Durch Kauf von Transarc erwirbt Big Blue DCE-Know-how Encina-Connection nuetzt Big Blue bei Client-Server

26.08.1994

MUENCHEN (qua) - Die IBM Corp., Armonk, New York, hat sich dazu bekannt, die Transarc Corp., Pittsburgh, Pennsylvania, erwerben zu wollen. Der Anbieter von Unix-basierter File-Sharing- und Transaktions-Management-Software verfuegt ueber geballte Kompetenz auf dem Gebiet der verteilten Datenverarbeitung.

Transarc wurde vor fuenf Jahren als Gemeinschaftsprojekt der Carnegie-Mellon-Universitaet mit einigen Herstellerfirmen - darunter IBM und Hewlett-Packard - gegruendet. Obschon die Beteiligungsverhaeltnisse nie bekanntgegeben wurden, ist es ein offenes Geheimnis, dass IBM mit 40 Millionen Dollar etwa die Haelfte des Startkapitals aufgebracht hatte.

In den Labors des mittlerweile rund 200 Mitarbeiter zaehlenden Unternehmens entstand unter anderem der Unix-Transaktionsmonitor "Encina", den neben IBM und HP auch DEC, Hitachi, NEC, SNI und Stratus in Lizenz vertreiben. Bislang vor allem in der Mainframe- Welt verbreitet, setzen sich Softwareprodukte fuer das Transaktions-Management allmaehlich auch im Unix-Markt durch.

Fuer Unix-Systeme steigt die Nachfrage nach Tool-gesteuertem Datentransfer zwischen Terminal und Anwendung in dem Masse, in dem die Anwenderunternehmen Applikationen mit grossen Transaktionsvolumina auf Workstation-Plattformen herunterziehen. Mit "Tuxedo" von Novell und "Top End" von AT&T stoesst Encina jedoch auf maechtige Mitbewerber. Auch die IBM ist mit einem eigenen Transaktionsmonitor in diesem Markt praesent. "CICS/6000" basiert allerdings teilweise auf Encina-Technologie.

Eigenen Angaben zufolge will der DV-Riese bis auf weiteres beide Produkte weitervertreiben. Aus gut unterrichteten Kreisen verlautete jedoch, dass Encina und CICS zu einem Produkt verschmolzen werden sollen.

Rich Evans, Analyst bei der Meta Group in Westport, Connecticut, aeusserte gegenueber der CW-Schwester "Infoworld" die Ansicht, dass IBM mit Transarc-Hilfe die eigene CICS-Technology aufpeppen wolle, damit sie sich besser fuer den Einsatz in offenen Systemen eigne. Spottet der Marktbeobachter: "CICS ist aelter als Woodstock." System-Management, Datenbank-Update, Fehlerbearbeitung und Performance-Optimierung zaehlen zu Punkten, in denen das Transarc- Produkt nach Ansicht von Experten vorn liegt. Insofern duerfte der IBM viel daran gelegen sein, die bei Transarc versammelte Entwicklerkompetenz unter ihrer Kontrolle zu halten.

Darueber hinaus gewinnt IBM mit der Transarc-Entwicklungsmannschaft eine Reihe von Experten fuer das Distributed Computing Environment (DCE), eine von der Open Software Foundation (OSF) definierte Sammlung von Tools und Konventionen, die als De-facto-Standard fuer die verteilte Datenverarbeitung gilt. Unter der Bezeichnung "Distributed File System" hat Transarc eine wichtige Komponente zum DCE beigetragen. Die IBM bemueht sich derzeit, ihre Betriebssysteme OS/2 und AIX mit DCE-Faehigkeit auszustatten.

Wieviel die IBM fuer die Akquisition zahlen wird, teilte sie bislang noch nicht mit. Oeffentlich gemacht hat sie hingegen, dass sie Transarc als eigenstaendige Tochter weiterfuehren und wenig an der Struktur des Unternehmens aendern will.