Drahtlose Netze/Dem Handy keine Konkurrenz

28.07.1995

Er ruft an, er ruft nicht an, er ruft an ...." In einer bunten Blumenwiese sitzend, zupft ein rothaariges Flower-Power-Maedel die weissen Bluetenblaetter von einer Margerite und wartet auf eine Nachricht aus dem knallgelben "Scall"-Geraet. Mit dieser Szene aus der Fernsehwerbung versuchen die Marketing-Strategen der Telekom- Tochter DeTeMobil, den naturverbundenen Blumenkindern eine Bruecke in das Informationszeitalter zu schlagen.

Scall, die bunt-joviale Version des serioesen Eurosignal-Service, ist wie alle Pager-Dienste die einfachste Art der mobilen und kabellosen Datenuebertragung. Die kleinen und billigen Pager erfuellen wahrscheinlich auch als einziges datenoptimiertes Uebertragungsverfahren die Voraussetzungen fuer den Massenmarkt.

Der Rest der Datenfunkssysteme kann nach euphorischem Start Anfang der 90er Jahre bis dato die hochgesteckten Erwartungen nicht erfuellen. Vom Ende der strukturierten Verkabelung war die Rede, jeder sollte jederzeit und ueberall erreichbar sein. Beide Einschaetzungen haben sich als unzutreffend erwiesen.

Trotz der bisherigen Pleiten schwelgen die Anbieter nach wie vor in Aufbruchstimmung. Sie haben ihre Ziele kurzerhand neu definiert: Die branchenspezifischen Nischen rufen. Genaehrt wird die Euphorie von Marktforschern, die dem Datenfunk hoehere Zuwachsraten als den sprachoptimierten Mobilfunknetzen prognostizieren. Doch die Auguren vergleichen Aepfel mit Birnen, denn Netze wie D1, D2 und e-Plus schoepfen aus einem sehr viel groesseren Kundenpotential.

Den Unterschied zwischen Sprach- und Datennetzen verdeutlichen auch die Services der verschiedenen Genres. Waehrend Sprachnetze mit Diensten wie etwa Faxuebertragungen zum haeufigeren Telefonieren animieren, suchen die Datenfunkbetreiber ihre Zusatzgeschaeft mit der Integration der Funksysteme in lokale Netze - Daten ueber die Luft-Schnittstelle zu versenden, ist doch nicht jedermanns Sache. Anbieter aller Datenfunkanwendungen haben insofern den Massenmarkt nicht mehr im Visier.

Ob das werbende Blumenkind das geeignete Geraet gewaehlt hat, bleibt jedoch dahingestellt. In der Realitaet wird die junge Frau sich vermutlich nach einem farbigen Handy umsehen. Fuer sie entfaellt die quaelende Warterei, sie kann Liebesgruesse faxen, das Geraet ist einfach zu bedienen und in bunter Ausfuehrung erhaeltlich.