Gartner Group berichtet über ungewöhnlich hohe Zusatzkosten

Durch schwache Beratung wird die R/3-Einführung zum Risiko

31.05.1996

"Das SAP-Produkt selbst ist in Ordnung, doch die Beratungsleistungen im Markt sind sehr lückenhaft", resümiert Vinnie Mirchandani, Analyst der Gartner Group. Nicht nur für die sogenannten Big Six, die größten IT-Beratungshäuser der Welt, habe sich der R/3-Implementierungsmarkt zu einer wahren Goldgrube entwickelt, eine Vielzahl kleiner regionaler Beratungsfirmen wolle ebenfalls vom Geschäft mit der Erfolgssoftware profitieren. Dabei sind die zu entrichtenden Preise sehr unterschiedlich: Sie reichen von gut 100 Mark pro Stunde für einen Dokumentationsspezialisten bis zu 800 Mark für einen Spitzen-Consultant der Big Six.

Auch die "Big Six" haben schlechte Berater

Gartner empfiehlt den Anwendern, besonderen Wert auf Faktoren zu legen, wie Erfahrung im jeweiligen vertikalen Marktsegment, Projekt-Management-Methoden oder Angebot an Implementierungswerkzeugen. Anwender sollten bei der Auswahl ihrer Consultants vor allem darauf achten, daß sie Erfahrung mitbringen und diese auch anhand eindeutiger Zahlen und Fakten nachweisen können. Es reiche nicht aus, wenn sich das Know-how eines Beratungshauses letztlich nur auf die Realisierung eines kleinen Teilprojektes beschränkt.

Die Analysten beobachten in der Beratungsbranche wachsendes Problembewußtsein: Derzeit werde sehr stark in den Ausbau des SAP-Know-hows investiert. Dabei spezialisierten sich die Berater entweder auf vertikale Industrien oder auf ganz bestimmte Bestandteile der SAP-Software. Ein Renner ist in diesem Zusammenhang die Application-Link-Enabling- (ALE-)Technik, das Messaging-Verfahren der SAP, mit dessen Hilfe die R/3-Software über mehrere Datenbanken hinweg laufen kann.

Branchenschwerpunkte setzt etwa Andersen Consulting in Chikago. Das Beratungshaus beschäftigt 2700 SAP-Consultants weltweit. Mit Hilfe industriespezifischer Einführungsschablonen bemüht sich der Konzern zur Zeit sehr stark um Unternehmen der Öl- und Gas-Wirtschaft. Ernst & Young in Atlanta will mit seinen 925 Consultants eher auf der rein betriebswirtschaftlichen Ebene überzeugen: Noch vor Beginn eines R/3-Projekts kalkuliert das Unternehmen den Zeitpunkt des Return on Investment. Mit fixen Kosten- und Zeitvorstellungen bemüht sich dagegen der holländische Beratungskonzern Origin um die Gunst der SAP-Anwender.