DV-Projektplanung läßt sich nicht übers Knie brechen

15.07.1983

Projektplanung läßt sich keinesfalls aus dem Stegreif, sondern nur mit fest vorgegebenen Eckdaten durchfuhren. Für Siegmund Braun, DV-Manager der Chase Bank, Frankfurt, sind dabei die Kosten der wesentliche Orientierungspunkt. Für Udo Grundmann dagegen, Zentralbereich Marketing/Personalentwicklung der GMO, Hamburg, ist die Kommunikation aller Beteiligten nach wie vor wichtiger als "technische" Details. Sie sollte frühzeitig einsetzen und so umfassend wie möglich sein. Je exakter die so ermittelten Vorgaben seien, desto zuverlässiger lasse sich demzufolge eine Unternehmensstrategie konzipieren. Damit zum Beispiel eine bestimmte Software in den Fachbereichen anerkannt wird, sollten sich diese Abteilungen aktiv an der Entwicklung und Einführung "ihrer" Programme beteiligen. Der Erfolg eines Projektes steht und fällt also mit dem "good will" der Mitarbeiter aus DV- und Fachabteilungen.

Andreas Schild

Leiter Organisation Hauni Werke Körber & Co. KG, Hamburg

Fragen wie: "Wann ist Projekt X abgeschlossen?", "Wie lange dauert es, bis wir in unserer Abteilung Anfrage Y über Bildschirm tätigen können?" oder vielleicht auch ganz schlicht: "Wann habe ich Auswertung Z auf meinem Schreibtisch?" gehören wohl in allen Unternehmen, die mit EDV arbeiten, zum Alltag. Zu antworten ist für den DV-Leiter oftmals schwierig. Häufig wird eine Antwort erwartet, aber weder Zeit noch Mittel für die Realisierung zur Verfügung gestellt.

Daß Projektplanung nicht aus dem Stegreif betrieben werden kann, zeigt sich an einer Vielzahl von Faktoren, die das Ergebnis beeinflussen. Die Geschäftsleitung legt zunächst die Rahmenbedingungen fest, die im allgemeinen durch die Vorgabe des EDV-Jahresbudgets und der Prioritäten über die aus Unternehmenssicht vorrangig zu betreibenden EDV-Aktivitäten gegeben sind. Mit dem EDV-Budget sind zugleich Werte für den Umfang der einzusetzenden Hardware und für den Mitarbeiterstab bestimmt.

Die Anzahl der Mitarbeiter, deren Ausbildungsstand, notwendige Schulungsmaßnahmen und die daran anschließende Lernphase drücken den DV-Leiter häufig am meisten. Zu oft stehen nicht genügend Mitarbeiter zur Verfügung. Personalknappheit trifft in zunehmendem Maße aber auch die Fachbereiche. In den Fachbereichen anerkannte Software setzt voraus, daß diese Abteilungen selbst an ihrer Entstehung und Einführung entscheidend mitwirken. Insofern muß der DV-Leiter in seine Planungen einbeziehen können, in welcher Form sich die Fachbereiche an der Projektarbeit beteiligen. Dazu sollte feststehen, ob beispielsweise ein EDV-Koordinator permanent mitarbeitet, oder ob nur zeitbegrenzt auf aussagefähige Mitarbeiter der Fachbereiche zugegriffen werden kann. Manche Projektverzögerung liegt daran, daß es in der Fachabteilung und nicht in der EDV zu wenig Mitarbeiter gibt. Die Terminplanung von Projekten setzt voraus, daß im Unternehmen verbindliche Richtlinien über die Abwicklung von Projekten existieren und die jeweiligen Projektphasen mit wohldefinierten Zielen zu versehen sind. Je exakter die Vorgaben und die Kriterien zur Überprüfung des Erreichten sind, desto zuverlässiger kann die Projektplanung ausfallen.

Lieferzeiten vom Hersteller für Hard- und Softwarekomponenten müssen vorliegen, wenn Programmentwicklung und Test sowie der spätere produktive Einsatz darauf aufbauen.

Nicht zuletzt fließen aber auch die Erfahrungen, die aus der Analyse von Soll- und Ist-Zeiten früherer Planungen gewonnen werden, als wichtiger Faktor in die neuen Überlegungen ein.

Neben allen technischen Daten ist manchmal vielleicht auch ein psychologischer Eckpfeiler notwendig. Der DV-Leiter braucht das Verständnis der Fachbereiche, daß seine Planungen nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt werden und nicht dazu dienen, irgendeinem Fachbereich etwas vorzuenthalten oder diesen zurückzustufen. Die Akzeptanz von Projektplänen läßt sich verbessern, wenn es gelingt, die Fachbereiche am Entstehen von Projektzeiten und -prioritäten zu beteiligen, so daß sie selbst Verantwortung über gemeinsame Entscheidungen übernehmen müssen.

Siegmund Braun,

DV-Manager, Chase Bank AG, Frankfurt

Wesentliche Orientierungspunkte bei der Realisierung eines DV-Projekts sind nach wie vor Rationalisierung und Kosten. Weiteres entscheidendes Kriterium ist, daß die Anforderungen zukünftiger Benutzer berücksichtigt werden müssen. Das heißt, die DV muß genau nach den Bedürfnissen des Unternehmens strukturiert sein. Aus diesen Überlegungen lassen sich alle weiteren Details ableiten, die zur Realisierung eines DV-Projekts beitragen. Das sind: Art des Produktionszweiges, Batch- oder Realtime-Verarbeitung, möglicherweise eine Kombination aus beiden, fachliche Schwerpunkte, zeitkritische Verarbeitung.

Hieraus die richte Problemlösung zu entwickeln, ist heute, aus meiner Sicht, besonders für DV-Einsteiger ein großes Problem. Die zahlreichen Möglichkeiten, die dem Anwender auf dem Markt angeboten werden, machen eine genaue Planung notwendig. Sonst läßt sich für den jeweiligen Nutzer keine sinnvolle und kostengünstige Problemlösung finden.

Obwohl die Systeme im Laufe der Zeit wesentlich besser, im Sinne von komfortabler, geworden sind, befinden sich viele Unternehmen in einer Situation, die von Unsicherheit und Mißtrauen gegenüber der DV/Informationstechnik geprägt ist. Hinzu kommen relativ hohe Automatisierungskosten, die immer noch stark in den Vordergrund unternehmerischer Ziel- und Aufgabenstellung gerückt sind.

Udo Grundmann

Zentralbereich Marketing/ Personalentwicklung, GMO (Gesellschaft für moderne Organisationsverfahren mbH), Hamburg

Wer den Bau einer Straße planen und durchführen will, braucht zu seiner Orientierung die Bestimmung seines Standortes und das Ziel, zu dem die Straße führen soll. Nicht anders verhält es sich mit der Planung und Steuerung eines Projektes: Dem Standort entspricht die Ist-Situation eines Unternehmens mit seinen Funktionen, Fachbereichen und Anwendungen. Die Analyse der Ist-Situation beschreibt die Stärken und Schwächen. Das Ziel wird aus dem Sollzustand ersichtlich, der kein idealistisches Wunschbild darstellen soll,' sondern ein realistisches, machbares Bild des Unternehmens. Das einzige Eckdatum auf der strategischen Ebene ist also dieses Gesamtkonzept.

Beschränkt sich eine Projektplanung nur auf die operative Ebene, gibt es Orientierungsschwierigkeiten und Probleme bei der Zielfindung. Eine solche Konzeption findet im luftleeren Raum statt und ist zum Scheitern verurteilt.

Welche Mittel dem DV-Leiter nun zur Verfügung stehen, wird aus der Ist- und Soll-Situation innerhalb des DV-Bereiches klar: Stärken und Schwächen der Mitarbeiterkapazität und -qualifikation sowie der technologischen Ausstattung spielen eine Rolle.

Entscheidend bei der Projektplanung ist, daß man auch dann nicht vom Ziel abweicht, wenn es sich nur auf Umwegen erreichen läßt. Wird die Zeit knapp, gilt es, mit geeigneten Maßnahmen die Frist zu überbrücken, bis die in Zukunft erwarteten Hilfsmittel verfügbar sind.

Wenn jetzt noch im DV-Bereich ein System-Entwicklungskonzept (SEK) existiert mit definierten Projektphasen, Systementwicklungs- und Systemumgebungsaufgaben, wenn Phasenergebnisse und Empfehlungen für Methoden und Werkzeuge ebenfalls definiert sind, und wenn die Projektplanung und -steuerung noch durch ein maschinelles Projektplanungs- und Steuerungssystem unterstützt wird, dann sind alle Voraussetzungen vorhanden für eine reibungslose Projektplanung und -abwicklung. Die aus dem SEK ersichtliche Vorgehensweise leitet den Projektplaner und -steuerer bis ins Detail.

Das wesentlichste Eckdatum, das durch nichts zu substituieren ist, ist die Kommunikation. Sie muß rechtzeitig einsetzen und ausführlich sein.

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