Importiertes Wachstum - Außenhandelsdefizit sieben Milliarden Mark

DV- und Büro-Boom geht an den deutschen Anbietern vorbei

30.08.1991

BAD HOMBURG (CW) - Die deutsche DV-Branche konnte die günstige Inlandskonjunktur und den Nachfrage-Boom aus den neuen Bundesländern nur begrenzt nutzen. Den größeren Teil des hiesigen Marktwachstums und darüber hinaus Exportanteile mußte sie ausländischen Anbietern überlassen: Das Außenhandelsdefizit stieg 1990 auf über sieben Milliarden Mark.

Wie der Bundesverband Büro- und Informationssysteme e.V. (BVB) mit Bezug auf Zahlenmaterial des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden meldet, stiegen die deutschen Einfuhren an Büro- und Computertechnik um 6,8 Prozent auf knapp 28 Milliarden Mark. Der Wert der exportierten DV-Güter lag hingegen im Berichtsjahr mit 20,8 Milliarden Mark um 1,3 Prozent unter dem von 1989. Fazit des BVB: "Das Marktwachstum wird importiert."

Die Vereinigung der Bürosysteme-Anbieter und Dienstleister wertet es dagegen als positives Zeichen für die Zukunft, daß der Gesamtumsatz 1990 erstmals mehr als 80 Millionen Mark betrug - bei einem Wachstum von zehn Prozent. Den größten Anteil daran hatte das Geschäft mit Software und Dienstleistungen, das inzwischen für gut die Hälfte des Branchenvolumens steht, heißt es beim BVB. Die im Inland angebotenen Geräte, Programme und Dienstleistungen erreichten insgesamt einen Wert von 40,3 Milliarden Mark (plus 9,3 Prozent). Der Rückgang des Produktionswertes im DV-Sektor, der 1989 fünf Prozent betragen hatte, konnte nach Darstellung des Verbandes aufgehalten werden. Mit 16,4 Milliarden Mark wurde ein leichtes Plus verzeichnet. Allerdings stiegen bei Computern, Peripheriegeräten, Software und Services die Einfuhren um den höchsten Wert, während der Export am stärksten zurückging, so daß dieses Segment mit einem Minus von acht Milliarden Mark die Außenhandelsbilanz der Gesamtbranche allein verdarb.

Sogar die Anbieter von Kommunikationsequipment konnten den Trend nicht umkehren: Sie mußten ebenfalls einen Anstieg der Importe um fast 15 Prozent auf nahezu vier Milliarden Mark zulassen, während die Exporte bei knapp fünf Milliarden Mark stagnierten. Zum ersten Mal war auch das Handelsbilanz-Saldo im deutschen Büromaschinen-Markt negativ: Während die Einfuhren (3,2 Milliarden) trendgemäß um neun Prozent höher lagen als 1989, ging der Export der deutschen Anbieter um 1,8 Prozent auf 3,1 Milliarden Mark zurück.

Japan hat dem Report des BVB zufolge den USA den Rang als wichtigste Quelle der deutschen Importe abgelaufen. Der Importwert japanischer Bürosysteme, DV-Produkte, Software und Dienstleistungen lag 1990 über sechs Milliarden Mark und machte einen Anteil am Inlandsangebot von 15 Prozent aus. Amerikanische Branchen-Player verringerten ihren Anteil an den deutschen Importen um elf Prozent auf 5,4 Milliarden Mark. Zulegen, so der BVB, konnten die Europäer: Großbritannien, Frankreich und die Niederlande steigerten ihre Ausfuhren nach Deutschland um jeweils zirka acht Prozent.

Der asiatische Angebotsmarkt ist offenbar nicht mehr nur durch die Söhne Nippons vertreten: Auch die Branchenvertreter aus Taiwan, Singapur und Hongkong bauten ihre Position als Lieferanten deutscher Bürosysteme- und DV-Anwender aus.

Der Importwert der Güter aus diesen Ländern summierte sich 1990 auf 3,2 Milliarden Mark. Aus EG-Ländern kamen nach Angaben von BVB und dem Statistischen Bundesamt ungefähr 28 Prozent aller in Deutschland angebotenen Geräte.