Aus- und Weiterbildung in der Datenverarbeitung:

Durch Schulungs-Mix beweglich bleiben

11.08.1978

ST. AUGUSTIN (hz) - Monologisierende Lehrer, in Schulen und Universitäten noch sehr lebendig, haben in DV-Ausbildungs-Instituten keine Chance. Dennoch besteht die Gefahr, daß EDV-Eleven - entweder hersteller-minded oder rein anwendungs-orientiert - zu "Schmalspur-Computeuren" verbildet werden. Um beweglich zu bleiben, empfiehlt Rüdiger Podlech* gezielten Ausbildungs-Mix:

Mixen ist in, warum nicht auch in der Ausbildung? Die Adressatengruppe läßt sich zum Beispiel in bezug auf Alter, Vorbildung und Geschlecht unterschiedlich zusammenstellen. Ein solcher Mix muß jedoch differenziert betrachtet werden. Während in einer ganz speziellen DV-Ausbildung, die an Vorkenntnisse angeknüpft, eine heterogene Gruppe störend wirkt, weil bei den meisten Unterrichtsformen

der gleiche Kenntnisstand gewünscht ist, könnte eine in jeder Beziehung homogene Gruppe bei einer Grundlagenausbildung lähmend wirken.

Beim Unterrichtsziel läßt sich in hergebrachten Unterrichtsformen nicht viel mixen. Es ist schwer vorstellbar, daß in einem Klassenverband oder in einer Arbeitsgruppe unterschiedliche Lernzwecke oder Ziele verfolgt werden. Beim computerunterstützten Unterricht können in einem Verbund zwar unterschiedliche Programme - und damit auch Ziele - angeboten werden, nur ist dies dann eine wirtschaftlichere Form des Einzelunterrichts, bei dem der soziale Kontakt nicht die Rolle spielt, wie bei anderen Unterrichtsformen. In bezug auf den einzelnen EDV-Eleven kann ich mir sehr wohl einen guten Mix zur Optimierung der Ausbildung vorstellen. Wenn sich in dem Ausbildungsvorgang nämlich Theorie und Praxis, Training on the job und Kurs sowie Direkt- und Selbstunterricht abwechseln, wird davon das Hauptziel der Ausbildung nicht berührt, Teilziele sicherlich besser erreicht und Teilergebnisse gefestigt.

Medienmix gehört zum Standard-Repertoire

Die Art und Weise wie der Unterricht gestaltet wird, bietet sich für das Thema Mix gerade an. Den Unterricht, der durch Methodenvielfalt glänzte, hat jeder noch in bester Erinnerung, während der monologsprechende Schulmeister nur selten seine Schüler zu fesseln vermag. Klassische Beispiele dazu enthält Spoerls Feuerzangenbowle. Für den Wechsel in der Methode bietet nun speziell die DV-Ausbildung einen Fundus, aus dem der Dozent reichlich fassen kann. Unterschiedliche Medien gehören schon zum Standard-Repertoire eines jeden DV-Fachdozenten. Wenn dies noch mit unterschiedlichen Interaktionsformen im Unterricht verknüpft wird, ist schon fast ein gutes Ergebnis der Ausbildungsveranstaltung garantiert.

Mit dem Dozenten wechselt die Methode

Je besser der Dozent die Technik des Mixens von Methoden und Medien beherrscht, desto eher erreichen seine Schüler das Ziel. Der Lehrer spielt zumindest im lehrerzentrierten Unterricht - eine entscheidende Rolle bei der Ausbildung. Ein Mix in bezug auf den Dozenten kann man so interpretieren, daß in einer geschlossenen Unterrichtsveranstaltung mehrere Dozenten unterrichten. Durch den Wechsel der Dozenten wird meistens das Medium und die Methode gewechselt. Für die DV-Ausbildung sollte man dann ein Spezialistenteam für den Unterricht verpflichten, wenn die Struktur des Unterrichtsstoffes sehr stark differenziert ist. Auch hierbei hängt der richtige Mix vom Unterrichtsziel ab - zwangsläufig auch von der Qualität der Dozenten. Die Kernfrage, die zu dem hier interessierenden Zusammenhang führt, ist die nach der Unterrichtsorganisation. Ob die Ausbildung in Voll- oder Teilzeitform durchgeführt wird, hängt weitgehend davon ab, wie sich die Beteiligten die Zeit dafür einteilen können. Nach allgemeinen Erfahrungen sind in der Vollzeitform bessere Lernerfolge zu erzielen, so daß dieses Ideal angestrebt werden sollte. Soweit der Dozent im Unterricht auf die Sozialform Gruppen - oder Frontalunterricht - Einfluß nehmen kann, sollte er dies auch mixend tun.

Die Träger von Ausbildungsveranstaltungen in der DV möchte ich ganz grob in drei Gruppen unterteilen:

- Hersteller

- Herstellerunabhängige Institute (kommerziell/gemeinnützig)

- Betriebe (interne Schulung).

Wir brauchen in der Datenverarbeitung Mitarbeiter mit einem soliden Basiswissen, die sich technischen Änderungen anpassen können und die auch fragen, was sich zum Beispiel hinter einem Knopfdruck verbirgt. Wir brauchen keine auf ein bestimmtes System getrimmte Spezialisten, die in bestimmten Situationen sehr schnell den richtigen Knopf drücken können: Ich habe sie einmal als "konditionierte Ratten" überzeichnet dargestellt.

Gesunder Mix für die Grundausbildung

Man kann keinem Hersteller vorwerfen, daß er eben nur für seine Systeme schult. So ist auch kein unabhängiges Institut frei von herstellergebundenen Terminologien. Die entscheidenden Schritte in unserem Fachgebiet wurden nun mal in den Forschungslabors Firmen getan und sind eben dadurch prägt. Diese Dinge in einen neutralen Raum zu stellen, gelingt nicht immer sehr glücklich. Hier ist meiner Meinung nach in der Grundlagenausbildung ein gesunder - nicht verwirrender - Mix angebracht. Ich kann mir auch keinen Fahrlehrer vorstellen, der seine Schüler auf einem neutralen Wagen für die Prüfung vorbereitet.

Die Ausbildung eines DV-Spezialisten stelle ich mir in drei Stufen vor. Eine Grundlagenausbildung, eine Spezialausbildung und die Weiterbildung. In dieser Reihenfolge zu mixen, wäre verfehlt, obwohl ich Beispiele kenne, in denen die Spezialausbildung vor (oder statt) der

Grundlagenausbildung durchgeführt wurde.

Die Spezialausbildung sollte bei dem Hersteller oder Institut gewählt werden, bei dem man arbeitet. Es wird niemand ein Fahrzeug der Marke X mit einer Gebrauchsanleitung für ein Fahrzeug der Marke Y fahren. Hat man zuvor eine solide Grundlagenausbildung erfahren, wird man durch eine solche Spezialausbildung nicht zum Sklaven eines bestimmten Systems und damit Herstellers werden.

In bezug auf die Weiterbildung ist ein Mix meiner Ansicht nach erforderlich. Mixen bei den Ausbildungseinrichtungen und mixen bei den Herstellern. Nur so kann man sich ein gerüttet Maß an Freiheit erhalten, bleibt mit dem Lernen im Training und vermeidet - vielleicht ein Fachidiot zu werden.

*Rüdiger Podlech ist Fachdozent der Datenverarbeitung, St. Augustin