DSL-Wettkampf heizt sich auf

22.04.2004
Von 
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
Im DSL-Markt liefern sich die Provider seit Monaten eine Preisschlacht, um die besten Claims eines vermeintlich lukrativen Geschäftsfelds abzustecken: Inhalte und Dienste. Mitten drin steckt die Deutsche Telekom, die sich verändern muss, um ihre Bastion zu halten.

Kaum eine Woche verstreicht, ohne dass ein Carrier oder Internet-Service-Provider (ISP) neue Preislisten für den breitbandigen Zugang ins Internet via DSL veröffentlicht. Dabei geht es inzwischen zu wie auf dem Hamburger Fischmarkt: Hier ist der erste Monat kostenlos, dort das erste Quartal, das DSL-Modem sowieso, nun kommt auch noch ein funkender WLAN-Router ins Paket, für 19,95 Euro oder sogar umsonst. Gleichzeitig erweitern die Anbieter die verfügbare Bandbreite, statt wie einst 768 Kbit/s stehen nun mindestens 1, 2, oder 3 Mbit/s zur Verfügung; 4 Mbit/s sind bereits angekündigt. Das goldene Breitbandzeitalter, so scheint es, ist endlich angebrochen.

Deutschland hinkt hinterher

Dabei hatte es zuerst den Anschein, als habe Deutschland in puncto DSL weltweit die Nase vorn - hinter Südkorea und Hongkong, aber die tauchten in europäischen Ranglisten sowieso nicht auf. Doch die Zeiten haben sich längst gewandelt, und Deutschland steht nur noch in absoluten Zahlen leidlich gut da. Mit dem statistischen Verhältnis von Breitbandanschlüssen zu Haushalten rangiert das Land dagegen im unteren Mittelfeld. Die hiesige Wachstumsrate für 2003 lag den Marktforschern von Point Topic zufolge nur bei 16 Prozent, während etwa Italien eine Zunahme der Breitbandanschlüsse von 57 Prozent verzeichnete.

"Das Grundübel ist, dass das Kabelnetz nicht entwickelt wurde", berichtet Philipp Gerbert, Leiter der Technologie-Praxis bei AT Kearney. Der Hintergrund: Die Telekom hatte auf Druck der Regulierungsbehörden das Kabelnetz verkaufen müssen, ein unterschriftsreifer Vertrag mit Liberty Media war jedoch von den Kartellwächtern unterbunden worden. Der Bonner Konzern quittierte die Entscheidung mit einem weinenden und einem lachenden Auge: Zwar musste der Carrier auf viel schnelles Geld verzichten, jedoch konnte er danach in aller Ruhe und auf der Grundlage des Monopols der letzten Meile den Breitbandmarkt zu seinen Gunsten steuern - der Anteil der Telekom an den Basisanschlüssen belief sich im vergangenen Jahr auf knapp 90 Prozent.

Auch Roman Friedrich, Geschäftsführer und TK-Fachmann von Booz Allen Hamilton, führt den fehlenden Wettbewerbsdruck auf der Infrastrukturebene an, wenn er nach den Gründen für das schwache Breitbandwachstum in Deutschland gefragt wird. Alternative Techniken wie Powerline (Daten über Stromleitungen), Direct Fiber (Glasfaser ins Haus), Satelliten-Internet oder Wireless Local Loop (Funk) funktionieren im Ausland, die kritische Masse wurde hierzulande aber nie erreicht. "Im Grunde genommen", sagt Friedrich, "wird das Wachstum von der Fähigkeit der Telekom angetrieben, DSL-Leitungen freizuschalten."