Marktforscher wollen mit dem Begriffswirrwarr aufräumen, um Vergleichsbasis zu schaffen:

DV-lndustrie definiert neue Computerklassen

02.05.1986

MÜNCHEN/WÜRZBURG (CW) - Dem Durcheinander mit den Computergrößenklassen bei Marktanalysen will ein Arbeitskreis aus Industrievertretern, Marktforschern und Wissenschaftlern ein Ende setzen. Das Team, das zwei Jahre lang damit beschäftigt war, sich auf neue Kriterien zu einigen, hat jetzt den seiner Meinung nach maßgebenden Katalog veröffentlicht.

Die Ergebnisse aus dem Arbeitskreis mit dem ellenlangen Titel "Anwendungen im Bereich Marketinginformationssysteme für den EDV-Vertrieb" innerhalb der Gesellschaft für Informatik kommen wahrscheinlich schon in diesem Jahr der Praxis zugute. Die Münchner Marktforschungsfirma Comtec, Ableger der Infratest-Gruppe, wird aller Voraussicht nach bereits Ende 1986 ihre Marktdaten auf der Basis des neuen Katalogs erheben. Federführend bei der Überarbeitung der Unterscheidungskriterien war Professor Dr. Rainer Thome vom Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik der Würzburger Universität. Wenn die Zielsetzung dieses industrienahen akademischen Arbeitskreises erreicht wird, gehört die verwirrende Vielfalt der Markteinteilungen bald der Vergangenheit an, und damit könnten die Zahlen diverser Marktforscher endlich einigermaßen vergleichbar werden.

Mitarbeiter der Firmen Bull, IBM, Kienzle, MAI, NCR, Nixdorf, Olivetti, Philips, Siemens, Telenorma und Ausrüstungen zur maschinellen Informationsverarbeitung sind in diesem Katalog enthalten. Die beiden üblichen verschiedenen Strukturierungen der erhobenen Stückzahlen von im Einsatz befindlichen Geräten nach generellen Gruppen von Produkttypen und Preisklassen bringen nach Ansicht des Arbeitskreises nämlich für die Marktbeobachtung nicht den gewünschten Effekt. Insbesondere werde bei der Zuordnung von Geräten bislang zu sehr auf die Preiskategorien geachtet. Die neue Klassifikationsstruktur des jetzt vorgestellten Produktkataloges (siehe Liste) soll helfen, diese Schwierigkeiten zu überwinden.

Die Klassengrenzen der einzelnen Parameter können über die Zeit variieren, weil sich die Anwendungsbereiche weiterentwickeln und technische Neuerungen Klassengrenzen überspringen. Ältere Systeme bleiben in ihrer ursprünglichen Vergleichsgruppe, auch wenn ihr Leistungsspektrum im Vergleich zu neu aufgenommenen Wettbewerbsprojekten mit der technischen Fortentwicklung zurückbleiben muß. Ihre Position wird dadurch kenntlich gemacht, daß sie nach Announcementangaben der Hersteller aufsteigend sortiert in den Vergleichsgruppen ausgewiesen werden.

Am Lehrstuhl von Professor Thonie wird der gesamte Katalog in einem Datenbankverwaltungssystem geführt, so daß er problemlos fortgeschrieben werden kann und außerdem die gezielte Suche über die Merkmale der Geräte, Hersteller und Klassen möglich ist. Es wird angestrebt, daß weitere Hersteller an der direkten Zulieferung ihrer Produktdaten partizipieren und damit auch in den Kreis der Nutznießer der neuen Klassifikation eintreten. Ansonsten werden die Produkte der nicht direkt beteiligten Hersteller auf Grund ihrer spezifischen Merkmale von der Katalogarbeitsgruppe selbst einklassifiziert.

Der Arbeitskreis will im Katalog möglichst umfassend den europäischen Markt beschreiben. Dazu werden die Ankündigungen der Mitgliedsfirmen nach gleichen Kriterien bewertet und eingebunden. Vorteilhafter und sehr gewünscht wäre jedoch auch die aktive Teilnahme weiterer Anbieter außerhalb der Teilnehmergruppe des Arbeitskreises am Klassifikationsprozeß. Die Koordination wird vom Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik der Universität Würzburg durchgeführt, als dessen Inhaber Professor Dr. R. Thome die Funktion des Sprechers des Arbeitskreises übernommen hat.