DV Karriere-Fahrplan: Viermaliger Wechsel ist normal

07.12.1979

Vollbeschäftigung in der Datenverarbeitung zwingt die Anwender derzeit verstärkt zu Maßnahmen, die in dieser Form bislang unüblich waren: EDV-Leute werden neuerdings mit-"Karriere-Fahrplänen" geködert. Absicht: Sie sollen dem Unternehmen möglichst lange erhalten bleiben. Und dies, obwohl - so Dieter Wolf Müller, MlS-Manager der Bonner Ideal Standard GmbH - für die meisten mit dem EDV-Leiter-Titel bereits die letzte Station auf dem Karriere-Zug erreicht sei. Einen drei- bis viermaligen

Wechsel hält Müller daher für durchaus angebracht und vorteilhaft. "Karriere-Ziele", empfiehlt andererseits der Gladbacher DV-Chef Karl-Heinz Aufermann, "müssen jedoch ständig neu auf Einflüsse und Veränderungen überprüft werden." In einer Zeit in der die Technologie von heute sehr schnell wertlos werde, sei dies allerdings enorm schwierig, räumt Aufermann ein. Drei DV-Leute ("die es bereits geschafft haben") geben Tips und

Anregungen zum Erreichen gesteckter Karriere-Ziele.

Dieter Wolf Müller,MlS-Manager, Ideal Standard GmbH, Bonn

Nach meiner Auffassung ist 1\ die Mobilität in der Datenverarbeitung in letzter Zeit noch mehr gesunken. Unter Mobilität verstehe ich, daß Mitarbeiter bereit sind, ihren Arbeitsplatz zu wechseln. Dies ist natürlich eine Folge der Vollbeschäftigung in der EDV. Daraus resultiert, daß Unternehmen bereit sind, die Entwicklung für qualifizierte Mitarbeiter; im Hause zu fördern. Die Entwicklung im DV-Management geht seit ! einiger Zeit in die Richtung zweier | Schwerpunkte: I 1. Produktionsmanagement - Es umfaßt die gesamte Produktion einschließlich deren technische Einrichtungen und Einsatzentwicklung nebst Kontrolle. Hinzu kommt die entsprechende Betriebs-Software. Eingeschlossen ist ebenso die Produktionsplanung, Ablaufsteuerung, Datenverwaltung und Datensicherung.

2. Entwicklungsmanagement - Es wird sich nach und nach von den technischen Problemen lösen und immer mehr rein fachlich orientiert sein. Die zur Verfügung stehenden Methoden sowie die Entwicklungsinstrumente werden den Einsatz konventioneller Programmierer weitgehend erübrigen, beziehungsweise drastisch reduzieren. Schwerpunkt wird künftig die Entwicklung von Informationsstrukturen sein, einschließlich der damit verbundenen organisatorischen Aspekte.

Die Mehrzahl der Verantwortlichen in der Datenverarbeitung scheint langsam zu erkennen, daß es immer notwendiger wird, nach allgemeinen Management-Prinzipien zu arbeiten. Dadurch wird natürlich der DV-Mythos, den sich die Datenverarbeiter selbst geschaffen haben, etwas abgebaut. Unter Einbeziehung dieser Punkte möchte ich nun die Karriere eines DV-Mannes bis hin zum Management skizzieren.

Die erste Stufe im Karriere-Fahrplan beinhaltet die ausführliche Grundausbildung. Sie sollte etwa drei bis vier Jahre dauern und bedeutet Erwerben des Handwerkzeuges, also Methoden der Systementwicklung sowie Systemsteuerung. Nach dieser ersten Lernphase sollte etwa ein Systementwicklung minimal zwei dieser Methoden beherrschen und in der Lage sein kleinere Projekte abzuwickeln. Über alle weiteren Methoden oder Techniken der EDV sollte er wenigstens einen groben Oberblick haben. Jetzt mußte eine Orientierung in die gewünschte Entwicklungsrichtung stattfinden, also entweder Produktions- oder Entwicklungsmanagement.

Die zweite Karriere-Stufe sollte sich schwerpunktmäßig mit der Leitung kleinerer Gruppen oder Teams befassen und mindestens zwei bis drei Jahre umfassen. Es kommt dabei weniger auf Führungsqualifikation als vielmehr auf die Koordination an. Kontrolltechniken müssen erlernt und mittlere Projekte beherrscht werden.

Die dritte Karriere-Phase führt dann bereits in das DV-Management. Das heißt, eine EDV-Abteilung wird geleitet. Für die meisten ist dies bereits die letzte Stufe auf der Karriereleiter.

Aber gerade jetzt müssen die Steuerungs- und Führungstechniken ausgebaut werden. In vielen Unternehmen wird gerade hier stark gesündigt, indem man den Managern entweder zu wenig oder gar keine Ausbildung zukommen \ läßt. Ein Großteil der Management-Techniken ist ohne weiteres erlernbar.

Grundsätzlich muß bei der Karriere-Planung eine mittelfristige Zielsetzung vorgegeben sein. Das [ Ziel sollte alle ein bis zwei Jahre neu überprüft und angepaßt werden. Ein allzu schneller Entwicklungsgang und die damit zwangsweise verbundenen Wechsel können auch - so zeigt es jedenfalls die Praxis - zu einer Verkürzung der Karriere führen. Eine unvollständige Ausbildung sowie damit verbundene Wissens- und Erfahrungslücken spielen dabei eine wesentliche Rolle.

Ein drei- bis viermaliger Wechsel ist innerhalb eines Karriere-Fahrplans durchaus angebracht und auch vorteilhaft. Hängt man erst einmal in einem Unternehmen fest, besteht kaum noch die Möglichkeit die Bewältigung von Problemen aus anderen Gesichtspunkten zu betrachten. Ein DV-Manager sollte sich jedoch vor allem durch Flexibilität auszeichnen.

Karl-Heinz Aufermann, Leiter der EDV, Deutsche Rockwool GmbH, Gladbeck

Jeder, der DV-Führungs- oder Spezialistenaufgaben übernehmen will, sollte nach meiner Meinung das fünfte Berufsjahr erreicht haben. Aufgrund der augenblicklichen Arbeitslage (Fehlen einer Vielzahl von EDV-Mitarbeitern) ist das Alter zur Zeit weniger j ausschlaggebend. Die bereits erworbene Qualifikation kann verschiedener Herkunft sein. Eine Orientierung in den ersten Berufsjahren braucht also nicht nur einseitig zu sein. Jede Kombinationsmöglichkeit ist vorab gegeben. Merkmale beruflicher Herkunft können etwa sein: mehrere Branchenkenntnisse, Tätigkeiten und Kenntnisse bei verschiedenen EDV-Herstellern oder Software-Häusern sowie eine individuell erstellte Kombination der bisherigen Tätigkeiten.

Ich bin der festen Überzeugung daß jeder, der in dieser Phase r steckt, seine persönliche Karriere-Planung erstellen muß, um die Chancen in der Datenverarbeitung voll zu nutzen. Ab dem sechsten Berufsjahr sollte der Karriere-Planer erkennen, welche Führungs- und Spezialistenaufgabe er erreichen will. Nun muß festgelegt werden (aus der Erkenntnis der Standort-Bestimmungen), welche Leistungsmerkmale fehlen oder noch zusätzlich erreicht werden müssen, um das Ziel wissensmäßig vorbereitet zu haben. An dieser Stelle eines Planes müssen Richtpunkte definiert werden, die eine zeitliche und sachbezogene Beschreibung aufzeigen.

Langfristige Planungs-Aktionen sind zeitliche und faktische Vorstellungen zur Erreichung des Berufsziels. Oft wird man bei der Erreichung dieses Punktes im Karriere-Plan vor die Frage gestellt, ob man sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen, also wechseln sollte. Viele Qualifikationsmerkmale lassen sich auch bei objektiver Beurteilung nur durch einen Stellenwechsel erreichen. Die Lage auf dem derzeitigen Arbeitsmarkt wird sich auch noch einige Jahre nach der endgültigen Durchsetzung neuer Technologien nicht verändern. Viele Unternehmen geben bereits eine Karriere-Planung innerhalb ihrer Stellenausschreibung an. Das ist heute auf dem DY-Personalmarkt schon keine Seltenheit mehr. Wichtig ist die Erkenntnis, daß ein Stellenwechsel auch einen Niederschlag im Karriere-Plan findet. Nichts ist schlimmer als ein Stellenwechsel ohne nachhaltigen persönlichen Profitnachweis, was nicht nur die Bezahlung sein darf. Der Stellenwechsel muß den Planer in neue Aufgaben der EDV wachsen lassen. Nicht nur die Kenntins über neue Unternehmensstrukturen ist von Vorteil, sondern gleichrangig muß eine Erweiterung des DV-Wissensstandes erreicht werden.

Der DV-Karriere-Planer muß ein persönliches Berufsziel vor Augen haben. Die Definition des Zieles ist leicht, weil das Schlagwort schnell gegeben ist. Meiner Meinung nach gehört zur Definition des Berufsziels auch die komplette Beschreibung der Aufgaben, Stellenplanvorstellungen, Qualifikationsvorstellungen und Kompetenzaufstellungen. Es muß hier auch gefragt werden: Was ist überhaupt eine Ziel-Bestimmung in der EDV?

Fest steht, nicht jeder kann EDV-Leiter werden. Man muß sich also über die Möglichkeiten des zu Erreichenden Gedanken machen. Der Planer muß sein Berufsziel eindeutig definieren. Das Anforderungsprofil für die Führungs- oder Spezialistenaufgabe muß beim Planer klar umrissen sein. Auch der DV-Markt muß Berücksichtigung bei der Beschreibung des Anforderungsprofils finden. Einflüsse und Veränderungen auf Berufsprofile müssen beobachtet werden. Man kann Karriere nicht nur einfach planen. Die Ziele müssen klar umrissen und ständig neu durchdacht werden. Das ist natürlich enorm schwierig in einer Zeit, wo die Technologie von heute morgen nichts mehr wert ist. Alle Einflüsse ob privat, beruflich oder marktbezogen, müssen regelmäßig in den Karriere-Plan eingearbeitet werden. Der Plan muß aktuell sein und er muß mit den zeitlichen Vorstellungen übereinstimmen. Nach jedem erreichten Berufsziel muß ein neuer Karriere-Plan erstellt werden.

Eine Neukonzeption kann zwei Folgen haben: erstens das erreichte Berufsziel zu halten, zweitens ein neues Berufsziel zu erreichen. Nachweisbare Facts und meßbare Leistungen des Planers sind erforderlich, um überzeugend seinem gesteckten Berufsziel entgegenzusehen. Nur aus der hohlen Hand heraus läßt sieh - auch bei fehlendem Personal auf dem Arbeitsmarkt keine Führungsposition oder Spezialistenaufgabe übernehmen. Diese Übernahme kann immer nur kurzlebig sein, weil meist die entsprechenden fachlichen Voraussetzungen fehlen.

Horst Schievink EDV-Leiter, Contraves GmbH, Stockach

Um zum Thema EDV-Karriere eine Aussage treffen zu können, wirft sich zuerst die Frage auf, ob die Durchführung eines Karriere-Fahrplanes bei der derzeitigen DV-Personalmarktsituation überhaupt möglich ist und ob das Streben nach einer Karriere von irgendwelchem Nutzen sein kann.

Die heutige Personalmarktsituation ist gekennzeichnet durch sinkende Arbeitslosenzahlen im DV-Bereich. Um Personalengpässe zu vermeiden, planen viele Anwender Aktionen, die darauf hinauslaufen sollen, qualifizierte DV-Fachleute unter allen Umständen zu halten. Darüber hinaus ist im Stellenmarktteil von-Fachzeitschriften, regionalen und überregionalen Zeitungen eine ständig steigende Zahl von Stellenanzeigen für die verschiedenen DV-Bereiche zu erkennen.

Durch neueste Statistiken der Bundesanstalt für Arbeit wird belegt, daß Qualifikation vor Kündigung schützt. Systemanalytiker und Programmierer sitzen sicherer denn je auf ihren gut dotierten Arbeitsplätzen.

Dies alles könnte überzeugend genug sein, einen Rarriere-Fahrplan für einen qualifizierten DV-Mann aufzustellen, der das in der DV-Branche notwendige Basisund Spezialwissen einbezieht. Unter Berücksichtigung stetig steigender Softwareaufwendungen und notwendiger Kenntnisse der Hardware könnte ein Karriere-Fahrplan folgendermaßen aussehen:

1. Mitarbeit in einem Elektroniklabor bei einem DV-Hersteller oder besser noch im Institut eines Forschungszentrums.

2. Die ersten Software-Erfahrungen sind danach am besten bei einem DV-Hersteller zu erlernen. Hierdurch wird man sich schnell den aktuellsten Stand der Entwicklung auf dem Anwendungs-, aber vor allem auf dem Systemsoftware-Sektor erarbeiten können.

3. Diesem Grundwissen, das sich meist auf ein spezielles DV-System erstreckt sollte das Spezialwissen anderer Systeme und Projekterfahrungen hinzugefügt werden. Hierzu scheint mir die Mitarbeit in einem Softwarehaus geeignet zu sein. Man wird in kürzester Zeit mit dem Tätigkeitsspektrum eines qualifizierten DV-Mannes, wie etwa Problemanalyse, Spezifikation, Entwurf, Test oder Simulation, konfrontiert. 4. Mit dem gesammelten Know-how sind die besten Voraussetzungen gegeben, um sich nach einem qualifizierten Job umzusehen, der den persönlichen Neigungen entspricht.

Persönliche Argumente bei einem anstehenden Einstellungsgespräch können unter Einbeziehung des obigen Karriere-Fahrplans genügend aufgezeigt werden.

Der drei- bis viermalige Stellenwechsel bringt neben Basis- und Spezialwissen auch den so wichtigen Problemüberblick. Außerdem ist eine umfangreiche Projekterfahrung für spätere Projektleitungsaufgaben äußerst wichtig.

Grundsätzlich dürfte die zielbewußte Realisierung eines Karriere-Fahrplanes zum persönlichen Erfolg im DV-Beruf beitragen.