SAP-Anwender

DSAG kritisiert ERP-Komplexität und Wartungsmodelle

01.09.2009
Von 
Vice President Software & SaaS Markets PAC Germany

Die neue SAP-Kultur

Seit Léo Apotheker den Softwarekonzern lenkt, steht der Vertrieb stärker im Vordergrund. Dennoch kann die DSAG der neuen SAP-Kultur auch Positives abgewinnen. Das erwähnte Customer-Engagement-Programm zähle dazu. Zudem begrüßen es die Anwender, mit Jim Hagemann-Snabe einem Entwicklungsvorstand gegenüberzustehen, der auch etwas von Applikationen verstehe. Sein Vorgänger Shai Agassi habe seinen Entwicklungsschwerpunkt eher in der technologischen Plattform gesehen. Kritisch beurteilen die ERP-Kunden dagegen das sklavische Festhalten an den Margenzielen und am Enterprise Support. Zudem befürchten sie, dass durch den Abbau von Personal langgediente und erfahrene Leute die SAP verlassen. Ein negativer Einfluss auf die Produktentwicklung sei nicht ausgeschlossen.

Business Objects noch nicht fertig eingebunden

Gerüchte, wonach SAP nach dem Business-Objects-Kauf weitere Firmen übernehmen will - von Teradata und Tibco ist in der Presse die Rede - nehmen die Anwender gelassen. Allerdings erwarten sie, dass SAP zunächst die Business-Objects-Integration abschließt. "Die Zusammenführung der beiden BI-Produktlinien Business Objects und Business Warehouse ist noch lange nicht vollzogen", so Liebstückel. Ferner müssen die unterschiedlichen Philosophien der beiden Firmen noch aufeinander abgestimmt werden. Zumindest habe SAP den Kunden aber mittlerweile oberflächlich vermitteln können, wie es mit den Produktlinien von SAP und Business Objects weitergehen werde.

Bedarf für Business ByDesign

SAPs Software-as-a-Service-Ambitionen rund um "Business ByDesign" waren bisher nicht von Erfolg gekrönt. Auch die DSAG sieht, dass SAP ihr Ziel, ein völlig neues Softwaresystem nebst Vermarktungskonzept zu entwickeln, bisher nicht erreicht hat. Dennoch zweifeln die ERP-Nutzer nicht daran, dass der Hersteller das Produkt auf den Markt bringen wird. Mit dem unlängst präsentierten Feature Pack 2.0 habe die Lösung einige neue Funktionen erhalten. Zudem sehen die DSAG-Mitglieder einen Bedarf für SaaS-Angebote, die für mittelständische Anwenderunternehmen taugen.

Die vor einigen Wochen angekündigte SaaS-Strategie für die Großkunden hat die DSAG wenig überrascht: Ex-SAP-Vorstand Henning Kagermann habe solche Ansätze bereits vor zwei Jahren in Aussicht gestellt. Nutzer der Business Suite sollen den Funktionsumfang erweitern können, indem sie SaaS-Angebote von SAP einbinden (siehe auch "SAPs Hybrid-Vision"). Doch die SaaS-Technik löst nicht alle Probleme der Anwender. "Die Herausforderungen bei der Softwareeinführung resultieren weniger aus der von SAP zur Verfügung gestellten Technologie, als aus der Umsetzung in die betriebliche Praxis", so Liebstückel. Daher sei es unerheblich, ob die Lösung beim Anwender oder in einem Rechenzentrum laufe. Zumindest biete SaaS die Chance, den Fachbereichen neue Funktionen in kürzerer Zeit zur Verfügung zu stellen.

Mehr Einfluss bei SAP

Mario Günter, DSAG-Geschäftsführer.
Mario Günter, DSAG-Geschäftsführer.

Die DSAG hat sich eigenen Angaben zufolge komplett neu aufgestellt, um bei SAP mehr Gehör zu finden. "Mittlerweile gibt es Vorstandsvertreter für Service und Support, Technologie, Branchen, die Business Suite, den Mittelstand sowie für Österreich und die Schweiz", so Mario Günter, Geschäftsführer der DSAG. Die Interessen der Anwender sollen auf diese Weise in der DSAG-Vorstandsebene verdichtet werden, um die Themen dann bei den entsprechenden Verantwortlichen der SAP zu platzieren. Zudem will man die in der DSAG organisierten CIOs stärker in die Verbandsarbeit einbinden. Im Lauf dieses Jahres entsteht laut Günter ein CIO-Beirat, der den Belangen der IT-Leiter gegenüber SAP mehr Gewicht und auch den DSAG-Vorstand in seinen Positionen gegenüber SAP mehr Rückhalt geben soll. Der Austausch mit SAP hat aus Sicht der DSAG deutlich zugenommen.

Stärker als bisher will die DSAG auch mit Wirtschaftsverbänden zusammenarbeiten. Deren Einbindung hat sich bereits bewährt: Als die Anwender sich gemeinsam mit den Verbänden gegen SAPs neues Wartungsmodell auflehnten, nahm der Konzern die Kündigung der alten Supportverträge zurück.