DV-Organisator: Balance-Akt zwischen den Stühlen

15.02.1980

Die Wechselbeziehung zwischen Fachabteilungs- und DV-Problemen macht die Aufgabe des DV-Organisators zwar reizvoll, aber auch unbequem. Denn eine unvermeidbare Zwei-Fronten-Politik des DV-Organisators bewirkt, daß im Unternehmen nicht nur DV-Unwissende sondern auch DV-Kollegen oftmals aus allen Rohren gegen ihn schießen. Und das nach Meinung von Rüdiger Paschedag sicherlich zu unrecht. "Die Tätigkeit des DV-Organisators," so der Dortmunder Orga-Chef, "entspricht heute durchaus einer mittleren Management-Funktion." Günter Sawka, Orga-Chef bei der Münchener Raiffeisenbank, fährt hingegen schwere Geschütze auf: "Die DV-Organisatoren sind oftmals zu stark theoretisch orientiert und lassen meist fundierte Branchenerfahrung vermissen." Letzteres sei maßgeblich dafür, daß einige, nicht gerade schlechte Mitarbeiter, relativ schnell in ihrem Job "baden gehen". Dazu Aegidius Lorz von der Adi Dressler KG Herzogenaurach: "Die künftige Stellung des DV-Organisators im Unternehmen wird von dem Gelingen abhängen, sich als Berater und/oder Koordinator zwischen Fach- und DV-Abteilung zu verkaufen."

Aegidius Lorz

Leiter Organisation/EDV adidas-Sportschuhfabriken ADI DASSLER KG (IBM 370/138, DOS/VSE)

Zunächst dazu ein paar grundsätzliche Überlegungen: Unternehmensgröße, Unternehmenswachstum und Unternehmensstil prägen im wesentlichen die jeweilige Unternehmensstruktur.

Dazu kommt noch die Vitalität der bestehenden Organisationsform in Abhängigkeit zu den einzelnen Organisationsstrukturen, die streng hierarchisch - diktatorisch oder sportlich - elastisch zu betrachten sind. Die Akzeptanz der bestehenden Organisationsform oder deren stetiger Wandel, ist eine weitere Herausforderung an alle Beteiligten. Zu der wesentlichsten Aufgabe zähle ich die Steuerung des Informationsflusses innerhalb des Unternehmens.

Entscheidend bei der Beurteilung der Stellung des EDV-Organisators ist meiner Meinung nach, inwieweit es ihm gelingt, sich als Berater und/oder Koordinator zwischen den Fachabteilungen und der EDV zu "verkaufen". Ein gutes Auge für das Machbare - im wirtschaftlich vertretbaren Rahmen und den Unternehmenszielen entsprechend - bestimmen (zu einem nicht unwesentlichen Teil) die Stellung des EDV-Organisators. Entscheidend dabei ist es aber auch, daß bereits innerhalb der EDV die Weichen so gestellt sind, um die daraus resultierenden Forderungen und Erwartungen erfüllen zu können.

Der EDV-Organisator ist also der Koordinator zwischen zwei Interessengruppen. Er trägt mit seinem Durchsetzungsvermögen, seiner Ausdauer und seinem fachlichen Wissen dazu bei, daß es nicht nur bei fachlichen Überlegungen/Diskussionen bleibt, sondern daß auch sichtbare Fortschritte, Ergebnisse erzielt werden.

Seine Stellung innerhalb des Unternehmens hängt aber auch weitgehend davon ab, wie die EDV-Abteilung selbst in diesem Unternehmen angesiedelt ist und damit bereits von der Geschäftsleitung gewichtet wird. EDV-Organisation und EDV-Abteilung sind als eine Einheit innerhalb des Unternehmens zu betrachten. Der Stellenwert dieser Einheit wird somit wesentlich von der Unternehmensleitung bestimmt.

Herbert Merkel

EDV-Leiter, Adig-Investment GmbH, München (IBM 370/138, DOS/VSE)

In unserem Unternehmen herrscht seit drei Jahren das Prinzip des Organisationsprogrammieres Zusätzlich und bei uns Fachabteilungskoordinatoren (mit EDV- und Fachabteilungsausbildung) sowie die allgemeinen Betriebsorganisatoren, die in einer eigenen Abteilung zusammengefaßt sind, für anfallende Organisationsaufgaben tätig. Letztere sind nicht in die EDV integriert und dienen zur Unterstützung der Fachabteilungen bei Erarbeitung von EDV-Aufträgen.

Projektaufträge gehen in schriftlicher Form von den Fachabteilungen (in Zusammenarbeit der allgemeinen Organisation) an die EDV, werden dort zusammen mit dem Organisationsprogrammierer, der für dieses Anwendungsgebiet schwerpunktmäßig eingesetzt ist, zur Überprüfung und Vorbereitung an die EDV-Bearbeitung weitergegeben.

Aus unserem Konzept entwickeln sich enge Kontakte zwischen dem Organisationsprogrammierer, sprich EDV-Organisator, und den Mitarbeitern der Fachabteilungen. Die Fachabteilungen sehen somit den EDV-Spezialisten nicht nur als Kontaktperson für die laufende Projektarbeit, sondern auch als Kontaktperson bei eventuellen Problemen. Das heißt, der EDV-Organisator wird hiervon immer wieder berührt und somit in seiner ursprünglichen Projektarbeit gestört. Auch das Rechenzentrum als EDV-interne Gruppe, tritt an den DV-Organisator mit Fragen aus der anfallenden RZ-Arbeit heran.

Eine weitere Störung erfährt die Arbeit des EDV-Organisators durch die Zusammenarbeit mit der allgemeinen Organisation sowie den Fachabteilungen in der Vorbereitung von EDV-Aufträgen und auch in deren Ausführung. Die allgemeine Organisation muß Betriebsmittel unter EDV-technischen Gesichtspunkten in den Projektauftrag einbetten und kommt dort des öfteren mit dem EDV-Organisator in Problemsituationen, speziell im technischen Bereich. Im Einzelfall gibt es auch Konflikte bei der Aufteilung von Projekten in einzelne Programme und deren Ablaufschemata.

Die Fachabteilungen sehen auch oftmals ein Fachproblem nicht als ihr eigenes Problem an. Das Argument: Das weiß ja die "Allgemeine Organisation" schon, die werden das schon machen. Der EDV-Organisator wiederum tritt an die "Allgemeine Organisation" heran und meint, das sei nicht sein Problem. Das geht dann unendlich so weiter Hier liegen mit die größten Konfliktpunkte, denn der DV-Organisator wird in dieser Situation zum "Mädchen für alles" degradiert.

Rüdiger Paschedag

Leiter der Organisation, Dortmund

Um sich über die Stellung eines DV-Organisators in einer Unternehmung klar zu werden, ist es zunächst notwendig, die Aufgabenstellung der Organisation und Datenverarbeitung im allgemeinen zu definieren.

Die Aufgabe der Organisation besteht in der Optimierung und Harmonisierung von Arbeitsbedingungen. Arbeitsbedingungen können dabei technologischer Natur sowie systembedingte Abläufe sein.

Der Datenverarbeitung fällt die Aufgabe zu, Informationen in sinnvoller Weise zu verwalten, um sie bei Bedarf schnell und in übersichtlicher Form zur Verfügung stellen zu können.

Daten werden in der Regel vom Fachbereich geliefert. Die Programmierung übernimmt die systembedingte Aufbereitung. Zwischen diesen beiden Bereichen übernimmt der DV-Organisator die koordinierende Rolle.

Um mit dem Einen sowie dem Anderen korrespondieren zu können muß der DV-Organisator

1. über ein solides Wissen über das gesamtbetriebliche Spektrum verfügen und

2. in der Lage sein, Forderungen aus dem Fachbereich in eine für die Programmierung erforderliche Form zu dokumentieren.

Die Ausübung der Funktion ist teilweise mit Innovationshandlungen verbunden, an die, aufgrund der unternehmerischen Zielsetzung, Rationalisierungseffekte geknüpft sind.

Neben der fachlichen Positionierung ist zur Durchführung dieser Aufgaben eine direkte disziplinarische Strukturierung zur Geschäftsleitung erforderlich.

Die Stellung des DV-Organisators muß also in zweifacher Hinsicht vorgenommen werden.

1. Die fachliche Stellung muß zwischen Programmierung und Fachbereich liegen.

2. Die hierarchische Stellung muß im direkten Verhältnis zur Geschäftsleitung stehen.

Unter den zur Zeit gegebenen Prämissen führt der DV-Organisator eine Aufgabe aus, die bei Charakterisierung der Wertigkeit einer mittleren Managementfunktion entspricht.

Das Berufsbild des DV-Organisators in die Zukunft projiziert, halte ich unter dem Aspekt der Weiterentwicklung von Hardware und Software jedoch nicht für lebensfähig.

Mit Beginn der neunziger Jahre ist mit einer Orga-Typologie zu rechnen, die dem konservativen Organisator entspricht. Dies bedeutet nicht, daß der Organisator dieser Epoche mangelndes DV-Wissen haben wird.

Folgende Punkte werden ihn aber als Koordinator überflüssig machen:

1. Reduzierung der Kosten auf dem Mediensektor sowie eine bessere Handhabung werden eine Dezentralisierung auslösen.

2. Die Fachbereiche werden dadurch in die Lage versetzt, direkt mit der Programmierung zu korrespondieren beziehungsweise Organisationslösungen direkt und selbst auszuführen. Die Konstellation ist unter anderem durch den erhöhten schulischen Level auf dem DV-Gebiet zu erwarten.

Die jetzige Stellung des DV-Organisators als Stabsfunktion wird demnach durch einen Informatiker in einer Linienfunktion abgelöst.

Günter Sawka

Leiter Organisation Raiffeisenbank e. G., München

Der DV-Organisator müßte eigentlich im Unternehmen eine wichtige Stellung einnehmen. Es ist ein Beruf mit Zukunft und einem breiten Wirkungsspektrum. Der DV-Organisator (und kein anderer!) hat die Aufgabe, ein Unternehmen nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten auf die EDV vorzubereiten und diese letztendlich in den Betrieb zu integrieren - eine Aufgabe, die eine starke Stellung des DV-Organisators erfordert, aber der zur Zeit noch jegliche Anerkennung fehlt. Dies dürfte mit dem fehlenden Verständnis für die Aufgabe des DV-Organisators seitens der Fachabteilungen zusammenhängen.

In der Stellenbeschreibung sollten von vornherein sowohl die Aufgaben der Projekt-, System- und Anwendungsplanung als auch der Anwendungs-, Projekt- und Systemorganisation (eventuell auch Anwendungsprogrammierung) klar definiert werden. Es ist wichtig, daß gerade der Einsatz eines DV-Organisators speziell in jedem einzelnen Punkt erläutert wird. Hier fangen jedoch die Probleme bereits an: Befugnisse wären neben allgemeinen firmenüblichen Tätigkeiten zu fixieren. Unklar ist immer noch, ob ein unbeschränktes Informations- und Auskunftsrecht im Zusammenhang mit dem jeweiligen Projekt oder der jeweiligen Aufgabe herrschen sollte. Ebenso ist der konkrete Einsatz des DV-Organisators in vielen Unternehmen noch unklar. Die einen wollen lediglich eine "Hilfskraft für den Notfall", die anderen eine Art Anwendungsprogrammierer. Das verwirrt verständlicherweise auch den Mann, der dann den Job zu machen hat.

Problempunkte liegen andererseits auch direkt bei den DV-Organisatoren. Sie sind zu stark theoretisch-orientiert und lassen oftmals fundierte Branchenerfahrung vermissen. Letzteres ist der Grund, daß einige, nicht unbedingt schlechte Leute, relativ schnell baden gehen.

Schwierigkeiten haben DV-Organisatoren bei der praktischen Umsetzung gegebener Problemstellungen. Außerdem ist meiner Meinung nach die Vorgehensweise zu stark EDV-orientiert. Dadurch entfernt man sich zu schnell vom logischen Ablauf und da - oftmals - das Einfühlungsvermögen bei der Analyse fehlt, werden Kontakte zerstört.

Auch die Mitarbeiter in den Fachabteilungen sehen den DV-Organisator als Problem. Der Grund hierfür liegt in der Angst um den Arbeitsplatz. Denn wenn der Organisator zu ihnen kommt, bringt er selten etwas Positives mit, könnte er doch den einen oder anderen Kollegen wegrationalisieren. Das äußert sich dann in Ablehnung.