Schnellebigkeit soll Konzentrationstendenzen hemmen

DV-Größen leugnen Gefahren der Microsoft-Intel-Dominanz

07.02.1997

Die Marktdominanz der Branchengiganten Intel und Microsoft war für die Wirtschaftsblätter "Wall Street Journal Europe" und "Handelsblatt" offenbar der Anlaß für eine Podiumsdiskussion, zu der sie Firmenchefs aus dem Hardware- und Softwaregeschäft geladen hatten.

Überraschenderweise wollten die meisten Teilnehmer nichts von einer zunehmenden Konzentration wissen. "Dafür passieren die Veränderungen in unserer Industrie viel zu schnell", argumentierte Michael Dell, Chairman und CEO des Workstation-Herstellers Dell Computer Corp.

Größe ist nicht immer ein Vorteil

Ausgerechnet Lester Alberthal, oberster Chef des Outsourcing-Giganten Electronic Data Services (EDS), führte sogar ins Feld, daß im schnellebigen IT-Geschäft die Größe eines Unternehmens eher ein Nachteil als ein Vorteil sei. Allerdings räumte er ein, daß in seinem Geschäft tiefe Taschen notwendig seien. "Heute muß man sich die Verträge kaufen."

Ambivalent war das Statement von Esther Dyson, einer unabhängigen Beobachterin des Marktes: "Die Presse berichtet immer über die großen Unternehmen und zeigt sich bestürzt über die Konzentrationserscheinungen. Dabei entgeht ihr völlig, wo wirklich die Action ist - bei den Kleinbetrieben." Folglich nahmen viele der Diskussionsteilnehmer - darunter Unisys-Chef James Unruh und Hewlett-Packard-CEO Lewis Platt - für sich in Anspruch, zwar groß zu sein, aber in kleinen Einheiten zu denken. Nur Bernard Vergnes, Europa-Chef der Microsoft Corp., versuchte nicht, die Marktdominanz seines Arbeitgebers zu leugnen. "Wenn die Leute die Konzentration kritisieren, dann betonen sie immer deren Nachteile", klagte er: "Die Konzentration, die wir heute haben, gibt doch jedem, der in diesen Markt einsteigen will, Sicherheit."

Intel-Chairman Andrew Grove fehlte auf dem Podium, nicht aber auf dem Forum. Er nutzte in Davos einmal mehr die Gelegenheit, die europäischen Kunden vor einer drohenden Überlegenheit der Amerikaner und Asiaten zu warnen. Die Tatsache, daß der europäische Anteil der Intel-Umsätze während der vergangenen zehn Jahre kaum gewachsen ist, diente ihm als Indiz dafür, daß das "Technologiedefizit" der Europäer immer größer werde.

Daß Grove hier Äpfel mit Birnen vergleicht, legt eine These nahe, die Michel Bon, Chef des Telekommunikationsriesen France Télécom, an anderer Stelle vertrat. Er bestritt, daß es eine automatische Verbindung zwischen Wachstum und Innovation gebe. Die Märkte Südostasiens wüchsen zwar schneller als die in Europa und den USA. Aber die technischen Innovationen kämen häufiger aus dem westlichen Kulturkreis.