Gute Quartals- und Halbjahresergebnisse sind die Ausreißer:

DV-Klassiker ziehen magere Zwischenbilanzen

04.08.1989

MÜNCHEN (CW) - Nach IBM und Apple hat nun auch ein großer Teil der übrigen US-Computerhersteller Kassensturz gemacht. Die Zwischenbilanz zum 30. Juni zeigt keine rosige Konjunktur: Control Data, Unisys, Wang, Cray, Prime, DEC oder Amdahl - die Liste der Unternehmen mit einem Knick in der Wachstumskurve ist lang. Nur einige Anbieter aus dem PC-Geschäft oder Nischenmärkten, so Compaq, Microsoft oder Convex - glänzten mit Erfolgen.

Den fettesten Brocken tischte den New Yorker Analysten die Control Data Corp. auf - eine halbe Milliarde Dollar unter Null in einem einzigen Quartal. Dieses Defizit, das Erinnerungen an den 1986 eingefahrenen Verlust in Höhe von 567,5 Millionen Dollar wachrief, war allerdings zum größten Teil bereits einkalkuliert, enthält der Verlustbetrag von 497,3 Millionen Dollar doch allein 476 Millionen Dollar Kosten aus der Umstrukturierung des Konzerns. Der Umsatz konnte von der Schrumpfkur nicht verschont bleiben: Er rasselte von 952 Millionen Dollar kellerwärts auf 804 Millionen Dollar.

Mittlerweile soll aber der Ausverkauf von maroden und wertvollen Firmenteilen abgeschlossen sein; auch halten die Gläubigerbanken vorerst still. Als Kern der CDC bleibt voraussichtlich die Computer Products Group erhalten, ein von 11 000 auf 8000 Mitarbeiter geschrumpfter Geschäftsbereich mit 1,1 Milliarden Dollar Jahresumsatz. Hier werden die Aktivitäten in der Systemintegration mit denen in der Cyber-Mainframeproduktion zusammengelegt. Das Schlüsselwort für das einstige Mitglied des BUNCH-Lagers heißt übrigens Unix; folgerichtig werden viele der künftigen Produkte nicht mehr selbst gefertigt werden, sondern von anderen Herstellern kommen. In Europa hat CDC bereits Erfahrungen als Wiederverkäufer von Fremdware gesammelt.

Ein bekanntes Unternehmen, das sich neuerdings des zusätzlichen Vertriebskanals Control Data bedient, lieferte den Finanzexperten von Wall Street ebenfalls schlechte Nachrichten: Die von ihrem Gründer Seymour verlassene Cray Research rechnet für 1989 mit Nullwachstum. Im zweiten Quartal blieb mit 4,4 (Vorjahreswert: 19,1) Millionen Dollar nur noch ein minimaler Gewinn in der Kasse, und beim Umsatz von 128 Millionen Dollar verfehlte Cray sogar das schon sehr dürftige 1988er Niveau (damals waren es 134 Millionen). Da half auch der Verkauf einer Y/ MP nach Japan nicht viel.

Während der Supercomputer-Marktführer leidet, sind beim Minisuper-Experten Convex die Zahlen mini, aber super: Der Profit stieg im zweiten Quartal um eindrucksvolle 108 Prozent auf trotzdem nur 2,4 Millionen Dollar bei Einnahmen, die mit 37,4 Millionen Dollar um knapp die Hälfte über denen des Vorjahreszeitraums lagen.

Im klassischen Mainframe-Bereich tut sich die Industrie da schon schwerer, wie an den Finanzdaten von Amdahl und Unisys abzulesen ist. Der Fujitsu-nahe Hersteller IBM-kompatibler Großrechner und der Univac-Erbe hatten das Problem gemeinsam, daß trotz mäßig wachsenden Umsatzes die Kosten einen immer größeren Anteil der Einnahmen auffressen. Zwar überwiesen die Kunden 2,57 (2,39) Milliarden Dollar auf die Unisys-Konten, doch als Ertrag standen am Ende des Quartals nur noch hauchdünne 53,6 (162,3) Millionen Dollar zu Buche (Umsatzrendite: zwei Prozent). Bei PCMer Amdahl trug der scharfe Wettbewerb seitens des Armonker Rivalen seinen Teil dazu bei, daß - bei einem Umsatzplus um 11 Prozent auf 471 Millionen Dollar - der Überschuß auf 32,8 (52,7) Millionen Dollar zusammenschmolz .

Dem Minicomputer-Primus Digital Equipment erteilen die Analysten ebenfalls keine guten Noten mehr, auch wenn die Marge noch nicht dermaßen kaputt ist wie bei Unisys. Denn das Wachstum ist, gemessen an alten Zeiten, praktisch zum Erliegen gekommen. Nur noch um fünf Prozent legte DEC im Quartal zu, so daß sich die Gesamteinkünfte auf 3,5 Milliarden Dollar hochquälten. Im soeben abgeschlossenen Geschäftsjahr 1988/89 erreichte das Unternehmen aus Maynard/Massachusetts 12,7 (11,5) Milliarden Dollar Umsatz und knapp 1,1 (1,3) Milliarden Dollar Reingewinn. Branchengurus wie Bob Djurdjevic (Annex Research) und David Wu (S.G. Warburg) kommentierten die Ergebnisse mit der kaum verhohlenen Empfehlung an das DEC-Management, während der nächsten Zeit kräftig Personal einzusparen.

Scharfe Preiskonkurrenz

drückt auf die Margen

Besser erging es da einer britischen Computerfirma, die in der letzten Zeit immer wieder im Zusammenhang mit europäischen Fusionen ins Gespräch gebracht wird: ICL. Die Tochter der englischen STC Plc. verzeichnete im ersten Halbjahr einen 19 prozentigen Umsatzanstieg auf 773 (647) Millionen Pfund und konnte dabei immerhin den Betriebsgewinn um acht Prozent auf 63,1 Millionen Pfund verbessern. Freilich drückte die scharfe Preiskonkurrenz von Unternehmen wie Nixdorf und Olivetti auf die Margen.

Als Fels in der Brandung präsentiert sich das amerikanische PC-Unternehmen Compaq. Hier wuchern immer noch Umsatz und Gewinn, obgleich die Rendite des zweiten Vierteljahres mit 11,6 Prozent gegen die (für eine Hardwarefirma exorbitanten) 12,8 Prozent des Vorjahresquartals deutlich abfällt. Die Zahlen: 58 Prozent mehr Umsatz (722/457

Millionen Dollar), 43 Prozent mehr Ertrag (83,9/ 58,6 Millionen Dollar). Compaq-President Rod Canion ist den noch vorsichtig mit Prognosen: Bei seiner Vorhersage, daß der PC-Markt heuer um 15 bis 20 Prozent expandiere, will er bleiben.

Geradezu miserabel steht der dBase-Anbieter Ashton-Tate da: Die Läger des Handels sind voll mit Ashton-Tate-Ware, die erst einmal abverkauft werden muß - was angesichts der verfrühten Ankündigung neuer Produkte schwer fällt. Diese Neuheiten freilich sind noch nicht lieferbar, bringen also nur Kosten statt Einnahmen. So brach der Umsatz zusammen (59,5 statt 71,9 Millionen Dollar im Quartal), aus dem Gewinn von 11,5 wurde binnen Jahresfrist ein Verlust von 19, 8 Millionen Dollar. Schwacher Trost: In Europa gehen die Geschäfte besser.

Microsoft hingegen schwimmt als eines von wenigen Softwareunternehmen auf einer Woge des Erfolgs. Dank großer Nachfrage nach der Textverarbeitung "Word und dem Spreadsheet ."Multiplan", so feiert sich die deutsche Dependance des US-Konzerns in Unterschleißheim selbst, sei ihr Umsatz im Geschäftsjahr 1988/89 (30. Juni) um 53 Prozent auf 140 Millionen Mark gewachsen. Die Mutter meldete für diesen Zeitraum ein Plus von "nur" 36 Prozent auf 804 Millionen Dollar beim Umsatz; als Rendite strich die PC-Softwarefirma mit 21,2 Prozent vom Umsatz noch mehr ein als im Vorjahr - in absoluten Zahlen: 170,5 Millionen Dollar Reingewinn.

Nur zehn Prozent größer als Microsoft ist, gemessen am zweiten Kalenderquartal, der Software-Großakquisitor Computer Associates aus Garden City. Trotz um 31 Prozent gestiegener Gesamteinnahmen von 244 Millionen Dollar verdiente der Programm-Allrounder von der Ostküste nach Steuern gerade 26,7 Millionen Dollar; bei Microsoft blieben von nur 220 Millionen Dollar unter dem Strich satte 45,4 Millionen Dollar stehen. Von beiden Vorbildern können jedoch die Manager der Unix-Programmschmiede Informix nur träumen - ihre Rendite liegt bei bescheidenen 3,3 Prozent oder 1,1 (zweites Quartal 1988: 1,5) Millionen Dollar bei 33,6 (26,1) Millionen Dollar Erlösen aus dem Verkauf ihrer Softwarelizenzen.