DV-Schulung/Muendig geworden - na und?

09.06.1995

Die Anwender sind muendiger geworden", behaupten die Schulungsanbieter, wenn sie auf das Verhaeltnis zu ihren Kunden zu sprechen kommen. Gemeint ist damit: Das Geschaeft ist trotz Aufschwung schwierig.

Tatsache ist, dass Unternehmen die Kursveranstalter weitaus kritischer beobachten, als dies noch vor einigen Jahren der Fall war. Ueber Seminartourismus spricht heute kaum noch jemand. Auch die Erwartungen sind entsprechend gestiegen. Vom auswaertigen Partner wird eine kompetente Beratung, die Begleitung der Schulungsprozesse und schliesslich die Sicherstellung des Wissenstransfers erwartet. Im Prinzip alte Huete - nur hatte sich bisher vor allem in Grossbetrieben kaum einer darum gekuemmert.

Warum auch? Alles wurde zentral verwaltet, und so richtig zustaendig fuehlte sich niemand. Nun, da viele Betriebe im Zuge von Reorganisationsprozessen Verantwortung - auch fuer das Geld - an Fachabteilungen weitergegeben haben, ist das Interesse gross, dass die Ergebnisse von Training in der taeglichen Arbeit sichtbar werden.

Und trotzdem: Obwohl die Anbieter die Lektion kennen, herrscht Unmut bei den Anwendern. Sie kritisieren die nicht ausreichende Flexibilitaet sowohl in bezug auf Preise als auch auf Inhalte. Arbeitet beispielsweise ein Veranstalter mit einem Tagessatz von 1500 Mark, ist er oft nicht in der Lage, bei kleinen Aenderungswuenschen des Kunden eine neue Kalkulation zu erstellen und ein Angebot fuer 1000 Mark abzugeben.

Das gleiche gilt fuer die Inhalte. Der Anwender erzaehlt dem Schulungsunternehmen, wo ihn der Schuh drueckt und was er benoetigt. Der Anbieter versucht ihm seinerseits weiszumachen, dass eines der Standardmodule, die er im Paket hat, das Richtige fuer ihn sei. Diese Unfaehigkeit, die Wuensche des Anwenders zu erkennen, setzt sich

haeufig bei den Trainern fort. Der Manager eines Unternehmens sprach in diesem Zusammenhang von "Einbahnstrassendozenten", von denjenigen also, die nur in der Lage sind, ihren Stoff zu vermitteln und nicht die Probleme des Benutzers kennen und seine Sprache beherrschen.

Keine Frage, der Anwender ist muendiger geworden. Nur: Er muss sich noch gedulden, bis Trainingshaeuser daraus Konsequenzen

ziehen.