Skandinavien steigt in den internationalen Wettbewerb ein:

DV-Herausforderung aus dem hohen Norden

19.02.1982

MÜNCHEN (ih) - Die vier skandinavischen Länder Dänemark Finnland Norwegen und Schweden wagen den Sprung in den internationalen DV-Markt. Sie bieten eine relativ kleine, aber anspruchsvolle Produktpalette an. Große Hoffnungen setzen die nordischen Unternehmen auf ihre Bürocomputer.

Seit sich Büro- sowie Personal Computer im Markt immer mehr etablieren, konnten nordische Hersteller auf diesem Gebiet einige Erfolge verbuchen. Besonders fortschrittlich sind die Skandinavier nach Angaben der Financial Times im Bereich der Bankenterminals. Da es in einem Hochlohn-Land dringend erforderlich ist, kostensparend zu arbeiten, haben die nordischen Banken ein Computernetz mit Bankschalterterminals aufgebaut. Außerdem führten sie ein elektronisches Kreditverfahren beim Einzelhandel ein. Bei diesem Verfahren kann der Kunde mit einer Kreditkarte bezahlen, wobei der Rechnungsbetrag sofort vom Konto abgebucht wird. In Dänemark jedoch konnte das System vorläufig nicht

eingeführt werden, da es Proteste seitens der Angestelltengewerkschaft gab. Die Realisierung wird aber auch hier nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Ihr Wissen auf dem Gebiet der computergestützten Telekommunikation will das schwedische Unternehmen L.H.Ericsson dafür einsetzen, Marktanteile bei kommerziellen Systemen zu erobern. Ericsson hat den schwedischen Computer- und Terminalhersteller Datasaab aufgekauft und die Firmengruppe Ericsson Information Systems ins Leben gerufen. In den Vereinigten Staaten haben die Schweden zusammen mit Atlantic Richfield die Gruppe Anaconda-Ericsson gegründet, die dort das neue Ericsson PABX-System anbieten soll.

Zuwachs rund 20 Prozent

Der Umsatzzuwachs ihrer Mitglieder beträgt nach, Angaben der schwedischen Office and Computer Equipment Suppliers Association (Zusammenschluß der Büromaschinen- und Computer-Hersteller) rund 20 Prozent. Bei Rechnern soll die Steigerungsrate fünf bis zehn Prozent und bei kleinen Computersystemen sogar 20 bis 30 Prozent betragen.

IBM beherrscht den nordischen Großcomputermarkt mit einem geschätzten Anteil von rund 60 Prozent. Der amerikanische Konzern produziert in Schweden Hochgeschwindigkeitsdrucker, von denen rund 80 Prozent exportiert werden. Die schwedischen Niederlassungen anderer amerikanischer Firmen konnten für 1980 einen Umsatz von rund 510 Millionen US-Dollar verzeichnen, von dem etwa die Hälfte aus dem Export stammte.

Sperry Univac ist der zweitgrößte Anbieter auf dem nordischen Markt. Das Unternehmen profitiert vom Zusammenschluß mit Saab-Scania und hat die Datasaab-Computer-Produktion übernommen. Honeywell Bull hält 27 Prozent des finnischen Marktes Für Honeywell arbeitet die finnische Nokia als Vertriebsagent.

Auf dem Kleincomputermarkt erreichten die Nordländer ein beachtliches Know-how. Einige Firmen stellen bereits eine ernsthafte Konkurrenz zu den etablierten Unternehmen dar. Der gegenwärtig schnelle Wachstumstrend bei Bürocomputern, dezentralen Datenverarbeitungssystemen und Peripheriegeräten bietet spezialisierten Firmen im hohen Norden die Möglichkeit, verstärkt in den internationalen Wettbewerb einzusteigen.

Zu den Unternehmen, die in den letzten Jahren auch international bekannt geworden sind, gehören die finnische Nokia, Norsk Data aus Norwegen, Christian Rovsing aus Dänemark, das neue schwedische Unternehmen Ericsson sowie der Bürocomputerhersteller Facit, Tochter von Electrolux.

Nokia produziert seine eigenen Minicomputer, die Mikko-Serie. Der Computer-Bereich gehört zur Unternehmensgruppe Nokia Electronics, die außerdem noch auf dem Gebiet der Telekommunikation tätig ist.

Der norwegische Minicomputer-Hersteller Norsk Data hatte in den letzten Jahren einen jährlichen Marktzuwachs von etwa 40 Prozent zu verzeichnen. Die Norweger stellten nach eigenen Angaben im letzten Jahr rund 700 Minicomputer her. Die neuentwickelte dritte Computergeneration, eine 32-Bit-Maschine der Familie ND 500, ist laut Norsk Data die "derzeit schnellste auf dem Markt".

Ihr dänischer Konkurrent Christian Rovsing entwickelt Kreditkartensysteme für Sparkassen. Das Hauptgewicht liegt auf Datennetzwerken für Satelliten und Verteidigungszwecke. Einige wichtige Nato-Aufträge fielen an die Dänen. Mit entscheidend für den Erfolg des Unternehmens ist ihr Minicomputer CR 80.

Die Rovsing-Computer sind unter anderem in ein ICL-Großcomputersystem integriert. Das Unternehmen vervierfachte seinen Absatz seit 1975 und erreichte 1980 nach eigenen Angaben weit über 20 Millionen US-Dollar. Die Herstellung von einer Million Computer pro Jahr ist geplant.

Vorstoß auf Exportmarkt

In jedem nordischen Land gibt es einen relativ vielversprechenden Mikrocomputer-Hersteller. In Finnland ist Nokia mit seinem Mikrocomputer im Wettbewerb. Schwedens Fernsehhersteller "Luxor" besitzt einen wachsenden Computerzweig, der bereits mehr als 15 000 Personal Computer absetzen konnte. Das Unternehmen erreichte einen jährlichen Umsatz von ungefähr 13 Millionen US-Dollars und erwartet ein jährliche Steigerungsrate von rund 50 Prozent.

Mycron aus Norwegen stellte letztes Jahr das Modell 2000 vor. Dies ist ein modulares 16-Bit-Multimikroprocessorsystem, das sowohl in Europa als auch in den USA vermarktet wird Die dänische Dansk Data Elektronik hat mit ihrem Kleincomputer des Typs SPC/1 einen ähnlichen Vorstoß auf den Exportmarkt angekündigt.