Einsatz von MDS-Datensammelsystemen bei Linde TVT:

DSS vereinfacht Job-Control

09.07.1976

Die Linde AG, die frühere "Gesellschaft für Linde's Eismaschinen AG", ist heute ein Begriff für eine Vielfalt verschiedener Arbeitsgebiete. Die Aufgaben sind sechs Werksgruppen und einigen Beteiligungsgesellschaften zugeordnet.

Im Unternehmen arbeiten etwa 15 000 Mitarbeiter. Der Jahresumsatz beträgt rund DM 1,2 Milliarden. Damit zählt die Linde AG zu den 100 größten Unternehmen der Bundesrepublik Deutschland.

Der nachfolgende Bericht über den Einsatz von MDS-Datensammelsystemen kommt aus der Werksgruppe Tieftemperatur und Verfahrenstechnik (TVT) in München. TVT baut sowohl vollständige Anlagen für die Verfahrenstechnik als auch Anlagenteile in Einzel- und Serienfertigung.

In unserem Rechenzentrum ist eine IBM/370-155 mit 1500 K Hauptspeicher installiert. Seit dem Einbau der dynamischen Adreßumsetzungseinrichtung wird von der virtuellen Speichertechnik Gebrauch gemacht und das Betriebssystem OS/VS (SVS) eingesetzt. Die stark magnetplattenorientierte Peripherie erlaubt den Aufbau von großen Datenbanken, zu denen teilweise On-Line-Zugriff mit Hilfe des Systems IMS-DB-DC besteht.

Direktbenutzerdienst

Etwa 150 Physiker und Ingenieure lösen die im Rahmen des Anlagenbaues anfallenden verfahrenstechnischen und konstruktiven Probleme mit Hilfe leistungsfähiger Programme, die größtenteils im Hause selbst entwickelt sind. Da die einzugebenden Daten von Aufgabe zu Aufgabe sehr unterschiedlich sind und deren Erstellung spezielle Sachkenntnis erfordert, müssen die Mitarbeiter die Jobs selbst zusammenstellen und im Rechenzentrum zur Durchführung abgeben. Lediglich bei größeren Datenmengen werden die Datentypistinnen eingeschaltet. Von einer raschen Erfassung und Berechnung der Probleme hängt die termingerechte Abwicklung unserer Aufträge ab.

Ähnliche Probleme treten im Testbetrieb auf. Die 25 Programmierer stellen im Normalfall ebenfalls ihre Aufgaben selbst zusammen bzw. geben ihre Codierblätter in die zentrale Datenerfassung.

Wie in den meisten Rechenzentren zählen auch bei uns zu den Standard-Datenverarbeitungsaufgaben die Lohn- und Gehaltsabrechnung, Kostenerfassung und -Kontrolle und Buchhaltung. Die hierbei auftretenden Probleme sind hinreichend bekannt. Wie üblich werden die Eingabedaten zentral erfaßt und die Abläufe nach einem exakten Terminplan von der Arbeitsvorbereitung zusammengestellt und zur Durchführung gebracht.

Etwas andere Gesetzmäßigkeiten gelten für unsere Stücklistenbearbeitung. Da wir fast ausschließlich auftragsgebundene Stücklisten erstellen, fallen die Daten nicht nach einem vorherzubestimmenden Terminplan an, sondern müssen so, wie sie von den Konstrukteuren abgeliefert werden, schnellstmöglich erfaßt und verarbeitet werden. Eine Belegungsplanung der zentralen Datenerfassung ist hier nicht möglich. Wir haben sie daher entsprechend einer mittleren Kapazität ausgelegt und decken die Spitzenbelastungen durch Einschalten externer Datenerfassungsbüros ab.

Für die Aufgabengebiete mit großen Datenmengen mußte sichergestellt werden, daß eine Verwechslung von Magnetbandrollen nicht vorkommen kann und andererseits die Eingabedaten auch dann stets vollständig sind, wenn sie auf mehreren Magnetbandrollen verteilt sind. Hardwareseitig entschieden wir uns für ein Datensammelsystem MDS 2404 mit 19 Bildschirmerfassungs-Plätzen.

Unzureichende IBM-Utilities

Kernstück für die Problemlösung der Direktbenutzer war die Einführung einer Datenbank zur Abspeicherung und Verwaltung aller Eingabedaten auf Magnetplatte. Nach einer ausführlichen Marktanalyse haben wir uns entschieden, auf eine eigene Programmentwicklung zu verzichten und das System Librarian von der Firma CAP einzusetzen.

Die Verwendung der IBM-Utilities schied wegen der nicht ausreichenden Performance und Leerplatzverwaltung aus. Es sei jedoch an dieser Stelle betont, daß es neben dem Librarian eine Vielzahl anderer leistungsfähiger Datenverwaltungsprogramme gibt, denen gegebenenfalls bei anderen Bandbedingungen der Vorzug eingesäumt werden muß. Wir haben die Datenbank getrennt in eine Datei für Quellenprogramme und eine für Eingabedaten der Anwendungsprogramme. Um ein unnötiges Aufblähen der Dateien zu vermeiden, ist die Dauer, die ein Modul in dieser Datei gespeichert werden darf, limitiert. Wird ein Modul länger als 30 Tage nicht verändert, so wird es automatisch auf ein Magnetband ausgelagert und steht nicht mehr im direkten Zugriff. Um die Mitarbeiter vorzuwarnen, wird wöchentlich eine Warnliste erstellt, in der alle Module gekennzeichnet sind, die innerhalb der nächsten 10 Tage ausgelagert werden. Es hat sich eingebürgert, daß die Direktbenutzer bei kleineren Datenmengen nach wie vor Lochkarten erstellen. Für diese Zwecke haben wir insgesamt 6 Locher zur Verfügung gestellt. Bei größeren Datenmengen werden die Codierblätter in die zentrale Datenerfassung gegeben und über die MDS-Datensammelsysteme erfaßt. Mindestens dreimal am Tag werden die dort erfaßten Aufgaben auf Magnetband ausgegeben.

Der jeweilige Schichtführer im Operating sorgt für die fristgerechte Einspielung in das Datenbanksystem.

Gerade für die Direktbenutzer ist die fehlerfreie Erstellung der Steuerkarten (Job-Control) häufig schwierig, da die Möglichkeiten des Betriebssystems OS sehr vielfältig sind. Hier bieten wir unseren Benutzern einen Service, der durch die Erstellung eines Zusatzprogrammes zum Librarian möglich wurde: In zwei Zeilen auf den Codierblättern gibt der Mitarbeiter alle notwendigen Informationen an die für die Durchführung des Jobs erforderlich sind. Das Zusatzprogramm wertet diese Daten aus, erstellt die Job-Control und gibt den Job dann zur Durchführung frei, wenn die Informationen fehlerfrei sind. Bei den genannten Daten handelt es sich im einzelnen um:

- Job- bzw. Modulname

- Kostenstelle

- Kommissionsnummer und GA-Nummer

- Bearbeiter

- Job-Klasse

- Prozedur-Name

Flexibilität und Sicherheit

Für das System ist es ohne Bedeutung, ob die Eingaben über Magnetband oder Lochkarten eingespielt werden, da alle Aufgaben, bevor sie zur Durchführung freigegeben, werden, zunächst in die Datenbank eingespeichert werden. Damit wurde die geforderte Flexibilität erreicht.

Die geforderte Sicherheit bei diesem Aufgabenbereich wurde durch die Einführung eines Datenbegleitzettels erreicht. Die zu erfassenden Belege gehen in einer neu eingerichteten Stelle im Rechenzentrum ein: der Belegsteuerung. Dort werden die Daten zu Stapeln zusammengefaßt und mit einem Datenbegleitzettel versehen. In der zentralen Datenerfassung wird der Datenbegleitzettel nach Durchführung der notwendigen Arbeiten ergänzt. Die Belege, das Magnetband und der Datenbegleitzettel gehen zurück an die Belegsteuerung Dort werden die Magnetbänder für ein Arbeitsgebiet gesammelt und sobald sie vollständig sind, zur Verarbeitung an die Arbeitsvorbereitung weitergegeben.

Der zeitliche Durchlauf wird mit Hilfe von Stempeluhren festgehalten. Sowohl in der Belegsteuerung als auch in der Datenerfassung wird ein Buch über alle Datenbegleitzettel geführt so daß kein Belegstapel verlorengehen kann.

Durch die Einführung eines universellen Korrekturprogrammes konnten auch diese Probleme beseitigt werden. Wir können heute sagen, daß wir alle Vorteile, die wir uns durch die Einführung der Magnetbanderfassung ausgerechnet haben, erreichen konnten.

Gottfried Hailer ist EDV-Leiter der Linde AG, Höllriegelskreuth bei München