DSL: Die Formel 1 für den Internet-Zugang?

13.05.2002
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 

Deutschland auf Platz zwei

Die Erfolgsstory DSL, je nach Quellenlage gilt Deutschland mittlerweile als der weltweit zweitgrößte DSL-Markt, ist vor allem dem Beharrungsvermögen der Telekom zu verdanken. Hätte der Bonner Konzern, wie von seinem Online-Konkurrenten AOL mit wenig Weitblick gefordert, in den Ausbau der Ortsvermittlungsstellen investiert, um eine Flatrate für Internet-Surfer mit ISDN und Analogmodem zu realisieren, so wäre Deutschland wahrscheinlich im Internet heute noch schmalbandig unterwegs.

Der Bonner Konzern setzte stattdessen - nicht ohne Eigenutz - gleich auf das zukunftsträchtigere DSL-Verfahren und ersparte sich den Ausbau der Telefonvermittlungen. Ein Weitblick, welcher der Telekom mit einem Marktanteil von 95 Prozent denn auch die Marktführerschaft in Sachen DSL bescherte. Lediglich die Kölner QSC mit rund 40000 Kunden sowie Arcor mit um die 15000 DSL-Benutzern konnten sich ein nennenswertes Stück am DSL-Kuchen sichern.

Telekom-Wettbewerber sind ISPs

Ein Kuchen, der zudem durch eine weitere Besonderheit geprägt ist: Das Gros der DSL-Angebote - vor allem für Privatkunden - basiert auf dem T-DSL-Dienst der Telekom. Wer beispielsweise das DSL-Angebot von AOL oder 1&1 wählt, bezieht den physikalischen Anschluss von der Telekom, während der Anbieter lediglich als ISP fundiert. Dieses Geschäftsmodell birgt speziell bei Flatrates ein hohes Risiko: Während der Benutzer einen Pauschalpreis bezahlt, rechnet die Telekom mit dem Anbieter das übertragene Datenvolumen ab. Sind nun unter den Kunden des Anbieters zahlreiche Power-Surfer, die viele Daten etwa über die populären P2P-Tauschbörsen austauschen, geht die Kalkulation nicht auf, wie die jüngsten Insolvenzen sowie die Einstellung etlicher Flatrate-Angebote zeigen.

Einen technischen Mittelweg beschreiten Unternehmen wie QSC. Diese beziehen nicht den kompletten DSL-Dienst von der Telekom als Vorleistung, sondern nutzen nur im Line-Sharing-Verfahren das blanke, unbeschaltete Kupferkabel der Telekom. Die technische Realisierung von DSL, also der Betrieb des Equipment (DSLAM etc.) in der Vermittlungsstelle, liegt dabei in der Verantwortung der Telekom-Konkurrenten. Für die Betreiber hat dies den Vorteil, dass sie mit den festgeschriebenen Mietgebühren für die Anschlussleitung eine verlässliche Kalkulationsgrundlage für ihre Angebote haben. Die Benutzer haben jedoch einen anderen Nachteil: Sie unterhalten nun Geschäftsbeziehungen zu zwei Anbietern, den Lieferanten der Telefonservices und der Datendienste.