Der Telefax-Service profitiert am meisten

Durch den Einsatz von ISDN wachsen die BK-Spielräume

17.01.1992

Der Begriff Integration wird heute im Zusammenhang mit rechnergestützten BK-Lösungen sehr geschätzt, dabei aber - mangels Kenntnis - oft inflationär und unpräzise verwandt. Insellösungen sind out - übergreifende Konzepte in. Wolfgang Bartelt* versuchte insbesondere am Beispiel des Telefax-Dienstes und des Kommunikations-Servers im ISDN zu zeigen, was Integration tatsächlich bedeutet, welche Vorteile sie bringt und inwieweit entsprechende Systeme nach wie vor Wünsche offenlassen.

Clevere PR-Strategen geben keine Ruhe, bevor sie auch ihrem Produkt den Stempel "integrationsfähig" aufgedrückt haben. Oftmals merkt der Anwender erst nach dem Kauf, daß er mal wieder einer Insellösung aufgesessen ist, für deren Integration letztendlich er selbst zu sorgen hat.

Dabei sollte generell die Integrierbarkeit einer Lösung in das bereits vorhandene Szenarium ein K.o.-Kriterium für die Kaufentscheidung sein. Lösungen können noch so intelligent und kreativ sein, wenn sie nicht über Schnittstellen zur Außenwelt verfügen, droht fast immer die Sackgasse. Welche Anforderungen sind deswegen an integrierte BK-Lösungen zu richten?

Standortübergreifende Kommunikationslösungen

Heute prägen den Büroalltag rechnergestützte Arbeitsplätze, die den Zugriff auf eine Vielzahl komplexen Programme von der Textverarbeitung über die Kalkulation bis hin zur Projektplanung erlauben. Intelligente Netzlösungen sorgen dafür, daß Applikationen zentral positionierbar und lokal einsetzbar sind. Der Computer ist zu einer fast unerschöpflichen Quelle von Daten innerhalb des Unternehmens geworden. Die konsequente Vernetzung von PCs innerhalb eines LANs faßt diese Informationsquellen zu einem unternehmensweiten Informationsstrom zusammen und bildet damit Infrastruktur und organisatorische Basis für den Informationsfluß innerhalb des Unternehmens.

Bürokommunikation - da existiert heute immer noch das Nebeneinander unterschiedlicher Dienste-Endgeräte für das Telefonieren, Telefaxen, Teletexen, Telexen oder den Betrieb von Btx. Doch neben der immer stärker werdenden Einbindung lokaler PCs oder Workstations in komplexe lokale PC-Netze zeichnet sich ein weiterer bedeutender Integrationsschub in der Bürowelt ab: die Einbindung der Computer in standortübergreifende Kommunikationslösungen einschließlich der Telematik-Dienste. Über TK-Anwendungen wird heute insbesondere im Zusammenhang mit ISDN diskutiert. Schon vor der Einführung des ISDN standen für die standardübergreifende Datenkommunikation öffentlich zugängliche paket- und leitungsvermittelte digitale und analoge Postnetze zur Verfügung.

Noch ältere Telematik-Dienste sind die immer noch weit verbreiteten Textübermittlungs-Dienste Teletex und Telex. Für die Unternehmenskommunikation in bestimmten Regionen wie Osteuropa oder Lateinamerika spielen diese "verstaubten" Bürokommunikationsdienste nach wie vor eine wichtige Rolle.

Seit 1988 macht ein neues Endgerät bei der Dokumentenübertragung Furore: das Telefax-System. Mittlerweile dürften knapp eine Million Fax-Endgeräte in Deutschland signifikanten Datenkommunikationsverkehr über die analogen Telefonleitungen abwickeln.

Alle Telematikdienste zeichneten sich bislang durch zusätzliche dienstespezifische Endgeräte und beziehungsweise oder weniger geschlossene Benutzergruppen aus. ISDN bricht mit dieser Tradition. Heute steht mit dem Integrated Services Digital Network ein Übertragungsmedium zur Verfügung, das nicht nur flächendeckend alte und neue Telematik-Dienste in ein Netz integriert, sondern auch den Personal Computer, das zentrale Endgerät in der heutigen Daten- und Texterfassung, als intelligentes Endgerät für die Telekommunikation akzeptiert. Damit wird der Computer zur universellen Drehscheibe nicht nur für die klassischen Telematik-Dienste.

Die Informationsübermittlung der Zukunft wird der Filetransfer sein, die direkte ISDN-schnelle Übertragung der Originaldatei von PC zu PC mit sofortiger Weiterverarbeitungsoption ohne Umweg über die Fernkopierer.

Informationsverarbeitung und Kommunikationstechnologie wachsen zusammen. LAN- und WAN-Technik, Büroapplikationen und TK-Lösungen basieren nicht nur auf der gleichen Hardwarebasis und nutzen das gleiche Betriebssystem, sondern bauen unmittelbar aufeinander auf, erzeugen Synergieeffekte, potenzieren Nutzen und öffnen Kommunikationshorizonte für die gesamte Vielfalt an DV-Applikationen im Büro.

Dienste-Bündelung in einem Endgerät

Am Beispiel des Bürokommunikationssystems CITT (Computer Integrierte Telefonie und Telematik) der Firma Acotec läßt sich verdeutlichen, welche Anforderungen integrierte Bürokommunikationslösungen heute erfüllen müssen:

- Bündelung aller Kommunikationsdienste in einem Endgerät auf der Basis einer modularen Softwarestruktur,

- Einbindung der Kommunikationsmodule unter einer in der Bürowelt anerkannten Standardoberfläche wie zum Beispiel Windows,

- direkte Kommunikationsmöglichkeit aus der Anwendung heraus,

- konsequente Nutzung der PC-Performance für die komfortable Abwicklung der Kommunikationsjobs sowie für die Dokumentation und Archivierung der Kommunikationsvorgänge und

- Integration der Kommunikationslösung in die bereits bestehende LAN-Umgebung der Büroapplikation.

Wie auch auf ISDN basierende integrierte BK-Lösungen den Büroalltag verändern und Innovationspotentiale freisetzen können, soll nun am Beispiel der Fax-Kommunikation aufgezeigt werden.

Die Fax-Kommunikation bildet heute eines der wichtigsten

Kommunikationsmittel für die externe Kommunikation. Für diese Kommunikation stehen innerhalb eines Unternehmens ein oder mehrere dedizierte Faxgeräte zur Verfügung. Die auf dem PC gesammelten und aufbereiteten Daten werden auf einem Drucker ausgedruckt,

geprüft und dann zum nächsten Fax-Gerät transportiert. Hier wird das Dokument in das Fax-Gerät eingeführt, die Adresse des Adressaten eingetippt, die Verbindung hergestellt und das Dokument übertragen.

Durch die Anschlußmöglichkeit von PC-Fax-Karten an öffentliche Netze wurde zunächst der PC zum eigenständigen Fax-Endgerät. Fortan kann man sich den Weg zum Fax-Gerät sparen und direkt vom Arbeitsplatz aus den Faxdienst sendeseitig und empfangsseitig in Anspruch nehmen. Die anfänglich spärlichen Möglichkeiten, die Fax-Kommunikation direkt aus der jeweiligen Anwendung zu nutzen, haben sich durch den steten Trend zur Schaffung von Standardschnittstellen erheblich gebessert. Die voll Intel aufgesetzte PC-Fax-Schnittstelle CAS, die europäische APLI/COM-Initiative und der Oberflächenstandard MS-Windows haben dazu beigetragen.

Neueste Fax-Lösungen basieren auf LAN-Ebene

Dennoch ist diese Lösung nicht zufriedenstellend, denn in mittleren und großen Unternehmen kann aus organisatorischen und Kostengründen unmöglich jeder PC-Arbeitsplatz mit einer Fax-Karte ausgestattet werden. Neueste Fax-Lösungen haben sich deshalb direkt auf der LAN-Ebene etablierte das heißt, über einen Fax-Server kann voll jedem Arbeitsplatz im LAN der Fax-Dienst in Anspruch genommen werden.

Leider, und das liegt all den beschränkten Möglichkeiten des traditionellen Faxdienstes, ist eine direkte Adressierung eines LAN-Anwenders nicht möglich. Ein Postmaster, etwa eine Sekretärin, muß hier die Aufgabe übernehmen, eingegangene Dokumente zu sichten und an den gewünschten Adressaten via LAN weiterzuleiten.

ISDN wird ohne Zweifel die zukünftige Kommunikations-Infrastruktur in Europa und weltweit bilden. Der traditionelle Faxdienst wird neben anderen Kommunikationsdiensten auch im ISDN wie bisher betrieben werden können, weil unter anderem die Übergänge in das analoge Fernsprechnetz und damit die Erreichbarkeit von Tausenden von Fax-Endgeräten gesichert ist.

Aber ISDN bringt mit den Möglichkeiten der Digitaltechnik auch einen neuen adäquaten Fax-Dienst, Gruppe 4 Fax oder auch ISDN-Fax genannt, hervor. Anders als beim traditionellen Fax bedient sich ISDN-Fax ausschließlich der digitalen Übertragungstechnik, so daß ein Umsetzen der zu übertragenden Bit-Muster in tonale Signale entfällt. Die Vorteile auf einen Blick:

- Die Übertragung im ISDN. Fax ist schneller, weil die volle Bandbreite des Nutzkanals (64 Kbit anstatt 9,6 Kbit) genutzt werden kann.

- Die Übertragung im ISDN. Fax ist sicherer, weil digitale Übertragungstechnik und moderne Übermittlungsprotokolle eine fehlerfreie Kommunikation garantieren.

- ISDN-Fax ist hochwertiger, weil mit höheren Auflösungen gearbeitet werden kann.

- ISDN-Fax ist komfortabler, weil alle ISDN-Leistungsmerkmale verwendet werden können. Im ISDN-Fax ist zum Beispiel auch eine direkte Adressierung eines Anwenders im LAN möglich.

Noch geringe Verbreitung von Faxgeräten für ISDN

ISDN-Fax hat jedoch ein paar Schattenseiten, die man nicht vernachlässigen darf. So gibt es zum Beispiel netzseitig keine Übergangsmöglichkeiten von ISDN-Fax zu anderen Telematik-Diensten. Dieser Umstand und die Tatsache, daß es zur Zeit nur eine geringe Verbreitung von ISDN-Faxgeräten gibt, erlauben zum heutigen Zeitpunkt noch keine Streukommunikation auf der Basis von ISDN-Fax. Es ist zudem abzusehen, daß fehlende Kommunikationspartner und relativ teure Endgeräte den Markt für ISDN-Fax nur relativ langsam wachsen lassen werden.

Mittelfristig werden deutsche Fax-Lösungen im ISDN sowohl traditionelles Fax als auch ISDN-Fax anbieten müssen.

Was soll nun die zukünftige PC-gestützte BK-Lösung für den Bürobereich bieten? Der oben geschilderte Trend zeigt es deutlich an; der Fax-Betrieb und jede andere Form der Bürokommunikation muß direkt aus der Anwendung am Arbeitsplatz betrieben werden. Es ist eine einfache und anwenderfreundliche Handhabung notwendig, die sich nahtlos in das Anwendungsumfeld auf dem PC einpaßt. Das zukünftige Anwendungsumfeld ist Windowsorientiert und LAN-geprägt.

Eine anfängliche Einzelplatz-Lösung muß sich ohne viel Aufwand und ohne Auswirkungen für den Anwender in eine Server-Lösung überführen lassen. Diese wiederum muß schrittweise erweitert werden können, damit sich einerseits der kontinuierlich steigende Kommunikationsbedarf abdecken lassen kann, andererseits auch andere Kommunikationsmöglichkeiten wie zum Beispiel ISDN für Anwender problemlos erschließbar sind.

Direkte Adressierung des LAN-Arbeitsplatzes

Aber die zukünftige BK-Lösung muß noch mehr bieten. Nochmals zurück zum Beispiel der Fax-Kommunikation: Mit der Kombination des traditionellen Fax und des ISDN-Fax lassen sich Synergie-Effekte erzielen, die für beide Kommunikationsdienste von Vorteil sind.

Für ISDN-Fax ergibt sich die zusätzliche Kommunikationsmöglichkeit im traditionellen Fax-Bereich. Hier wird die Funktionalität durch ISDN-Leistungsmerkmale bereichert. Für den Anwender bedeutet dies zum Beispiel die direkte Adressierbarkeit seines LAN-Arbeitsplatzes von einem beliebigen externen Fax-Endgerät.

Der Kommunikationsserver in einem solchen Verbund verfügt, über den physikalischen Netzanschluß zum ISDN und realisiert die Telematik-Dienste. Die Kommunikation zwischen Clients und Server erfolgt für die Telematik-Dienste über eine Dateischnittstelle. Hierzu wird der Fileserver des Netzwerk-Betriebssystems genutzt.

Für die Bereitstellung von Btx wird die Schnittstelle Common ISDN API LAN-weit zur Verfügung gestellt. Jeder PC innerhalb des lokalen Netzes kann diese standardisierte ISDN-Schnittstelle direkt verwenden, ohne die entsprechende Kommunikationshardware lokal installieren zu rissen. Diese Schnittstelle kann im LAN neben Btx natürlich auch von anderen ISDN-Anwendungen genutzt werden.

Durch die LAN-Fähigkeit der Kommunikationslösung sinken die Kosten für die Beschaffung notwendiger ISDN-Basisanschlüsse und ISDN-Karten drastisch. Die Hardwareressourcen können auf die Kommunikations-Server-Lösung konzentriert und damit optimal eingesetzt werden.

Mit nur einer ISDN-Adapterkartenerweiterung stellt CITT Kommunikationsdienste an jedem LAN-Arbeitsplatz zur Verfügung. Auf diese Weise läßt sich ein Mehr an lokaler Intelligenz bei gleichzeitiger Entkoppelung von aufwendigen Hardwarelösungen vor Ort realisieren. Grundsätzlich lassen sich mit Hilfe dieses kostengünstigen und effektiven Ansatzes beliebig viele Server in die Inhouse-Vernetzung an die weltweit standardisierte Kommunikation heranführen.

Die gesamte Breite der verschiedenen Kommunikationsdienste ist somit verfügbar und sämtliche Kommunikations-Endgeräte, die weltweit installiert sind und einen der angesprochenen Dienste unterstützen, können angesprochen werden.

Das konkurrierende Arbeiten im LAN kann für den Anwender aber auch mit Nachteilen verbunden sein, weil vorhandene Ressourcen aufgeteilt werden müssen. Es muß deshalb Zielsetzung für Kommunikations-Server sein, die beschränkten Ressourcen möglichst effektiv zu nutzen. Das bedeutet insbesondere die Entkoppelung des einzelnen Arbeitsplatzes von der Abwicklung des einzelnen Kommunikationsvorgangs. Der Hauptteil der Kommunikation muß im Kommunikation-Server und damit für den Anwender im Hintergrund

realisiert werden. Nur so lassen sich die Vorteile einer Einzelplatzlösung -wie zum Beispiel schnelle Zugriffszeiten - mit denen des LANs - zum Beispiel Ressourcen-Sharing - sinnvoll verbinden.

Dies heißt konkret für die Server-Lösung: schneller Zugriff auf Kommunikationsdienste von allen Arbeitsplätzen aus bei minimalem Hardware-Aufwand. Daß Dokumente manuell oder automatisch direkt an einen oder mehrere betroffene Arbeitsplätze im LAN zugestellt werden können, versteht sich von selbst.

Server-Funktionen auch zur Koppelung von LANs

Kommunikations-Server im LAN werden zukünftig wie selbstverständlich neben den Fileservern im LAN bereitstehen. Die Funktionalität eines Kommunikations-Servers läßt sich aber noch erweitern. Warum sollen nur die Standard-Kommunikationsdienste wie Telefax, Teletex, Filetransfer, Telex und Btx abgedeckt werden? Warum soll der Kommunikations-Server, der über ISDN-Anschlüsse verfügt, nicht mit zusätzlichen Kommunikationsmöglichkeiten, zum Beispiel einer LAN-LAN-Koppelung genutzt werden?

ISDN bietet diese Perspektiven quasi zum Nulltarif als zusätzliche Dienstleistung. Remote-Zugriffe von ISDN-Workstations beispielsweise auf entfernte LAN-Datenbanken sind ohne Probleme realisierbar.

Die Vermarktungschancen von Kommunikationslösungen im LAN hängen entscheidend von der Beachtung vorgegebener beziehungsweise im Markt durchgesetzter Normen ab. Standards wie MS-Windows, Oberflächen wie Windows und Netzwerklösungen wie Netware von Novell oder der LAN Manager markieren die Eckpunkte, auf denen Server-Lösungen aufzusetzen haben.

Die Beachtung der ETSI- und CCITT-Festlegungen für Telematik-Schnittstellen versteht sich von selbst. Weiterhin werden große Unternehmen Wert darauf legen, eine Server-Lösung proportional zum Unternehmenswachstum und zum Kommunikationsaufkommen ausbauen zu können. Doch irgendwann werden bei jedem dedizierten Server die Hardware-Ausbaumöglichkeiten erschöpft sein.

Hier sind komplexe Server-Lösungen gefragt, die die Vervielfachung und freie Verteilung der entscheidenden Server-Komponenten innerhalb des LANs erlauben. Kritische Ressourcenkapazitäten wie Netzzugänge, Rechenkapazität oder Speicherplatz müssen

sich ohne großen Aufwand in das Server-Konzept integrieren lassen.

*Wolfgang Bartelt ist Marketing-Leiter bei der Acotec GmbH in Berlin.