrücklich aufzählt und damit den Eindruck erweckt, es handle sich dabei um eine umfassende Aufzählung. Alles, was nicht erwähnt ist, gilt in einem solchen Falle als nicht inbegriffen (Umkehrschluß!). Nebenkosten, die ausnahmsweise der Kunde trägt, sind ausdrücklich aufzuzählen und frankenmäßig zu vereinbaren, mindestens aber verbindlich zu plafondieren.

Werden Preisminderungs-/Preiserhöhungsklauseln vereinbart, so sind die Modalitäten im einzelnen zu vereinbaren und vertraglich festzulegen. Insbesondere ist zu vermeiden, daß der Lieferant indirekt zu einem Rücktrittsrecht kommt, indem er frei ist, seinen Preis ungebührlich zu erhöhen.

3. Vertragsgegenstand

Lieferumfang, Funktion, Leistung und Zuverlässigkeit (Qualität) des Vertragsobjektes sowie Preis werden im Vertrag spezifiziert.

- Was nicht im Vertrag enthalten ist, ist nicht geschuldet und kann demzufolge auch nicht gefordert werden. (Siehe Ziffer 1.1)

- Der Kunde hat sich Ziffer 4 zu vergegenwärtigen, die besagt, daß der Lieferant für die vertraglich zugesicherten Eigenschaften haftet. Es ist also von entscheidender Bedeutung, daß der Kunde sich diejenigen Leistungen und Eigenschaften vertraglich zusichern läßt, derer er konkret bedarf.

- Die folgende Vertragsstruktur, die sich aus dem logischen Ablauf eines Projektes beziehungsweise einer Beschaffung ergibt, hat sich bewährt:

* Vertrag:

Im Vertrag werden alle generell gültigen Fragen der Zusammenarbeit zwischen Kunde/Lieferant vereinbart, wie zum Beispiel geltendes Recht, Meilensteindefinitionen Zahlungsbedingungen, Verantwortlichkeiten, Ablieferbedingungen, Übergang von Nutzen und Gefahr, Geheimhaltung, Definition von Verzug, Gerichtsstand, Wartungsverpflichtungen etc.

* Anhänge zum Vertrag:

In den Anhängen zum Vertrag werden die konkreten Beschaffungen im einzelnen geregelt.

1. Der Kunde spezifiziert

- benötigte Funktionen

- benötigte Leistungen

- benötigte Zuverlässigkeit

Im Normalfall sind diese Angaben weitgehend im Pflichtenheft enthalten und können, allenfalls überarbeitet, in den Vertragsanhang übernommen werden. (Hier muß beispielsweise festgehalten werden, wann der Kunde eine komplette und zum Betrieb bereite Lieferung erwartet!)

2. Der Lieferant seinerseits legt, aufgrund obiger Anforderungen des Kunden, den Lieferumfang fest, der insbesondere folgende Angaben enthalten sollte:

- Hardware (eventuell Basis-SW)

(Typ, Anzahl, Spezifikationsblätter etc.)

- Dokumentation

(welche, wann, wieviel, in welcher Sprache etc.)

- Spezifikationen zur Infrastruktur

(verbindliche Angaben des Lieferanten)

- Spezifikationen von Zubehör zulässige Fabrikate

(Disks, Tapes, Lochkarten etc.)

- Schulung

(welche, wann, wieviel, eventuell Kosten etc.)

- eventuelle Umwandlung von Programmen/Daten

(welche, wann, unter welchen Bedindungen, eventuell Kosten etc.)

- eventuelle Testzeit

(Testzeit auf anderer Anlage, bis eigene installiert)

- eventuelle Ausweichanlage

(wo, unter welchen Umständen, wie, zu welchen Bedingungen

etc.)

- eventuelle Ausbaubarkeit/Reserven

(über welche Reserven verfügt der Kunde mit der Hardware, wieweit kann diese allenfalls ausgebaut werden etc.)

3. Nachdem der Kunde seine Anforderungen und der Lieferant den Lieferumfang verbindlich festgelegt haben, können Lieferant und Kunde gemeinsam die Abnahme vereinbaren. (Siehe dazu Ziffer 7)

4. Als letztes gilt es, den Realisierungsplan (Terminplan) zwischen Lieferant und Kunde abzustimmen und vertraglich festzulegen.

Werden mit demselben Lieferanten zu einem späteren Zeitpunkt zusätzliche Beschaffungen abgewickelt, so bleibt der Vertrag bestehen, und es müssen lediglich die entsprechenden Anhänge ausgearbeitet werden.

- Es sollte vereinbart werden, wie vorzugehen ist, wenn die Spezifikationen des Kunden (siehe 1 oben) geändert und/oder erweitert werden sollten.

Wird fortgesetzt