Chicagoer Terminbörsen wollen mit Globex und Aurora Marktposition veteidigen

DV-Branche setzt auf Online-Börsensysteme

21.04.1989

CHICAGO (CW) - Die beiden weltweit größten Börsen für die Abwicklung von Termingeschäften, der Chicago Board of Trade und die Chicago Mercatile Exchange, haben den Startschuß für den rechnergestützten Handel gegeben. Die Gewinner auf der Lieferantenseite, so das VS-Wirtschaftsmagazin "Business Week," heißen DEC, Apple, Texas Instruments und Tandem.

Auftragnehmer für die Erstellung des Online-Systems Globex der Mercantile Exchange ist die Reuters Holdings Plc. die dafür dem Vernehmen nach Vorleistungen bis zu 30 Millionen Dollar erbringt. Über eine Nutzungsgebühr, die für jede Globex-Transaktion zu berappen ist, hofft Reuters diesen Betrag nicht nur innerhalb kürzester Zeit wieder einzuspielen, sondern auch bald lukrative Gewinne zu erzielen.

Als "Trägertechnologie" setzt Reuters sein eigenes Instinet Equity Trading System sowie sein Dealing-2000-System ein; die börseninterne Informationsabwicklung läuft über einen aufgerüsteten Vax-Rechner von DEC. Wer als Lieferant für die Tausende von Terminals, die an Broker und Händler verleast werden sollen, ausgewählt wird, ist dagegen noch offen.

Die Mercantile Exchange schätzt ihre Investitionskosten für Marketing und Research auf rund 2,5 Millionen Dollar. Erste Partner für das Globex-System, das noch in diesem Jahr anlaufen soll, haben sich mit der New York Mercantile Exchange, der Sydney Futures Exchange sowie dem Marchö ä Terme International de France bereits gefunden.

Man hofft auf internationale Partner

Das konkurrierende System Aurora des Chicago Board of Trade soll dagegen erst 1990 starten. Auch hier hofft man auf weitere, möglichst internationale Partner. Als Makler-und Händlerterminal wurde - aufgrund seiner Grafikmöglichkeiten der Macintosh von Apple ausgewählt.

Die entsprechende Software liefert die Artificial Intelligence-Gruppe von Texas Instruments, die Transaktionsverarbeitung wird über Tandem- Rechner bewerkstelligt. Über die Kosten für das System hüllt sich der Chicago Board of Trade in Schweigen, Insider gehen jedoch davon aus, daß Aurora aufgrund der ausgetüftelten Grafikanwendungen über den Globex-Investitionen liegt.

Mit ihren Systemen hoffen die beiden Börsen ihre dominierende Position im Termingeschäft - über Chicago werden derzeit knapp 66 Prozent in diesem Bereich abgewickelt - gegen die europäische und asiatische Konkurrenz halten zu können. Aber auch die DV-Branche, für die sich in den traditionellen Märkten eine Sättigung abzeichnet, sieht in der Elektronifizierung des Börsenhandels ein bisher noch wenig beackertes Feld und spekuliert auf lukrative Aufträge: Das US-Marktforschungszentrum Arthur Andersen & Co. hat errechnet, daß hier in den neunziger Jahren ein weltweites Auftragsvolumen von mindestens einer Milliarde Dollar pro Jahr zur Vergabe ansteht.