Industrie in England erwartet 1987 harten Wettbewerb:

DV-Hersteller geraten unter Druck

06.02.1987

LONDON (CW) - Schweren Zeiten geht auch die britische Informationstechnik-Industrie entgegen. So erwarten Hersteller und Marktforschungsgesellschaften 1987 für die Hauptbereiche Unterhaltungselektronik, Computer, Telekommunikation und Bauteile nicht nur einen schärferen Inlandswettbewerb als bisher. Auch werde die härtere Konkurrenz die britischen Unternehmen vermehrt zur Gründung von Joint-ventures mit ausländischen Unternehmen zwingen.

Bereits seit zehn Jahren liegen die jährlichen Zuwachsraten der britischen informationstechnischen Industrie in Großbritannien mit durchschnittlich zwölf Prozent unter denen, die in USA, Japan und größeren westeuropäischen Märkten erreicht wurden. Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen, so die Marktforscher, sei auch in den kommenden zwölf Monaten kaum mit einer Wende zu rechnen.

Vor allem für den Computersektor erwartet man einen harten Wettbewerb. Auch wenn sich noch nicht voraussagen lasse, ob das in USA verzeichnete Absatzminus in gleichem Maße noch Europa treffe, müßten sich in erster Linie IBM und Produzenten IBM-kompatibler Rechner auf einen Kampf um Marktanteile einstellen. Der britische Computerhersteller Amstrad könne inzwischen seine preisgünstigeren Geräte in derart hohen Stückzahlen fertigen, daß man bald sehen werde, ob sich mit diesen Modellen neue Kundengruppen erschließen oder anderen Unternehmen Marktanteile wegnehmen lassen.

Big Blue schießt sich auf britische Softwarehäuser ein

Nach Auskunft der Marktforschungsgesellschaft Dataquest sank IBMs Marktanteil 1986 gegenüber dem Vorjahr um 8 auf 40 Prozent. IBM jedoch werde alles daransetzen, die verlorenen Marktanteile zurückzugewinnen, und darüber hinaus in verstärkte Konkurrenz zur britischen Softwareindustrie treten. Die Software-Nachfrage, so die Prognosen, soll 1987 um 20 Prozent steigen nach 23 Prozent im Vorjahr. Dabei könnten einzelne Bereiche, zum Beispiel VAN, einen höheren Zuwachs erzielen.

Ein geringes Wachstum erwarten die Marktauguren für den Großrechnersektor. Nach 15 bis 20 Prozent 1986 reduziere sich die Zunahme 1987 auf nur 10 Prozent. Die Investitionspolitik der britischen und europäischen Hersteller werde dagegen positiver ausfallen. So glaubt der größte britische Computerbauer - ICL - an eine Investitionssteigerung in der Informationstechnologie um drei bis fünf Prozent.

Hoffnung liegt in der Kurssenkung des Pfundes

Arg gebeutelt wurden 1986 in Großbritannien die Hersteller von Elektronikbauteilen. Die anhaltend schlechte Wirtschaftslage, eine kostengünstige Lagerhaltungspolitik der Abnehmer, der Preisverfall und eine zähere Haltung wichtiger Großabnehmer wie Verteidigungsministerium oder British Telecom haben nach Meinung von Ivor Cohen, Managing Director der britischen Philips-Tochter Mullards, die optimistischen Prognosen Lügen gestraft. Jetzt hofft Cohen, daß die Kurssenkung des britischen Pfunds mehr Aufträge einbringt.